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Pegida?

Und wo bleibt unsere Angst?

Immer mehr Politiker zeigen Verständnis für die "Pegida"-Demonstranten und mahnen, diese ernst zu nehmen. Ich habe auch Ängste. Große Ängste. Ängste vor diesen Nazis und den sogenannten „Nicht-Nazis“ und dieser Bewegung. Wer macht sich Gedanken darüber, möchte Ok-Hee Jeong wissen.

Von Ok-Hee Jeong Montag, 05.01.2015, 8:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 25.01.2015, 13:55 Uhr Lesedauer: 6 Minuten  |  

„Pass auf dich gut auf!“, rutscht es mir heute Morgen unwillkürlich raus, als mein Sohn zur Schule geht. Zu sehr bin ich nämlich aufgewühlt vom morgendlichen Nachrichtencheck auf meinem Handy: Fotos von Pegida-Demonstranten mit riesigen Fahnen, die mich mit Grauen an die alten Fotos des Dritten Reiches erinnern, und mich in eine eigenartige ängstliche Stimmung versetzen, die mir bis dato fremd waren. Diese seltsame Stimmung wird noch mehr verstärkt, denn zwischen all den kritischen Berichterstattungen über die Pegida-Demonstrationen erheben sich unaufhörlich Stimmen, dass diese Demonstranten keine Nazis seien und man ihre Ängste und Befürchtungen „umarmen“ müsse.

Verbittert frage ich mich, wer umarmt aber meine Ängste? Meine undefinierbare Angst vor diesen Nazis? Ich gebe es ehrlich zu, in meiner irrationalen und undefinierbaren Angst sind diese Pegida-Demonstranten, die Deutschtümelei betreiben, ihre Fremdenfeindlichkeit legitimieren wollen und sich im Recht wähnen, schlichtweg Nazis. Je länger die Pegida-Demonstrationen andauern und mehr Menschen mitmarschieren, je mehr ich die Fotos von den fahnenschwingenden Menschen sehe, desto größer wird meine irrationale und undefinierbare Angst vor diesen Menschen und vor allem vor dieser Masse. Plötzlich überkommt mich die Angst um meinen Sohn, dass er durch sein anderes Aussehen Fremdenhass und Rassismus erfahren könnte. Diese Angst überkommt mich einfach so.

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Dabei bin ich nicht einmal Muslimin. Dabei bin ich nicht einmal eine Asylantin. Weder trage ich ein Kopftuch noch trage ich eine Burka. Ich bin doch sogar eine Deutsche! Allerdings keine „deutschstämmige“ Deutsche, sondern eine Deutsche mit sogenanntem Migrationshintergrund; denn meine Eltern kamen Ende der 70er Jahre als Gastarbeiter nach Deutschland und entschieden sich hier zu bleiben, und so wurden meine Brüder und ich, die bei unserer Oma in Südkorea zurückgeblieben waren, zu ihnen nach Deutschland geholt. So lebe ich seit meinem achten Lebensjahr in Deutschland.

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Meine Kindheit und Jugendzeit ist geprägt von den Leidenserfahrungen meiner Eltern, die über Ausländerfeindlichkeit und Diskriminierung an ihrem Arbeitsplatz klagten. Ich höre immer noch, wie meine Mutter beschwörend und verbittert auf mich einredet: „Du musst immer besser sein als diese rassistischen Deutschen. Erst dann wirst du als Ausländer in der deutschen Gesellschaft akzeptiert und respektiert.“

In meiner Pubertät häuften sich die erbitterten Diskussionen mit meiner Mutter über die Deutschen: „Wie kannst du nur so pauschalisieren? Nicht alle Deutschen sind rassistisch! Es gibt auch verdammt viele nette Deutsche!“
„Du weiß es eben nicht besser. Du bist noch zu jung und hast die Erfahrung nicht gemacht, die ich gemacht habe.“

Aber ich kann nicht umhin, selber zu pauschalisieren, wenn ich nun diese Fotos von den Pegida-Demonstrationen sehe. Denn es macht wieder automatisch Klick bei mir: Nach der Wiedervereinigung Deutschlands weigerte ich mich lange Zeit, nach Ostdeutschland zu reisen. Zu lebendig waren die Bilder von den Ausschreitungen in Hoyerswerda vor meinen Augen und in meinem Unterbewusstsein hatte sich das Bild der Ossis als Nazis abgespeichert. Nur mit Mühe konnte mein damaliger Freund mich dazu überreden, Urlaub an der Ostsee zu machen. Entgegen meiner Befürchtung vor irgendwelchen Nazi-Begegnungen, waren es mehr herzerwärmende Begegnungen, die in jenem Urlaub an der Ostseeküste folgten.

Aber mein Vorsatz, Ostdeutschland mehr zu erkunden, blieb nur ein Vorsatz in den letzten Jahren. Ganz oben in der Liste der Reiseziele stand vor allem Dresden. Nach Hören und Sagen soll sie doch einer der schönsten Städte Deutschlands sein. Dresden ist jedoch erst einmal für mich gestrichen. Zu sehr machen sich in mir die Wut und vor allem die irrationale Angst breit. Ich mag nicht vorstellen, was vielleicht passieren könnte, wenn ich als Andersaussehende zufällig in diese Pegida-Masse hineingeraten würde.

Lange Zeit war es schwierig für mich, mich als Deutsche zu fühlen. Wie konnte ich das, wo ich doch als Kind und Jugendliche unaufhörlich von meinen Eltern verbittert über die Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung durch die Deutschen erzählen hörte? Wie konnte ich das, wo ich doch von meinen deutschen Freunden unaufhörlich anhören musste, wie sehr sie es hassten, Deutsche zu sein? Dass ihre Väter und Großväter Nazis gewesen seien, und sie diese Schuld unerträglich und unverzeihlich fänden. Wie konnte ich zwischen diesen Polen mich behaupten und sagen, ich bin deutsch, und ich bin stolz, eine Deutsche zu sein, wenn nicht einmal die „deutschstämmigen“ Deutschen gern Deutsche sein wollten? Leitartikel Meinung

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  1. Saadiya sagt:

    @nanni60:“ Und an Sie eine Frage: Was genau ist so schlimm an der Assimilierung? Ich meine diese Frage ehrlich und ernst. Was genau ist soooo schlimm?“

    Weil jedes Stückchen Teil des Puzzles ist, das zur Ganzheit des Menschen gehört. Menschen mit Migrationsgeschichte haben oft eine transkulturelle Identität. Sie leben das Viele und verstehen es aber als Ganzes, alles ist Teil von ihnen. Es ist kein DAZWISCHEN wie einige behaupten.

    Das Erbe (z.B. die Muttersprache oder die Kultur des Herkunftslandes) an die Kinder weiterzugeben ist etwas, das das Menschsein prägt und schon immer prägte und das es ermöglicht, seine Umwelt in nah und fern zu verstehen und zu nutzen für den eigenen Lebensweg. Vielleicht haben PEGIDA Anhänger einfach Angst, abgehängt zu werden und mit der sich immer weiter globalisierenden Welt nicht mehr Schritt halten und den Zuwanderern gegenüber im Nachteil zu sein…

  2. Stuttgarterin sagt:

    @Saadiya Gegenüber den Zuwanderern im Nachteil? Da muss ich laut lachen! Noch nie in eine Hartz IV und Arbeitsmarktstatistik geschaut? Das ist reines absolut wirklichkeitsfernes Wunschdenken. Die Angst der Pegidaleute ist keine Neidangst, sondern eine Angst davor, dass unser Land „verunterschichtet“ und damit arm wird. Diese Angst ist berechtigt.

  3. Stuttgarterin sagt:

    @Tei Fei Wenn man nach Ihnen geht, hat Europa seine Leistungen allesamt dem Islam zu verdanken. Ich glaube nicht, dass das wissenschaftlich und kulturgeschichtlich haltbar ist. Die abendländische Kultur ist eine Realität. Noch nie ein Rathaus besucht, ein Uni oder eine Kirche? Offensichtlich nicht.

  4. esra sagt:

    @Stuttgarterin,
    wenn ich mir die Gestalten auf den Pegida Demonstrationen so anschaue, gehe ich davon aus, dass mindestens die Hälfte , positiv geschätzt, selbst Hartz 4 Bezieher und arbeitslos sind.
    Es sind mit Sicherheit genau die Armen, die Sie in Dland am liebsten nicht sehen wollen.
    Menschen wie Sie machen einen verheerenden Denkfehler.
    Sie glauben doch tatsächlich, dass die deutschstämmigen Armen ihre Misere den Flüchtlingen und generell Ausländern zu verdanken haben.
    Arme gegen Arme eben.
    Das Sozialsystem in Dland wird überwiegend von Bürgern mit kleinen und mittleren Gehältern finanziert und gestützt, übrigens vieler vieler Menschen mit sog. Migrationshintergrund.
    Besserverdienende,Beamte,Superreiche halten sich bei der Unterstützung des Sozialsystems überwiegend raus.
    Armut in Dland wird nicht von Armen ungebildeten Menschen gemacht, die noch nicht mal richtig Deutsch sprechen können , sondern von hochintelligenten gut ausgebildeten und sehr gut deutsch sprechenden
    , meist sehr wohlhabenden, Ursprungsdeutschen.
    Warum richten Sie und die anderen Betroffenen und Besorgten ihre berechtigten Ängste und Sorgen nicht an die richtigen Adressaten?
    Weil es sich nach unten besser treten lässt?
    Und nach oben die Stiefelleckerei zu tief in dieser Gesellschaft verwurzelt ist?

  5. Stuttgarterin sagt:

    @esra Das ist Blödsinn. Die AFD hat den höchsten Akademikeranteil.

    Fest steht, dass das heutige Establishment, die deutschen Linken und viele Migranten intellektuell und mentalitätsmäßig nie ins eigentliche bürgerliche Lager vorgedrungen sind. Bürgerliche denken nun mal anders. Für einen Bürgerlichen ist der Staat nicht ein Institut, das für die ganze Welt da ist, sondern primär für den Steuerzahler. Genau der wird aber belastet durch Eurorettung, Armutszuwanderung, Billiglohnkonkurrenz, verfehlte Bildungsreformen, sehr hohe Steuern und Sozialabgaben. Das macht halt keine gute Stimmung. Für den Bürgerlichen ist unsere Gesellschaft eine historisch gewachsene, keine die per Dekret geschaffen wurde. Jede Gesellschaft ist ein Produkt von sozialen Kämpfen, mühsamen Prozessen usw. Eine funktionierende Gesellschaft kann man nicht „machen“, man kann höchstens das Funktionieren einer künstlich kreierten Gesellschaft, die sich noch nicht bewähren konnte, simulieren. Und genau das ist der Fall.

    Die Sozialsysteme werden in allererster Linie von den Biodeutschen finanziert und von Migranten, die schon lange hier sind. Wenn 6,6 Millionen Ausländer für ein Plus von 22 Milliarden sorgen, ist das ein Tropfen auf den heißen Stein. Armut entsteht dadurch, dass man den Sozialstaatskuchen in zu viele Stücke schneidet. Armut entsteht dadurch, dass der Billiglohnsektor aufgebläht wird.

  6. Dresdnerin sagt:

    Gerade und jetzt braucht Dresden die ausländischen Touristen, die zeigen, dass sie sich nicht irritieren lassen.
    Auch ich als Deutsche habe diese Befürchtungen und denke an meinen Sohn!
    Ich hoffe, dass viele am 10.01.2015 zur Gegendemo nach Dresden kommen werden. Vielleicht auch aus dem gesamten Bundesgebiet.

  7. Dresdnerin sagt:

    @Holger
    auch ich kann Ihren Ausführungen zu den Beamten n i c h t folgen.
    Auch diese Aussage ist und bleibt Verunglimpfung einer Gruppe von Menschen.
    Darunter eben auch Polizisten und Co.
    Wissen Sie eigentlich was Beamte in den unteren und mittleren Gehaltsschichten verdienen? Wissen Sie, dass diese in Sachsen nicht einmal mehr ein Weihnachtsgeld bekommen? Was im Osten so und so nur ein Bruchteil dessen ausmacht, wenn man im öD beschäftigt ist.
    Ernähren sie damit eine Familie, einfach lachhaft und dann sollen sie als Beamter noch den Kopf hinhalten, wenn testosterongesteuerte Jugendliche durchdrehen.
    Sie wissen nichts.

  8. Gernot sagt:

    @Dresdnerin
    Beamte verdienen gemessen daran, dass sie ja erst in ihre Ausbildung investieren müssen, nicht gut, Akademiker noch schlechter. Bernd Lucke spricht nicht ganz zu unrecht von einer z.T. menschenunwürdigen Behandlung von Jungakademikern. Der wirkliche Grund, weshalb wir so wenig Kinder haben.
    Die Leute im Westen denken im Prinzip nicht anders als Sie, nur sind die Ossis in Sachen „Sozialismus“ viel erfahrener. Außerdem ist bei uns aufs ganze doch mehr Geld – noch.

  9. hadewe sagt:

    Ihre Angst, Frau Jeong, ist Ergebnis von zuviel Medien- und Politikgläubigkeit. Sie glauben die Schreckensmeldungen über „Nazis in Nadelstreifen“ und Rassisten, die da angeblich Woche für Woche zu Zehntausenden aufmarschieren. Sie bräuchten diese Angst nicht haben. Beginnen Sie doch einmal, die tendenziöse Berichterstattung zu hinterfragen. Weder Sie noch ihr Sohn müssen sich Sorgen machen – um Menschen wie Sie geht es diesen Demonstranten gar nicht (im Gegenteil, etliche Deutsche mit Migrationshintergrund laufen bei diesen Demos selbst mit). Die Demos sind weder gegen Ausländer noch gegen Deutsche mit ausländischen Wurzeln, diese Demos sind nicht gegen Zuwanderung, ja diese Demos sind noch nicht mal per se gegen den Islam.
    Ist es nicht auffällig, dass es aus den Medien und der Politik immer nur Behauptungen über vermeintliche Rechtsextreme gibt? Wann und wo wurde jemals ein Rechtsextremer als Kopf oder wichtiger Anhänger und Mitorganisator der PEGIDA identifiziert? Nie und nirgends, weil es schlicht keine Nazis oder Rechtsextreme sind.
    Ich verstehe es wirklich nicht, wieso weite Teile des Volkes in das doch nur von politischem Konkurrenzkampf bestimmte Geschrei der Etablierten miteinstimmen. Diesen Leuten, Grüne wie CDU, Springer-Presse wie öffentlicher Rundfunk geht es nur um eines: aufmuckende Bürger ruhigzustellen und die politische Macht der derzeit Regierenden zu sichern. Wieso gehen Sie alle dem so gnadenlos auf den Leim? Verwundert es Sie nicht selbst, dass 3 Wochen nach Beginn dieser Demos inklusive Verteufelung durch eine breite Front etablierter Parteien dennoch genau diese Parteien plötzlich Stück für Stück anfangen, sich der Forderungen zumindest mal anzunehmen? Wundern Sie sich nicht, dass man Menschen, die sich 100% zur demokratischen BRD bekennen. Nazis nennt? Wundern Sie sich nicht, dass eine Allianz aus Altparteien, Medien und Linksextremen demokratische Grundrechte beschneiden will? Bürger demonstrieren friedlich, ohne Hass und Gewalt, und als Reaktion werden Beleuchtungen in der Stadt ausgeschaltet – kann man, abgesehen von gewaltsamem Verhindern, noch größere Verachtung vor demokratischen Errungenschaften wie Meinungs- und Versammlungsfreiheit zeigen? Bitte, bitte, bitte machen Sie sich eigene Gedanken. Lassen Sie sich nicht von Hetze blenden. Wenn Sie wissen wollen, wofür PEGIDA steht, schauen Sie nicht in die üblichen Käseblättchen, sondern in das PEGIDA-Thesenpapier. Da bleiben keine Fragen offen. Und haben Sie bitte keine angst mehr. Genau das ist das Ziel – Bürger in Angst zu versetzen. Denn wer Angst hat, lässt sich leichter bevormunden und gängeln – und hinterfragt seinen vermeintlichen Retter nicht mehr. Ich wünsche Ihnen dass Sie ihre Angst überwinden. Sie ist komplett unbegründet.

  10. Pingback: Links Kalenderwoche 2/2015 | Alles ist wahr.