CSU lenkt ein
Aus „angehalten“ wird „motiviert“
In der Debatte um das Deutsch-Gebot hat die CSU eingelenkt: Migranten sollen nicht mehr "angehalten werden, im öffentlichen Raum und in der Familie deutsch zu sprechen", sondern nur noch "motiviert werden, im täglichen Leben Deutsch zu sprechen".
Dienstag, 09.12.2014, 8:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 10.12.2014, 18:06 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
„Wer dauerhaft hier leben will, soll motiviert werden, im täglichen Leben Deutsch zu sprechen“, heißt es nun in dem Leitantrag für den Parteitag, der Ende der Woche in Nürnberg beginnt. Damit reagiert die CSU auf drei Tage Hohn und Spott zu ihrem heftigst kritisierten Vorstoß. In einer ersten Fassung hieß es noch, „Wer dauerhaft hier leben will, soll dazu angehalten werden, im öffentlichen Raum und in der Familie deutsch zu sprechen.“
Die Einmischung der CSU in den privaten Lebensbereich hatte heftige Reaktionen im Internet, bei der Opposition und sogar bei der Schwesternpartei CDU gesorgt. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoğuz (SPD), nannte den Vorstoß am Montag im ZDF-Morgenmagazin absurd. „Wer soll das denn überprüfen?“ fragte die stellvertretende SPD-Vorsitzende. Sie zeigte sich „als Norddeutsche“ verwundert, ausgerechnet aus der CSU zu hören, man müsse ordentlich deutsch sprechen können.
Logopäden: Sprache spielt keine Rolle
Nach Darstellung der Integrationsbeauftragten Özoğuz zeigen wissenschaftliche Erkenntnisse eindeutig, dass Eltern mit ihren Kindern die Sprache sprechen sollten, die sie am besten beherrschen. Damit werde die allgemeine Sprachfähigkeit der Kinder verbessert, was wiederum das Deutschlernen erleichtere. Zugleich räumte Özoğuz ein, dass viele Kinder Sprachförderung benötigten – das gelte auch für viele Jungen und Mädchen aus Nicht-Einwandererfamilien. Aber auch die Zweisprachigkeit müsse unterstützt werden, betonte die SPD-Politikerin.
Rückendeckung bekam die SPD-Politikerin von der Präsidentin des Deutschen Bundesverbandes für Logopädie, Dietlinde Schrey-Dern. „Alle Kinder bräuchten gute Sprachkompetenzen in ihrer Erstsprache. Dies sei die Basis für den Erwerb der deutschen und weiterer Sprachen. „Deshalb sollten Eltern grundsätzlich in der Sprache mit ihrem Kind sprechen, die sie am besten beherrschen. Ob dies Türkisch, Russisch oder Englisch ist, spielt keine Rolle“, so Schrey-Dern.
Debatte vorerst beendet
Davon unbeeindruckt hatte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer noch in der Passauer Neuen Presse den CSU-Vorstoß verteidigt: „Wir wollen keine Vorschrift, keine Pflicht und keine Kontrolle.“ Für die CSU gelte der Grundsatz, dass die deutsche Sprache der Hauptschlüssel zur Integration sei: „Da kann doch keiner was dagegen haben.“ Seine Partei wolle dazu motivieren, dass nicht nur in der Schule und am Arbeitsplatz deutsch gesprochen wird, sondern möglichst oft im Alltag“. Über Formulierungen könne man streiten, erklärte Scheuer.
Das befand auch CSU-Chef Horst Seehofer. Er hatte angekündigt, sich die Passage in dem Leitantrag noch einmal anzusehen. Das ist offensichtlich geschehen. Ob die Debatte damit beendet ist, wird sich noch zeigen. Was in Erinnerung bleibt, ist die ursprüngliche Forderung, Ausländer sollten auch im privaten Bereich Deutsch sprechen. (epd/mig) Aktuell Politik
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