Flüchtlingspolitik
Sonderlager für Roma in Bayern, Rückkehrprämien in Baden-Württemberg
Die umstrittenen Sonderlager für Balkan-Flüchtlinge soll in Bayern bald Realität werden. Kritiker erinnern an historische Verantwortung gegenüber Sinti und Roma. Baden-Württemberg geht andere Wege. Dort werden Balkan-Flüchtlinge mit Rückkehrprämien gelockt.
Montag, 03.08.2015, 8:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 04.08.2015, 17:04 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Das erste der umstrittenen Aufnahmezentren speziell für Balkan-Flüchtlinge in Bayern wird in Manching bei Ingolstadt entstehen. Dazu werde eine ehemalige Kaserne bis zum 1. September umgewandelt, die bereits als Erstaufnahmeeinrichtung für etwa 500 Asylsuchende genutzt wird, teilte das bayerische Innenministerium am Donnerstag mit. Die derzeit dort untergebrachten Flüchtlinge sollen auf andere Einrichtungen verteilt werden. Geplant seien zwei weitere Standorte, an denen „schließlich rund 1.500 Balkanflüchtlinge in Ingolstadt und Manching zusammengefasst werden“, hieß es.
Nach Ansicht von Innenminister Joachim Herrmann (CSU) ist diese Einrichtung nötig, um zu einer schnelleren Bearbeitung und Abwicklung der Asylverfahren für Antragsteller ohne Bleibeperspektive zu kommen. Mit der Umwandlung der Max-Immelmann-Kaserne sollen dort alle nötigen Verwaltungs- und Gerichtseinrichtungen entstehen. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hatte erst vor wenigen Tagen angekündigt, Erstaufnahme- und Rückführungszentren für Flüchtlinge aus Balkan-Staaten einzurichten.
Dieser Vorstoß steht allerdings massiv in der Kritik. Der Flüchtlingsrat erinnerte an die historische Verantwortung gegenüber den Roma. Diese stellten je nach Balkan-Land mehr als 90 Prozent der Flüchtlinge. „Roma sind die am meisten verfolgte Minderheit in Europa“, betont die Organisation. Der Vorsitzende des Zentralrates der Sinti und Roma, Romani Rose, bezeichnete die CSU-Pläne als „völlig inakzeptabel„.
Verfolgung der Roma und Sinti sollte Lehrstoff werden
Derweil plädiert die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Christine Lüders, die Geschichte und Verfolgung der Sinti und Roma in die Lehrpläne der Schulen aufzunehmen. Ein Drittel der 25- bis 34-Jährigen in Deutschland wisse nichts über die Verfolgung und Ermordung der Minderheit durch die Nationalsozialisten. Auch die aktuelle Lebenslage der Sinti und Roma müsse thematisiert werden: „Mit dem Schüren von Ressentiments wird nach wie vor populistische Politik gemacht“, sagte Lüders. Historische Kenntnisse könnten helfen, dass solche Strategien weniger Erfolg haben.
Lüders äußerte sich anlässlich des Gedenkens an die Ermordung von Roma und Sinti im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau am 2. August 1944. Bei der Liquidierung des sogenannten „Zigeunerlagers“ wurden 2.897 Männer, Frauen und Kinder in den Gaskammern umgebracht. Die Gesamtzahl der von den Nationalsozialisten ermordeten Sinti und Roma wird auf 500.000 Menschen geschätzt.
Rückkehrprämie für Balkan-Flüchtlinge
Im Landkreis Lörrach in Baden-Württemberg setzt man im Gegensatz zu Bayern auf finanzielle Rückkehrhilfe für Flüchtlinge, die ihren Antrag auf Asyl zurückziehen und ausreisen. Das Programm richtet sich an Flüchtlinge aus den Balkanländern. Wer seinen Antrag zurückzieht und eine Vereinbarung unterschreibt, in den kommenden Jahren keinen neuen Asylantrag zu stellen, erhalte eine Rückkehrberatung sowie rund 600 Euro, sagte ein Sprecher des Landkreises dem Evangelischen Pressedienst.
Dadurch sollen Kosten eingespart und Plätze in Unterkünften frei werden. Rund 65.000 Euro hat der Kreis bislang nach eigenen Angaben für das Rückkehrprogramm aufgebracht. 107 Menschen hätten dieser Tage das Angebot angenommen und sollen in der kommenden Woche mit Bussen in ihr Heimatland zurückkehren. Bei vorherigen Angeboten im November und Februar hätten 141 Personen die Rückkehrhilfe genutzt. Der Landkreis bezeichnet sein „Rückkehrmanagement“ als Erfolg. (epd/mig) Aktuell Politik
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Es gibt auch in Bayern Rueckkehrhilfen über IOM.
Das ist schrecklich! Hilfesunchende Menschen nach Roma und Nicht-Roma zu sortieren..So machen wir in Deutschland genau das, was man mit den Roma in deren Laendern macht: von allen anderen Menschen trennen, schnell loswerden, erniedrigen! Sicher kann man sie auch loswerden, wenn man ihnen 600 € anbietet, es ist einfacher so zu handeln, als darueber nachzudenken, wie sicher diese angeblich sichere Herkunftslaender sind. Die Politiker, die diese Entscheidungen treffen sollten dahin fahren, aber nicht in die schoensten Gegenden, um mit anderen Politiker zu sprechen, sondern direkt dahin, wo die Roma gezwungen sind zu leben. Ob sie dort bleiben wuerden, wenn das Land so sicher ist?
@Malena
Die Sortierung in Roma und Nichtroma nimmt nicht die Politik vor. Dies machen Medien, so wie im og. Artikel.
Ehrlicherweise muss man aber auch sagen, dass der überwiegende Großteil der Flüchtlinge aus einigen Balkanstaaten nun einmal Roma sind. Bei der Einstufung als sicheres Herkunfsland wird aber auch geprüft, ob der Minderheitenschutz entsprechend gewahrt wird. Und in der Tat gab es Politiker, die sich Roma-Siedlungen vor Ort angesehen haben und trotzdem an der Einstufung als sicheres Herkunftsland festhalten.
Wir können das aus der Ferne schlecht beurteilen. Eine neutrale Medienberichterstattung ist mir zu dem Thema nicht bekannt. Ich habe mir in Belgrad und an verschiedenen Orten in Bosnien Romalager angesehen und lese auch regelmäßig die Entwicklungen in Sachen Minderheitenschutz fürs Kosovo und Serbien.
Ich persönlich bin auch der Auffassung, dass Serbien und das Kosovo sichere Herkunftsstaaten sind.
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