Interview mit Mustafa Yeneroğlu
"Im Übrigen bin ich ganz bei Bundeskanzlerin Angela Merkel"
Mustafa Yeneroğlu, in Deutschland groß geworden, steht kurz vor seinem Einzug ins Parlament. Allerdings kandiert er nicht für die CDU, sondern für die türkische AK Partei. MiGAZIN sprach mit ihm über seine Ziele, über Deutschland und die Türkei, über die AK Partei und wieso er Deutschland erhalten bleibt.
Von Derya Kalava Dienstag, 26.05.2015, 8:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 31.05.2015, 11:39 Uhr Lesedauer: 13 Minuten |
MiGAZIN: Sie sind in Deutschland geboren und aufgewachsen, haben in Köln studiert. Wieso kandidieren Sie in der Türkei und schließen sich nicht einer deutschen Partei an?
Mustafa Yeneroğlu: Ihre Frage suggeriert, als sei mein Weg außergewöhnlich. Wenn man sich in beiden Ländern gleichermaßen zu Hause fühlt, ist mein Engagement in der Türkei genauso selbstverständlich. Ich habe schon immer eine starke Bindung zur Türkei gehabt und gepflegt, über meine Sprache, meine Kultur und nicht zuletzt meine Religion. Genauso wie ich mich in Deutschland zu Hause fühle, bin ich auch in der Türkei zu Hause – beide Länder sind wie ein zweiter Wohnsitz für mich.
Dennoch: Wieso haben Sie sich für die konservative AK Partei entschieden und nicht für die konservative CDU?
Yeneroğlu: Wenn die CDU mich mit meinem Selbstverständnis respektiert hätte, wäre das sicher eine Option gewesen. Es war aber die AK Partei, die Bedarf gesehen und mir das Angebot gemacht hat. Und das sagt dann auch etwas über die jeweiligen Verhältnisse und Möglichkeiten aus.
Was meinen Sie?
Yeneroğlu: Ich stehe für eine Politik, die Vielfalt – ob sprachlich, kulturell oder religiös – als Gewinn ansieht und diese nicht nur duldet, sondern aktiv fördert. In Deutschland kann man mit diesem Anspruch und dieser Agenda in den etablierten Parteien kaum Punkten. In weiten Teilen der Politik werden solche Ansätze sogar misstrauisch beäugt, wenn nicht sogar kritisiert und im Keim erstickt.
Seien wir ehrlich: Jemand mit meinem Profil würde in keiner großen Partei in Deutschland ein Zuhause bekommen. Ich gelte als ehemaliger Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüş (IGMG) als konservativer Muslim. Über viele Jahre wurde ich sogar als „islamistisch“ und „verfassungsfeindlich“ eingestuft. Erst in den vergangenen Jahren hat sich dieser verzerrte Blick auf die IGMG insgesamt etwas begradigt. In den Augen vieler Politiker bin ich dennoch eher ein Sicherheitsrisiko als ein Parteikollege oder ein Verantwortung tragender Mitgestalter. Und das ist ein tief sitzender Keil zwischen der hiesigen Politik und einem großen Teil der türkeistämmigen Bevölkerung in Deutschland.
Führen Sie das bitte etwas aus.
Yeneroğlu: Schauen Sie: Die absolute Mehrheit der Türkeistämmigen sind Muslime, Muslime wie ich. Ich bin ein klassisches Gastarbeiterkind. Meine Biografie weist keinerlei Besonderheiten auf. Ich bin hier zur Schule gegangen, habe studiert, zahle Steuern, gehe in die Moschee, habe mir noch nie etwas zu Schulden kommen lassen, bin Familienvater und Bayern München Fan gemeinsam mit meinem Sohn. Ich bin der klassische Otto-Normal-Verbraucher.
Aus meiner Mitgliedschaft bei der IGMG wird mir aber ein Strick gemacht. Die IGMG wird nicht unter einfachen migrationssoziologischen Binsenweisheiten betrachtet, sondern mit der Brille der Verfassungsschutzämter, deren Einschätzungsunvermögen beim NSU offenkundig wurde. Ungeachtet dessen wird deren „Beobachtungen“ Gewicht beigemessen und ausgerechnet ich gelte dann als eine Gefahr dar für die freiheitlich demokratische Grundordnung. In meinen Augen ist das Realsatire. Das Makabere ist: Ich bin ein großer Verfechter eben dieser Grundordnung, ein großer Fan des deutschen Grundgesetzes. Mir liegt nichts Ferner, als daran zu rütteln.
Und so ähnlich ergeht es leider vielen Muslimen in Deutschland. Sie mögen Deutschland und ihre Grundordnung, fühlen sich hier wohl, von der Politik aber nicht vertreten, missverstanden und ausgegrenzt.
In den vergangenen Jahren hat sich aber doch einiges getan. Inzwischen haben alle Parteien Abgeordnete mit türkischen Wurzeln in ihren Reihen.
Yeneroğlu: Das stimmt. Allerdings können viele dieser Abgeordneten nicht ihre Überzeugungen vertreten aus diversen Gründen. Meine Beobachtung ist die, dass türkeistämmige Politiker – parteiübergreifend und insbesondere im Hinblick auf Muslime oder der Türkei – eine gewisse Haltung einnehmen müssen, um Karriere in der Politik machen zu dürfen. Es gibt leider zu viele Beispiele, wo Politiker nach ihrer Wahl in ein Parlament ganz andere Töne einschlagen „müssen“, plötzlich werden sogar Moscheebesuche zu einem Problem.
Haben Sie Beispiele dafür?
Yeneroğlu: Natürlich: Als die CDU Bundestagsabgeordnete Cemile Giousouf Ende 2014 von einer IGMG Moscheegemeinde besucht wurde, gab es heftige Kritik in ihrer Partei. Sie wurde massiv angefeindet. Dabei hatte Frau Giousouf die Gemeindemitglieder empfangen, weil auf deren Moschee zuvor zwei Brandanschläge verübt worden war. Frau Giousouf wollte sich mit dem Empfang also nur solidarisch zeigen und ein Zeichen gegen Rechtsextremismus setzen. Selbst das ging Teilen der CDU zu weit. Und im April dieses Jahres wurde Armin Laschet dafür kritisiert, eine IGMG Moschee besucht zu haben. Weil Herr Laschet als stellvertretender Bundesvorsitzender der CDU Gewicht in der Partei hat, hielt sich Kritik innerhalb innerparteilich zwar in Grenzen, dafür wurde der Besuch aber in den Medien offen kritisiert. Solche Debatten gehen an den Muslimen nicht spurlos vorbei, sie prägen und führen dazu, dass sie sich der hiesigen Politik verschließen. Interview Leitartikel
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eben solche männer sind der deutschen gesellschaft ein dorn im auge . man will lieber muslime wie pierr vogel und ezb haben ,statt vernünftige menschen die sagen was sache ist
auch die qoutentürken in der politik und die verlogenheit sehr gut zur sprache gebracht . in großenteilen der bevölkerung sieht man in migranten und vorallem türken/araber/etc „muslimen“ grenzdebile untermenschen .
es wird nicht auf augenhöhe mit den menschen geredet sondern nur über sie .
[…]
Hier fallen Worte wie „Vielfalt fördern, als Bereicherung ansehen“ usw. Tja, dem Gegenüber steht eine rechtskonservative Partei CDU, die am rechten Rand ihre Mitglieder provokant fischt, mit einer Kanzlerin an der Spitze, die immer wieder zu verstehen gegeben hat, daß Ausländer nicht in die deutsche Gesellschaft gehören. Da fallen mir Sätze ein wie „Die Integration ist gescheitert“ oder „Der Islam gehört nicht zu Deutschland“ usw.
Die ausländischen Parteimitglieder sind eh nur die Quotenkanaken, um die Partei als Weltoffen zu repräsentieren, ohne tatsächliche Einflussmacht. Wertlos. Muss man sich nicht wundern, daß immer mehr Deutsch-Türken sich von Deutschland politisch oder teilweise gesellschaftlich abwenden und ihr Heil woanders suchen.
@Kritika
So viel ich weis hat die Kanzlerin „Der Islam gehört zu Deutschland“ gesagt.
Nur WAS bedeutet diese Aussage von der Kanzlerin…?
WAS wurde bisher gesellschaftspolitisch bisher unternommen, um die Integration voranzutreiben?
Das zeigt wieder einmal, wie „desinformiert“ die Bürger in der BRD sind.
Herr Yeneroglu war für mich bis heute ein Unbekannter.
Habe vom Migazin erfahren wer er ist und habe mir daraufhin mal you tube ein 10min. Interview von ihm bei TRT angeschaut, wo es um Pegida Demonstrationen und zunehmende Ausländerfeindlichkeit ging.
Der Mann redet „Tacheles“ und spricht in der Gesellschaft sehr ernstzunehmende Probleme an, die bis heute, leider, viele Deutsche Politiker gar nicht erst so in der Form angesprochen haben.
Warum erfährt der Bürger in der BRD nicht von den „ÖR“, Namen brauche ich wohl nicht erwähnen, wichtige Informationen, die man leider nur noch über Alternative Medien in Erfahrung bringen kann.
Herr Yeneroglu sagt in dem Interview auch, dass in Deutschland lebende Türken bis zum 11.9.2001 als Ausländer oder Gastarbeiter angesehen wurden, nach dem 11.9. aber alle zu „Muslimen“ wurden.
Wieso hat die Politik oder die Presse so ein großes Interesse daran, alle Muslime unter „Generalverdacht“ zu stellen und sie dadurch in der Gesellschaft als Bürger 2. Klasse zu deklassieren.
Wieso ist denen die Spaltung der Gesellschaft so wichtig. Ich denke, damit wird auch viel Geld gemacht oder einige gehen damit auf Stimmenjagt.
Wieso betreibt die Deutsche Presse/Politik so eine immense „Einmischung“ in die innere Angelegenheiten der Türkei/Türkische Regierung durch kontinuierliche Anti-Türkei-Propaganda?
Herr Yeneroglu erwähnt von direkter und indirekter Unterstützung der Linken und den Grünen von Anti-Erdogan-Parteien wie die HDP….etc. etc.
Der Bürger bekommt NICHTS mit und wird in seiner Meinungsbildung manipuliert, nach dem Motto: „das sind die Guten, das sind die Bösen“.
Wieso sind Brücken in Deutschland marode?
Wieso wird sozialer Wohnbau nicht gefördert, nur Ghettos?
Wieso sind in allen Straßen nur noch Schlaglöcher?
Wieso………..wo geht das Geld der Steuerzahler hin?……etc etc
Wozu führt das?
Zur Spaltung der Gesellschaft und Unzufriedenheit der Bürger.
Der Bürger kommt sich verarscht vor und gründet eine neue Partei, wie die AfD.
Ich denke, diese Art der Politik basiert auf das System vom Römischen Reich: „Teile und herrsche“.
Mann muss die Gesellschaft versklaven, enteignen und spalten um sie kontrollieren zu können, denn ansonsten würden einige Banken, Verlage u/o Politiker keine Macht mehr über das Volk haben.
Sie würden Mia. verlieren und bevor sie diese Mia. verlieren, bringen sie …….
Einigen scheint leider Geld und Macht wichtiger zu sein als das Wohl seiner Bürger.
Die Quittung dafür bekommt werden sie sehr wahrscheinlich 2017 bei den Wahlen bekommen.
Das hat sich diese „fremdgesteuerte“ Fehlpolitik selbst zuzuschreiben.
Der Bürger ist aufgewacht.
Herr Yeneroglu, bitte beeilen Sie sich mit der Gründung einer zweisprachigen Schule. Meine Kinder kommen bald ins schulfähige Alter und ich möchte, dass sie Türkisch und Deutsch auf dem selben Niveau sprechen und schreiben lernen.
Auch wenn ich die politischen Ansichten von Herrn Yeneroglu bzgl. der AKP nicht teile, gebe ich ihm weitesgehend Recht. Er spricht deutlich und präzise die Probleme der ehemaligen Gastarbeiter und deren Kinder an, die gewiss anders sind als der später zugewanderten Migranten oder Flüchtlinge.
Deutschland muss akzeptieren, dass wir es mit ca. 3-4 Mio Menschen zutun haben, die hier von Anfang an um ihren Lohn gekämpft haben und mit diesem Selbstbewusstsein fordern sie eine Teilhabe und Anerkennung.
Diese Menschen sind nicht als Flüchtlinge gekommen, sondern als Gastarbeiter, d.h. sie wurden eingeladen zum Arbeiten. Diesen Menschen, mit dem doppelmoralischem Fingerzeig auf die Türkei, ihre ureigenen Rechte zu verwehren ist heuchlerisch.
Wenn selbst doppelsprachlicher Unterricht, die doppelte Staatsbürgerschaft oder das Engangement in Türkischen Vereinen misstrauisch beäugt und sogar bekämpft werden (s. Nebahat Güclü), darf man nicht von Gleichberechtigung reden.
Die Deutsche Politik und Medien versuchen die Türkischen Einwanderer innerhalb eines Oberbegriffs der Muslime oder Migranten in eine allgemeine Migranten Identität zu assimilieren.
Dagegen wehren sich die Türken zurecht.
Wir fordern eigene spezifische Rechte, wie das Recht unseren Kindern unsere Sprache unterrichten zu dürfen oder nicht vor die Wahl einer Deutschen oder Türkischen Identität gestellt zu werden.
Wir fordern die Erhaltung unserer kulturellen Identität in UNSEREM Sinne!
Wir als Türkische Gastarbeiter und deren Nachkommen fühlen uns übergangen und daran tragen wir auch eine Mitschuld. Ich hoffe Menschen wie Herr Yeneroglu werden in Zukunft dieses Unrecht korrigieren.
Bayern München- und Erdogan-Fan? Jessesmaria und Mohammed im Himmel…
Besten Dank für dieses wunderbare Interview, das dem Außen stehendem die Dinge mal auf den Punkt gebracht erklärt. Herr Yeneroglu hat unser allen Respekt verdient, wie insgesamt die gesamte Generation der Türken die dieses Land mit aufgebaut haben und den widrigsten Ressentiments ausgesetzt waren. Dann wollte man sie einfach mit billigem Geld loswerden. Das sind Menschen mit Rückgrat, Charakter und Moral, solche Leute braucht das modern Deutschland!
Zitat von Gast: „Wir fordern eigene spezifische Rechte, wie das Recht unseren Kindern unsere Sprache unterrichten zu dürfen oder nicht vor die Wahl einer Deutschen oder Türkischen Identität gestellt zu werden“.
Als gebürtiger Pole erlaube ich mir dazu eine Bemerkung. Genau diese Einstellung verhindert wirkliche Integration. Meine Kinder sprechen fließend polnisch ohne jemals eine polnische Schule besucht zu haben. Sprachvermittlung ist schlicht die Aufgabe der Familien der Immigranten, wenn sie gewünscht ist. Auch können institutionelle Einrichtungen der verschiedenen Sprachgruppen, meinetwegen herkunftsprachliche Volkshochschulen, dabei unterstützend tätig sein. Gebräuche und Folklore der Herkunftländer kann und soll gepflegt werden können. Familiäre Verbindungen und Kontakte sind eine Selbstverständlichkeit.
Allerdings ist dies nicht die Aufgabe des deutschen Staates. So wenig wie es in Kanada oder Australien staatliche z.B. deutschsprachige Schulen gibt, trotz hunderttausender, in den USA Millionen, deutschsprachiger Einwanderer, (für andere Einwanderergruppen gilt gleiches) sowenig ist dies hier zu Lande erforderlich. Die Einwanderer und ihre Nachkommen haben auch eine Bringschuld gegenüber dem Land in dem sie leben möchten. Dieses darf durchaus erwarten, dass Menschen, die seine Staatsbürgerschaft haben, ihm bevorzugt loyal gegenüber eingestellt sind. Deshalb halte ich auch eine doppelte Staatsbürgerschaft für nicht zielführend. Niemand kann „zwei Herren dienen“! Und niemand wird dazu gezwungen Deutscher zu sein oder zu werden. Wer es nicht sein will, sollte sich aber auch nicht darüber beklagen, dass er dann weiterhin „Gast“ in diesem Land ist.
Ich trage Polen immer im Herzen, meine und meiner Kinder Identität aber ist uneingeschränkt deutsch. Darf ich sagen, sogar beim Fussball!
Ich habe gestern Herrn Yeneroglu bei Anne Will gesehen.
Und es war ein Wohltat nicht immer nur den Einheitsbash auf die Türkei und in Folge als automatischer Reflex auf hier lebende türkischstämmige Bürger wahrnehmen zu müssen
Herr Yeneroglu hat sachlich und nachvollziehbar argumentiert und was ganz wichtig war, er war den selbstberufenen Türkei- und Minderheitenanklägern sprachlich und argumentativ mehr als gewachsen.
LI
“ Ich stehe für eine Politik, die Vielfalt – ob sprachlich, kulturell oder religiös – als Gewinn ansieht und diese nicht nur duldet, sondern aktiv fördert.“
Also ich bin ja so ein Mensch ich der nicht viel auf Worte gibt…es sind die Taten die zählen.
Herr Yeneroglu setzt sich also in der Türkei für Christen und den christlichen Glauben ein, damit diese in der Türkei ihren Glauben minestens so frei leben können, wie er als Muslim in Deutschland. Ich glaubsganz ehrlich nicht, denn wenn es so wäre, dann hätte die AKP ihn erst gar nicht aufgenommen, aber ich lasse mich gerne vom Gegenteil überzeugen :)