3 Fragen
Verfassungsrichter über Zwangsheirat, Blutrache, Ehrenmord und Religion
Die Vielfalt der Kulturen und Religionen in Deutschland wird immer größer. In Hannover debattiert noch bis zum Freitag der Deutsche Juristentag darüber, welche Folgen dies für das deutsche Strafrecht hat. Einer der Hauptreferenten ist Bundesverfassungsrichter Wilhelm Schluckebier.
Von Michael Grau Freitag, 19.09.2014, 8:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 21.09.2014, 23:28 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Herr Schluckebier, in unserer multikulturellen und multireligiösen Gesellschaft berufen sich inzwischen Straftäter auf religiöse Motive. Gibt es in Deutschland zu viel Religionsfreiheit?
Wilhelm Schluckebier: Nein, gewiss nicht. Ich denke, wir können stolz sein auf unsere Glaubens- und Bekenntnisfreiheit. Sie umfasst einen sehr weitgreifenden Schutzbereich, der die Definitionsmacht für das, was Glaube, Bekenntnis und Religionsausübung ist, bei den Religionsgemeinschaften lässt. Der Staat kann das Ganze nur auf Plausibilität hin überprüfen. Das ist allerdings in bestimmten Bereichen dringend erforderlich. Es ist schlechterdings nicht vorstellbar, dass andere verfassungsrechtlich gewährleistete Rechte wie körperliche Integrität oder Recht auf Leben eingeschränkt werden unter Berufung auf eine vermeintliche religiöse Regel.
Die Stichworte sind bekannt: Zwangsheirat, Blutrache, Ehrenmord. Kann der Staat so etwas unter dem religiösen Deckmäntelchen hinnehmen?
Schluckebier: Da muss man zunächst fragen, inwieweit das überhaupt religiös verwurzelt ist. Oftmals wird das in der Diskussion so verbrämt. Aber gerade Blutrache und Ehrenmord haben ja weniger etwas mit Religion zu tun, sondern mit althergebrachten Vorstellungen von Ehre. Da sehe ich nicht die Glaubensfreiheit im Spiel. Und wenn wir dann doch eine solche Konstellation hätten, dann ist völlig klar, dass die gegenläufigen Grundrechte es nicht zulassen, dass man sich für solche Taten auf die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit beruft.
Was macht Sie denn zuversichtlich, dass verschiedene Religionen und Kulturen in Deutschland friedlich zusammenleben können?
Schluckebier: Die großen christlichen Kirchen und die jüdischen Gemeinden haben traditionell immer Wert darauf gelegt, dass es in Deutschland ein friedfertiges Leben gibt. Seit einiger Zeit unterstützen auch die muslimischen Moscheevereine und Dachverbände diese Bestrebungen ausdrücklich und nachhaltig. Die Islam-Charta von 2002, die Grundsatz-Erklärung des Zentralrats der Muslime, macht Mut, dass dort Grundsätze der staatlichen Rechtsordnung selbstverständlich anerkannt und respektiert werden. Das ist ein Signal an die eigenen Gläubigen und berechtigt zu der Hoffnung, dass wir auch weiter in gesellschaftlichem Frieden mit allen Glaubensrichtungen und den Nichtreligiösen leben können. (epd) Aktuell Interview
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Zwangsheirat und Ehrenmord?
Meines Wissens nach gibt es keine Religion, die Mord rechtfertigt.
Erst recht kein Ehrenmord. Sowas sind selbst erfundene Rituale von psychisch kranken Menschen, die mit Religion nichts am Hut haben.
Was Zwangsheirat angeht. Die Frau darf OHNE ihr Einverständnis nicht zwangsverheiratet werden. Hierbei ist es unerheblich ob es eine Jungfrau oder geschiedene Frau ist.
Sie muss vorher gefragt werden. Das „ja, ich will“ ist bei einer Jungfrau ihr Schweigen.
Was in den Mainstream-Medien ausser Acht gelassen wird, ist, das der Islam viele Gesichter hat.
Es gibt nicht nur den „Islam“, den die Medien hier sehr „salafistisch“ darstellen.
Die meisten Muslime sind in Wirklichkeit Pseudo-Muslime, die über den Islam gar nichts wissen; genauso wie viele Christen gar nicht christlich sind, sondern eher „Anti-Christlich“.
Der Prophet Mohammed sagt: „…der Beste unter euch ist der, der seine Frau am besten behandelt“.
„Was Zwangsheirat angeht. Die Frau darf OHNE ihr Einverständnis nicht zwangsverheiratet werden.“
Darf ich mal laut lachen? Zwangsheirat gibt es übrigens nicht nur im islamischen Kulturkreis sondern auch im hinduistischen. Wer Zwangsheirat in gewissen Kulturkreisen leugnet, hat sich als ernsthafter Diskussionspartner im Grunde disqualifiziert.
@Kartoffelbauer: „Zwangsheirat gibt es übrigens nicht nur im islamischen Kulturkreis sondern auch im hinduistischen.Wer Zwangsheirat in gewissen Kulturkreisen leugnet, hat sich als ernsthafter Diskussionspartner im Grunde disqualifiziert.“
Die gibt es in allen Kulturkreise uns bis ins 19 Jahrhundert hinein sogar noch in den „deutschen Kulturkreisen“ im Bereich des Adels und der höheren Gesellschaft durchaus üblich.
Es geht bei einer Heirat gegen den Willen der Brautleute aber nicht um das Erfüllen religiöser Vorschriften irgendwelcher Religionen, sondern um soziale Erwägungen oder traditionelle Vorstellungen der Familien.
Surviver hat in seinen Ausführungen lediglich darauf hinzuweisen versucht, dass Zwangsheiraten etc. nicht Bestandteil der Glaubens aus diesen Kulturkreisen sind. Damit geht er dacor mit dem oben angeführten Artikel, denn auch der Bundesverfassungsrichter Wilhelm Schluckebier macht deutlich, dass es sich dabei um althergebrachten Vorstellungen handelt.
@kartoffelbauer
Sehr geehrter Herr Kartoffelbauer.
Wenn Sie mich meinen, ich wiederhole das gerne nochmal.
ZWANGSVERHEIRATUNG ist sowohl nach dem Scharia-Gesetzt, also nach dem Koran, als auch in der Türkei, nach der Türkischen Verfassung, VERBOTEN.
Wie gesagt, die Leute, die das bei ihren Töchtern anwenden, sind meistens Analphabeten und Pseudo-Muslime, die sich auf ihre Art selbstregulierende archialische Familienstrukturen geschaffen haben mit denen sie Gefühl von kleinen Pharao s in der Familie haben.
Ob ihre Töchter nachher ihr ganzes Leben unglücklich werden, ist denen in dem Moment völlig Gleichgültig. Hauptsache er hat seinen Willen durchgesetzt.
Jungs, lest doch mal diesen Artikel
Qantara: Über Fernseh-Islam, Kalifat und die Geschlechtermoderne
@kartoffelbauer
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Wer Zwangsheirat in gewissen Kulturkreisen leugnet, hat sich als ernsthafter Diskussionspartner im Grunde disqualifiziert.
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Die arrangierte Hochzeit, also das was sie Zwangsheirat nennen, ist in Indien auch unter Christen üblich. Arrangierte Hochzeiten treten auch außerhalb Indiens in allen Religionen auf.
Ich weiß es nicht, wie es in anderen Ländern ist, jedoch heiraten in Indien nicht zwei Individuen, sondern zwei Familien. Die Hierarchie ist in Indien anders. Im Westen steht an erster Stelle das große ich, das Individuum und seine Selbstverwirklichung. Dann kommen die Freunde und danach die Familie. Dabei können die Plätze zwei und drei je nach Lust und Laune auch tauschen.
In Indien kommt an erster Stelle die Familie, dann die Community und zum Schluss das Individuum. Unter diesem Lichte erklärt es, weshalb die Familien in Indien mehr als ein Wort bei der Hochzeit mitreden als in Deutschland.
Es bestehen kein Zweifel daran, dass arrangierte Hochzeiten auch missbraucht werden. Doch das trifft auch auf sogenannte Liebeshochzeiten zu. Beide Formen haben ihre Vor- und Nachteile, wobei in Indien ein großer Teil, vermutlich die Mehrheit, arrangierte Hochzeiten bevorzugt.
Eine individualistische Kultur wie der Westen wird arrangierte Hochzeiten nie verstehen. Man hält sich ohnehin für die höchste Form der Zivilisation und tut andere Kulturen als mittelalterlich und zurückgeblieben ab. Diese in ehemalige Kolonien als typisch westliche Arroganz verschrieene Haltung macht die Protagonisten einer höherwertigen westlichen Kultur zu ewiggestrigen Hinterwäldlern. Es ist notwendig, dass man auch andere Kulturen respektiert. Der erste Schritt dafür ist, dass man andere Kulturen nicht mit dem eigenen kulturellen Maßstab zu beurteilen versucht. Wem es an Respekt mangelt, der kann nicht nur als Diskussionspartner, sondern auch als Mensch nicht mehr ernst genommen werden.
@surviver, Saadiya
Danke, eure guten Kommentare ersparen mir einiges
@Aloo masala
genau das ist der Unterschied. Im Subkontinent werden arrangierte Hochzeiten als Bund zwischen zwei Familien verstanden. Im individualistisch geprägten Deutschland zählen Schwiegerleute juristisch gesehen schon gar nicht zum Verwandtenkreis. Das sind einfach zwei komplett verschiedene Kulturen. An arrangierten Ehen ist auch noch lange nichts auszusetzen, sofern sie mit dem Einverständnis der beiden Eheleute geschehen, also KEIN Zwang im Spiel ist.
@Herr Schluckebier, den Islam gibt es hier schon seit über 100 Jahren und seit vielen Jahrzehnten in lose organisierter Form. Nicht nur „die großen christlichen Kirchen und die jüdischen Gemeinden haben traditionell immer Wert darauf gelegt, dass es in Deutschland ein friedfertiges Leben gibt“ sondern auch die muslimischen Respektieren seit jeher die hießige Rechtsordnung. Muslime kommen diesem Staat seit jeher entgegen und bringen sich gesellschaftlich ein, erleben jedoch ihrerseits feindseligste Ablehnung. Seit 2003 werden, durch Ihr BVerfG (auch wenn Sie erst seit 2006 dabei sind) Verfassungsgerichts in Sachen Kopftuch muslimische Frauen aus allen gesellschaftlich relevanten und verantwortungsbewussten Positionen staatlich legitimiert verdrängt. Duzende muslimische Lehrerinnen wurden unverantwortlich aus ihrem Beruf gezwungen und haben sich seit dem für das Muttersein entschieden. Meinen Sie, dass das BVerfG dadurch der Integration einen Dienst erwiesen hat?