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Papst Franziskus

„Man kann nicht hinnehmen, dass das Mittelmeer zu einem großen Friedhof wird.“

Papst Franziskus fand in seiner Rede vor dem Europaparlament deutliche Worte gegen die europäische Flüchtlingspolitik. Europa stehe in der Gefahr, "allmählich seine Seele zu verlieren und auch jenen 'humanistischen Geist', den es doch liebt und verteidigt".

Mittwoch, 26.11.2014, 8:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 01.12.2014, 17:48 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Papst Franziskus hat die EU-Staaten eindringlich zu einer stärkeren Zusammenarbeit in der Flüchtlingspolitik aufgerufen. „Man kann nicht hinnehmen, dass das Mittelmeer zu einem großen Friedhof wird“, sagte er am Dienstag vor dem Europaparlament in Straßburg. Franziskus rief die Europäische Union zugleich auf, zu ihren Gründungsideen zurückzukehren. Er sprach von einem Kontinent, der „Großmutter und nicht mehr fruchtbar und lebendig ist“.

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Das Kirchenoberhaupt war am Dienstagmorgen zu der vierstündigen Visite eingetroffen. Nach der Rede im EU-Parlament hielt Franziskus im Europarat eine Ansprache zum 65. Gründungstag der Staatenorganisation. Am Nachmittag flog er nach Rom zurück. Es war die kürzeste Auslandsreise in der Papstgeschichte. Zuletzt hatte Johannes Paul II. (1920-2005) im Oktober 1988 vor den EU-Parlamentariern in Straßburg gesprochen.

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Zur EU-Flüchtlingspolitik sagte der Papst, die Menschen auf den Kähnen, die täglich an den Küsten landeten, bräuchten Aufnahme und Hilfe. Die fehlende gegenseitige Unterstützung der EU-Staaten führe zu „partikularistischen Lösungen“, die die Menschenwürde der Einwanderer nicht berücksichtigten. Europa solle zugleich die eigene kulturelle Identität stärken, die Rechte seiner Bürger schützen und die Aufnahme von Migranten garantieren. Im Mittelmeer hatte es in jüngster Zeit zahlreiche Schiffstragödien mit Flüchtlingen gegeben. Allein in diesem Jahr starben nach UN-Angaben mindestens 2.500 Menschen.

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Vor dem Europarat wies Franziskus auf die zahllosen Konflikte weltweit hin und verlangte stärkere Friedensbemühungen. „Es ist auch hier in Europa, wo Spannungen nicht aufhören. Das Wirken des Europarates bei der Suche nach politischen Lösungen sei «wichtig und ermutigend“. Nach den Worten des Papstes wird der Friede auch durch den religiösen und internationalen Terrorismus auf die Probe gestellt. Dieser werde „durch einen sehr oft ungestörten Waffenhandel gefördert“. Die Kirche sehe darin eine der schrecklichsten Wunden der Menschheit.

Mit Blick auf den politischen Zustand der Europäischen Union sagte der Papst vor dem EU-Parlament, ein Vierteljahrhundert nach dem Ende des Kalten Kriegs sei die Welt vernetzter und weniger eurozentrisch. Die EU sei zwar größer und einflussreicher geworden. Daneben gebe es aber das Bild eines „gealterten und erdrückten Europas“, das dazu neige, sich weniger als Handelnder zu fühlen, ergänzte das Oberhaupt der katholischen Kirche.

Die Zukunft Europas hänge davon ab, dass die Öffnung zum Transzendenten und die konkrete Problemlösung verknüpft werden, sagte der 77-Jährige. Ein Kontinent, der nicht mehr fähig sei, sich der transzendenten Dimension des Lebens zu öffnen, stehe in der Gefahr, „allmählich seine Seele zu verlieren und auch jenen ‚humanistischen Geist‘, den es doch liebt und verteidigt“. Ohne eine Öffnung zum Transzendenten drohe der Mensch zum Spielball der Moden und der jeweiligen Mächte zu werden.

Mit deutlichen Worten wandte sich Franziskus in beiden auf Italienisch gehaltenen Ansprachen gegen einen überzogenen Individualismus. Dieser mache die Menschen unsensibel für ihre Umgebung und lasse sie vergessen, dass es neben Rechten auch Pflichten gebe, sagte er im EU-Parlament. Im Europarat warnte er vor einer „Globalisierung der Gleichgültigkeit“, die dem Egoismus entspringe. Aus dem gleichgültigen Individualismus gehe ein „Kult des Überflusses“ hervor, der einer verbreiteten Wegwerfkultur entspreche. (epd/mig) Leitartikel Politik

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  1. karakal sagt:

    Wenn heute ein Papst sagt: „Man kann nicht hinnehmen, dass das Mittelmeer zu einem großen Friedhof wird“ erinnert mich das an die Zeiten, als der Vatikanstaat noch größer und mächtiger war und eine eigene Flotte hatte, die zusammen mit anderen Flotten das christliche Europa gegen die Expansion des islamischen Osmanischen Reiches verteidigte. Dabei gab es tausende von toten Seeleuten und Soldaten beider Seiten, deren sterbliche Überreste auf dem Grund des Mittelmeers liegen. Die europäischen Politiker sollten daran erinnert sein, dass diese Zeiten der Feindschaft vorbei sind, und dass ihre heute nicht mehr christlichen, sondern säkularen Staaten auch muslimische Flüchtlinge vorbehaltlos aufnehmen und sich nicht gegen die Aufnahme der Türkischen Republik in die EU sperren sollten.