Pegida
Vizekanzler Gabriel wirbt für Dialog
SPD-Chef Sigmar Gabriel hat sich dafür ausgesprochen, sich mit der "Pegida"-Bewegung auseinanderzusetzen. Nach Einschätzung der nordrhein-westfälischen Sicherheitsbehörden wird "Pegida" von radikalen Kräften gesteuert.
Donnerstag, 18.12.2014, 8:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Freitag, 19.12.2014, 0:20 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
SPD-Chef Sigmar Gabriel hat sich dafür ausgesprochen, die Proteste der „Pegida“-Bewegung ernst zu nehmen und sich mit den Motiven ihrer Anhänger auseinanderzusetzen. „Es gibt Neonazis und Radikale unter den Protestlern, von denen müssen wir uns glasklar abgrenzen“, sagte der Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister zugleich. Nach Einschätzung nordrhein-westfälischer Sicherheitskräfte wird „Pegida“ von Rechtsextremisten gesteuert.
Gabriel sagte dem Boulevardblatt Bild, Stimmungsmache gegen Minderheiten, die sich in Gewalt entladen könne, sei nicht hinzunehmen. Andererseits gebe es unter den „Pegida“-Protestierenden viele, die verunsichert seien und mitliefen. Diese Menschen fühlten sich mit ihren „diffusen Ängsten vor einer ‚Überfremdung‘ nicht ernst genommen von der Politik“. Auf sie müssen man zugehen, „ohne es an Klarheit in der Auseinandersetzung fehlen zu lassen“, forderte der SPD-Vorsitzende. Ähnlich hatte sich am Dienstag bereits Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) geäußert.
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) unterstrich in der Passauer Neuen Presse: „Auch Mitläufer haben keine Absolution verdient.“ Jeder müsse aufpassen, wofür er da instrumentalisiert werde. „Und wenn auf dem Rücken von hilfesuchenden Flüchtlingen ausländerfeindliche Stimmung gemacht wird, halte ich Verständnis für nicht angebracht“, fügte er hinzu: „Wir sollten ‚Pegida‘ vielmehr mit Argumenten bloßstellen.“ Meinungsfreiheit rechtfertige keine ausländerfeindliche Hetze.
„Niemand in Deutschland muss Angst haben vor einer angeblichen Islamisierung des Abendlandes. Das ist ein ideologischer Popanz“, erklärte Maas. Millionen von Muslimen lebten friedlich hier, und die Flüchtlinge, die im Moment kämen, seien selber „Opfer von brutalen Islamisten“.
Pegida wird von radikalen Kräften gesteuert
Nach Einschätzung der nordrhein-westfälischen Sicherheitsbehörden wird „Pegida“ von radikalen Kräften gesteuert. „Wir wissen, dass die Organisatoren der Kundgebungen in Düsseldorf und Bonn dem rechtsextremistischen Umfeld zuzuordnen sind“, sagte Innenminister Ralf Jäger (SPD) der „Rheinischen Post“ (Mittwochsausgabe) in Düsseldorf. Bei den „Pegida“-Demonstrationen hätten die Sicherheitsbehörden besonders die Mitglieder der rechtsextremen Splitterparteien „Pro NRW“ und „Die Rechte“ sowie Teile der NPD im Blick.
Den Behörden geht es nach Angaben des nordrhein-westfälischen Innenministeriums um Erkenntnisse, wie die Rechtsextremisten bei derartigen Kundgebungen ihren Einfluss zu erweitern versuchen. „Pegida“ insgesamt stehe nicht unter Beobachtung. Es handle sich schließlich bei den Anhängern keineswegs nur um Neonazis, sagte ein Ministeriumssprecher. Deshalb dürfe man auch „nicht alle über einen Kamm scheren“.
Nach Informationen der Wochenzeitung Die Zeit werden einige Initiativen der „Pegida“-Bewegung auch von Mitgliedern der Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) gesteuert. Das gelte etwa für Leipzig, Düsseldorf und Kassel.
BAMF-Präsident: Fakten über Muslime werden ignoriert
Der Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Manfred Schmidt, bedauert mit Blick auf die „Pegida“-Demonstrationen, dass die Politik „nicht den Bauch der Menschen erreicht“. Das Bundesamt habe zwar immer wieder Zahlen und Fakten über Migranten und Muslime verbreitet, aber sie würden „nicht zur Kenntnis genommen“, sagte Schmidt am Dienstagabend im Nürnberger Presseclub.
Als Beispiel nannte Schmidt die Zahl der in Deutschland lebenden Muslime: „In der Bundesrepublik leben 3,8 bis vier Millionen Muslime, aber ein Drittel der Bevölkerung denkt, es wären zehn Millionen.“ Behauptungen, wie sie der umstrittene Autor und ehemalige SPD-Politiker Thilo Sarrazin in seinem Buch „Deutschland schafft sich ab“ aufgestellt habe, könne er „in wenigen Minuten widerlegen“, trotzdem würden sie millionenfach verbreitet, kritisierte Schmidt.
In Dresden waren am Montagabend 15.000 Anhänger der „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida) auf die Straße gegangen. Auch in anderen deutschen Städten finden seit einigen Wochen anti-islamische Kundgebungen statt. (epd/mig) Aktuell Politik
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