Koloniale Kontinuitäten
Kulturgüter in europäischen Museen
Koloniale Kontinuitäten zeigen sich nicht nur in Denkweisen und Weltbildern, sondern auch im deutschen Alltag. Die Initiative No Humboldt21! kritisiert, dass noch immer Kulturgüter in europäischen Museen ausgestellt werden, die aus einem kolonialen Unrechtskontext stammten.
Von Delia Friess Freitag, 07.08.2015, 8:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Samstag, 05.09.2015, 10:32 Uhr Lesedauer: 7 Minuten |
Da sei zum Beispiel das Tangué aus dem Kamerun, das sich im Münchner Völkerkundemuseum befindet, berichtet Christian Kopp, Fachreferent für Dekolonisierung im Berliner Promotorenprogramm bei Berlin Postkolonial. Die Königsinsignie, eine hölzerne Bugverzierung, sei um 1884/85 nach Deutschland gebracht worden, nachdem deutsche Soldaten eine Stadt im Kamerun niedergebrannt und geplündert hätten. Der beteiligte deutsche Konsul und spätere Direktor des Münchner Völkerkundemuseums, Max Buchner, bezeichnet das Tangué in seinen Memoiren als seine „Hauptbeute“. Es gehörte Kum’a Mbape, dessen Enkel Kum’a Ndumbe es zurückfordert, und für dessen Nachfahren es ein Medium zwischen dem Diesseits und Jenseits darstelle, das nur einmal im Jahr zum Wasserfest der Öffentlichkeit gezeigt werde. Im Münchner Völkerkundemuseum wird es nun das ganze Jahr über ausgestellt.
Ein weiteres Beispiel sei der Thron Bamoun-Sultans Ibrahim Njoya aus Foumban in Kamerun, der im Ethnologischen Museum der Stiftung Preußischer Kulturbesitz in Berlin zu sehen ist. Laut der Beschreibung des Ethnologischen Museums handelt es sich um eine Schenkung, die im Kamerun üblich gewesen sei, um diplomatische Beziehungen zu festigen. Der Verein No Humboldt21 bezweifelt das. Der Sultan habe eine Kopie anfertigen lassen und musste das Original verschenken. Um ihm die neuen Machtverhältnisse nochmals deutlich zu machen, sei ihm ein lebensgroßes Porträt des Kaisers Wilhelm II. geschenkt worden, kritisiert NoHumboldt21 die Umstände der „Schenkung“.
„Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz wolle einzelne Fälle von Kulturraub im Kontext des Kolonialismus prüfen. Diese Aussage impliziert aber, dass ein Großteil der Gegenstände unter fairen Bedingungen erworben sei. Es ist aber höchst unwahrscheinlich, dass Völker ihre Masken, Gottesfiguren oder Kunstschätze freiwillig verschenkten oder billig verkauften“, sagt Kopp. Im Besitz der Stiftung Preußischer Kulturbesitz sind auch etwa 500 wertvolle Bronzestatuen, die aus Benin, Hauptstadt des Edo-Königreiches, dem heutigen Nigeria stammen. Während der Zerstörung von Benin durch britische Soldaten seien sie unter fragwürdigen Umständen nach Großbritannien gekommen. „Obwohl sich der Großteil der Statuen in Großbritannien befindet, sind immer noch mehr Bronzestatuen aus Nigeria im Besitz der Stiftung Preußischer Kulturbesitz in Berlin als in Nigeria selbst“, berichtet Kopp. „Etwa 10 dieser Statuen werden ausgestellt, der Rest wird im Keller gelagert“, meint der Historiker.
„Es handelt sich nicht um Kulturgüter, die im Austausch mit anderen Ländern oder Museen in Deutschland ausgestellt werden, sondern um Gegenstände, die direkt während des Kolonialismus geklaut wurden, oder unter problematischen Bedingungen nach Europa kamen, das heißt durch Gewaltanwendungen oder Drohungen erpresst wurden oder durch den Bruch mit sogenannten Verträgen oder andere Betrügereien erbeutet wurden“, sagt Tahir Della, Vorsitzender des Vereins Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland. Und: „Die Gegenstände sind nicht nur wertvoll, sondern nicht selten in einem religiösen Kontext von Bedeutung oder stellen Gottesfiguren in den jeweiligen Kulturen dar.“
Laut Senat habe das Ethnologische Museum die Herkunft der rund 500.000 Gegenstände seiner Sammlung noch immer noch nicht systematisch und detailliert erforscht. „Das Ethnologische Museum bemüht sich nach eigenen Bekundungen zwar darum, die Provenienzforschung voranzubringen und mit dem kolonial-rassistischen Blick zu brechen, aber uns ist das nicht genug“, äußert Della.
Im Falle der Bronzestatuen aus Nigeria erklärte der Senat, dass es für die Rückgabe dieser Sammlung keine völkerrechtliche Grundlage gebe. Tatsächlich greift das Internationale Völkerrecht nur bei Kulturgütern, die nach 1954 bzw. 1970 gestohlen wurden. Es existieren zwei internationale Vorgaben: Die Haagener Konvention zum Schutz von Kulturgütern bei bewaffneten Konflikten (1954) und die UNESCO-Konvention über Maßnahmen zum Verbot und zur Verhütung der unzulässigen Einfuhr, Ausfuhr und Übereignung von Kulturgut (1970). Der Internationale Museumsrat veröffentlichte 1986 einen Leitfaden für ethische Richtlinien „Code of Professional Ethics“ (ICON). Darin steht: „Wenn ein Herkunftsland oder -volk die Rückgabe eines Objektes oder Gegenstandes erbittet, von dem belegbar ist, dass es/er […] auf anderem Wege übereignet wurde und es/er zum kulturellen oder natürlichen Erbe dieses Landes oder Volkes gehört, sollte das betroffene Museum umgehend verantwortungsvolle Schritte einleiten, um bei der Rückgabe zu kooperieren, sofern es rechtlich dazu befugt ist.“
Die Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland kritisiert, dass sich Museen noch immer hinter rechtlichen Konzepten versteckten: „Zwar gibt es Anfragen von den Linken und den Grünen an die Bundesregierung, aber es wird immer darauf verwiesen, dass überhaupt nicht klar sei, wer überhaupt ein Recht auf Rückforderung hat. Ganz dubios wird dann auf Zeit gesetzt, dass die Dinge eben im Sande verlaufen. Das ist eine ganz generelle politische Linie. Nur langsam wird erkannt, dass man auch selber eine Verantwortung benehmen muss. Die Einrichtungen müssen sich selbst auf den Weg machen, selbst Verantwortung zeigen und fragen „Gibt es Gegenstände, die in einem Unrechtskontext erworben wurden, gibt es die Möglichkeit Dinge zurückzugeben oder Gegenstände in den Ländern selber auszustellen?“
In Fällen für vor 1954 unrechtmäßig eingeführte oder erworbene Kulturgüter, treten an die Stelle internationaler Gesetze, diplomatische Beziehungen. Diese sollen durch ein Kontrollgremium der UNESCO geregelt werden. Die Krux: Nur Mitgliedsstaaten der UNESCO können es in Anspruch nehmen. Und: Es besitzt keinerlei rechtlichen Anspruch. Für Privatpersonen, Volksgruppen, Stämme oder Regionen ist es also schwierig den Gegenstand zurückzuerhalten. Staaten forderten ihre Kulturschätze allerdings erst gar nicht zurück, um die diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu Deutschland nicht zu gefährden, meint Christian Kopp. Feuilleton Leitartikel
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@Tei Fei Mann Sie haben es halt nicht verstanden. Luther zementiert hier nichts, sondern beschreibt nur die mittelalterliche Haltung zur Arbeit. Arbeit=Stand. Darum ist Standesethos=Arbeitsethos. Da Standesethos religiös begründet wird, wird auch die Arbeit religiös begründet. Die religiöse Begründung als solche wurde von den Protestanten und Calvinisten übernommen. Das ist für die Entwicklung des kapitalistischen Ethos sehr wichtig, da ohne diesen Zusammenhang kein Berufsethos entstanden wäre.
So wie Sie es geschrieben haben, haben Sie der Kirche fast jeden Einfluss abgesprochen. So einfach ist es nicht.
„Steuern“ im mittelalterlichen Sinn sind außerordentliche Einnahmen und „Abgaben“ sind gewohnheitsrechtlich geregelte Einnahmen. Wieder ein Fall von Wikipedia-Besserwisserei. Ein Fürst hatte nicht das Recht, außerhalb der Gewohnheit willkürlich Steuern zu verlangen. Dazu bedurfte er der Zustimmung der Stände. Exactiones (Steuern) sind irreguläre, unbeliebte Geldeintreibungen und etwas ganz anderes als normale Abgaben, die dem Kammergut d.h. dem „Privatvermögen“ des Fürsten zuzurechnen waren. Wenn Thomas von Aquin von „Steuern“ spricht, meint er vermutlich – ich kenne die Stelle nicht – Grundabgaben. Der Fürst war ja nicht das „Land“, sondern die Stände. Das ist wissenschaftlicher Grundkonsens. Die heutigen Steuern haben mit den Regalien früherer Zeiten nur sehr wenig zu tun. Der heutige Staat kann nach Lust und Laune Steuern erhöhen und senken. Das ist ja eben der Unterschied und die tiefere Ursache, wieso sich solange keine leistungsfähige Verwaltung entwickelt hatte: Landesfürsten waren arm und abhängig. Der Fürst hatte zu bitten und darum heißt ja in Norddeutschland die Steuer Bitte (Bede“). Dass daraus eine reguläre Steuer wurde, ändert nichts daran, dass man hier nicht von einer modernen Besteuerung sprechen kann. Kein Staat der Welt „bittet“ heutzutage seine Bürger um Steuern. Eben das ist der Unterschied. Erbetene „Steuern“ waren in der Vormoderne sehr oft zweckgebunden, also genau das Gegenteil von dem was eine Steuer heutzutage ausmacht.
Dass das 18. Jahrhundert zum Mittelalter gehört,behaupten Sie.
Die Japaner haben sogar preußische Militär- und Verwaltungsfachleute eingeladen, die ganze Justiz ist nach preußischem Vorbild organisiert worden. Nur das ignorieren Sie halt wie so vieles voll und ganz. Auch auf die Ausgestaltung der japanischen Verfassung von 1889 hatte Deutschland maßgeblichen Einfluss. Ohne denn Westen wäre Japan ein Entwicklungsland geblieben mit einer Tschunkenflotte. So sieht es aus!
Der Kirche einen kulturellen Beitrag an der europäischen Kunst abzusprechen, zeugt von gravierendem Unwissen, möchte nicht sagen Ignoranz, Es ist grausam welche Klischevorstellungen manche Kommentatoren hier wiederkäuen. Fest steht, dass die Kirche jene Instution ist, die wenigstens im katholischen Raum die meisten Aufträge vergeben hat und daher auch am meisten bestohlen wurde. Außerdem sind nicht alle Kunstartikel in europäischen Museen, die von anderen Kontinenten stammen in einem „Unrechtskontext“ erworben worden. Fest steht, dass gerade der Orient seine Kulturgüter verschandelt (siehe Palmyra, Abu Simbel usw.).
Gegenstimme sagt: 25. August 2015 um 21:37
„Da Standesethos religiös begründet wird, wird auch die Arbeit religiös begründet. Die religiöse Begründung als solche wurde von den Protestanten und Calvinisten übernommen. Das ist für die Entwicklung des kapitalistischen Ethos sehr wichtig, da ohne diesen Zusammenhang kein Berufsethos entstanden wäre.
So wie Sie es geschrieben haben, haben Sie der Kirche fast jeden Einfluss abgesprochen. So einfach ist es nicht.“
Die kapitalistische Wirtschaftsordnung hat sich aber bereits VOR der Reformation entwickelt und zwar im katholischen Italien. Ihre Kausalität von Reformation-Arbeitsethos-Kapitalismus ist mehrheitlich widerlegt. Dass die Kirche gar keinen Einfluss gehabt hätte habe ich überhaupt nicht gesagt. Ich bestreite nur, dass die kirchliche Tradition eine Überlegenheit des europ. Kulturkreises zur Folge gehabt hat. DAS ist meine EINZIGE Intension.
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Gegenstimme sagt: 25. August 2015 um 21:37
„Steuern“ im mittelalterlichen Sinn sind außerordentliche Einnahmen und „Abgaben“ sind gewohnheitsrechtlich geregelte Einnahmen. Wieder ein Fall von Wikipedia-Besserwisserei. Ein Fürst hatte nicht das Recht, außerhalb der Gewohnheit willkürlich Steuern zu verlangen. Dazu bedurfte er der Zustimmung der Stände. Exactiones (Steuern) sind irreguläre, unbeliebte Geldeintreibungen und etwas ganz anderes als normale Abgaben, die dem Kammergut d.h. dem „Privatvermögen“ des Fürsten zuzurechnen waren. Wenn Thomas von Aquin von „Steuern“ spricht, meint er vermutlich – ich kenne die Stelle nicht – Grundabgaben. Der Fürst war ja nicht das „Land“, sondern die Stände. Das ist wissenschaftlicher Grundkonsens. Die heutigen Steuern haben mit den Regalien früherer Zeiten nur sehr wenig zu tun. Der heutige Staat kann nach Lust und Laune Steuern erhöhen und senken. Das ist ja eben der Unterschied und die tiefere Ursache, wieso sich solange keine leistungsfähige Verwaltung entwickelt hatte: Landesfürsten waren arm und abhängig….“
Auch gewohnheitsrechtliche Abgaben sind von der Definition her Steuern. Die sind ja nicht vom Himmel gefallen. Auch diese wurden festgelegt. Das hat nichts mit Besserwisserei zu tun. Weder habe ich bestritten, dass die Stände im Mittelalter Sonderabgaben zustimmen mussten, noch das diese unbeliebt waren. Ganz im Gegenteil, zur „Beliebtheit“ des kleinen Zehnt habe ich explizit was geschrieben. Die Abhängigkeit der Landesfürsten im Mittelalter habe ich ebenfalls schon beschrieben. Mit der Entwicklung der Geldwirtschaft ging diese aber stetig zurück. Warum wohl hat sich denn der Absolutismus entwickelt? Auch zweckgebundene Steuern waren im Mittelalter nur ein Teil der Medaille. Das Hochmittelalter kannte bereits indirekte Steuern und die waren noch nie an einen Zweck gebunden. Der heutige Staat kann schließlich ebenfalls nicht nach Lust und Laune Steuern erhöhen und senken. Was ist das für ein Demokratieverständnis?
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Gegenstimme sagt: 25. August 2015 um 21:37
„Dass das 18. Jahrhundert zum Mittelalter gehört,behaupten Sie.“
Dann lesen Sie sich mal den Kontext durch. TaiFei sagt: 24. August 2015 um 09:39: „BIS zur Neuzeit spielte Brandenburg/Preußen auch nur in der „Regionalliga““
Gegenstimme sagt: 24. August 2015 um 13:54 „Dass Preußen in der „Regionalliga“ gespielt haben soll, ist Unsinn, schließlich hat dieses Preußen schon im 18. Jahrhundert Schweden, Frankreich und Österreich in die Knie gewzungen.“
Das 18. Jh. gehört schon lange zur Neuzeit und erst hier (beginnend im 17. Jh.) gewann Brandenburg/Preußen eine überregionale bzw. später sogar kontinentale Rolle. Im Mittelalter war die Gegend eine arme Pampa.
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Gegenstimme sagt: 25. August 2015 um 21:37
„Die Japaner haben sogar preußische Militär- und Verwaltungsfachleute eingeladen, die ganze Justiz ist nach preußischem Vorbild organisiert worden. Nur das ignorieren Sie halt wie so vieles voll und ganz. Auch auf die Ausgestaltung der japanischen Verfassung von 1889 hatte Deutschland maßgeblichen Einfluss. Ohne denn Westen wäre Japan ein Entwicklungsland geblieben mit einer Tschunkenflotte. So sieht es aus!“
Das habe ich überhaupt nicht ignoriert. Schon wieder überlesen Sie wichtige Teile. Ich schrieb: TaiFei sagt: 25. August 2015 um 08:34 :„Preußen bzw. das neu gegründete dt. Reich hatte einige Parallelen zum Kaiserreich der Meiji-Zeit aufzuweisen, daher galt hier seitens der Japaner ein besonderes Interesse.“
Die Japaner haben aber eben nicht NUR preußische Fachleute eingeladen. Aus anderen Staaten waren ebenfalls etliche da. Zahlenmäßig überwogen sogar die Briten und gerade die jap. Flotte wurde eben nach brit. Vorbild gestaltet. Das gesamte Transportwesen wurde von den Briten übernommen. In der Medizin sind in Japan engl. Begriffe üblich und nicht Latein. Spätestens im Herbst 1914 haben die Japaner dann den „Preußen“ mächtig in den A… getreten. Also kommen Sie mal runter von Ihrem preußischen Streitross.
Carmen sagt: 26. August 2015 um 08:13
„Der Kirche einen kulturellen Beitrag an der europäischen Kunst abzusprechen, zeugt von gravierendem Unwissen, möchte nicht sagen Ignoranz, ….Fest steht, dass gerade der Orient seine Kulturgüter verschandelt (siehe Palmyra, Abu Simbel usw.).“
Den kulturellen Beitrag der Kirche hat NIEMAND in Frage gestellt. Ferner ist der DER ORIENT eine geographische und kulturelle Definition und somit überhaupt nicht in der Lage irgend etwas zu verschandeln. Genau solche undifferenzierten und pauschalisierten Kommentare zeugen von Unwissen und Ignoranz.
@Tei Fei Sehr schön, dass Sie das nicht in Frage stellen. Es ist halt nur der gegenteilige Eindruck entstanden. „Orient“ ist hier als Metapher verstanden, so viel Sprachgefühl muss schon sein. Wenn von „Europa“ geredet wird, regt sich ja auch keiner auf, wenn man damit eigentlich nur die EU meint. Das ist schon etwas siebenschlau.
@Tei Fei
1. Sie drehen sich in ihrer Argumentation ständig im Kreis, mal streiten Sie die Bedeutung der Kirche ab, mal revidieren Sie sich selbst, mal ist Luther maßgeblich, mal die katholischen Händler in Italien. Ich finde Ihre Argumentation ist etwas „selbstebzogen“ und nicht an der Sache orientiert. Die Kommentatoren hier wissen schon gar nicht mehr, was Sie eigtnlich wollen.
2. Wenn Sie der Ansicht sind, dass man mit Salzeinnahmen, Zöllen und Getränkesteuern einen Staat finanzieren kann, hätten sie recht. So ist es aber nicht. Steuern sind von der Definition her Abgaben, allerdings haben sich die Menschen früherer Zeiten nicht nach unseren Vorstellungen und Definitionen gerichtet. Wenn für den mittelalterlichen Menschen eine Steuer etwas anderes war als eine Grundabgabe, sollte man das auch ernst nehmen. Alles andere wäre selbstgerecht und nicht wissenschaftlich. Natürlich sind Abgaben festgelegt, doch waren sie halten eben nicht an eine „Steuerschraube“ gebunden, sondern an die bewährte Gewohnheit. Mehr als ein bestimmtes Quantum an Vieh und Getreide konnte der Bauer halt nicht abliefern. Wer hätte deshalb einen Aufstand riskiert?
„Echte“ Steuern wurden im Übrigen von der Landesherrschaft bzw. dem obersten Territorialherren eingezogen (bzw. durch die Stände), Grundabgaben vom Grundherrn. Schon das zeigt sehr deutlich den Unterschied, denn nicht jeder Grundherr war Landesherr. Im Unterschied zum heutigen Staat konnte ein Feudalherr nicht ohne Widerstände Steuern erhöhen. Das ist heutzutage anders. Dafür reicht nur ein Gesetz, der Bürger kann sich dagegen nur alle vier Jahre wehren. Früher konnte er sich gewaltsam zur Wehr setzen, das war rechtlich legal, und seinem Herrn Schaden zufügen.
3. Wenn Sie so unorganisiert-abgehackt mal dies mal das argumentieren, rückt halt auch einmal so etwas wie das Thema „Preußen“ ins Zentrum, selbst wenn es eigentlich um dass Mittelalter und die Kirche geht. Natürlich gehört das 18. Jahrhundert zur Neuzeit, aber eben auch zum Feudalzeitalter. Im 18. Jahrhundert bestanden viele mittelalterliche Strukturen fort. Insofern ist Ihr Kommentar etwas an den Haaren herbeigezogen.
4. Was hat die Diskussion, die Sie angestoßen haben, eigentlich noch mit dem Thema zu tun? Kommen Sie mal zur Sache!!!
@Carmen, genau sobald man pauschalisierende Kommentare gerade rückt, ist man halt siebenschlau.
@Gegenstimme
1.Wie schon zuvor erwähnt. Meine Position habe ich mehrfach GENAU artikuliert. TaiFei sagt: 26. August 2015 um 08:44 :“Ich bestreite nur, dass die kirchliche Tradition eine Überlegenheit des europ. Kulturkreises zur Folge gehabt hat. DAS ist meine EINZIGE Intension.“ Wenn Sie nicht in der Lage sind das zu erfassen, werfen Sie das bitte nicht mir vor. Ich darf Sie an mein Anfangsposting erinnern TaiFei sagt 10. August 2015 um 13:13 :“Ich glaube kaum, dass 60% ALLER Bilder je im Kirchenbesitz waren. Das dürfte selbst für 60% der Bilder aus dem europ. Raum schon kaum zutreffen, geschweige denn weltweit.“ Ich habe lediglich mal wieder eine pauschalisiert, unbewiesene Behauptung zurückgewiesen. Die ganze folgende Diskussion wurde MIR aufgezwungen.
2. Doch das IST wissenschaftlich. Ich darf nicht mittelalterliche Vorstellungen zum Maßstab meiner heutigen Bewertung machen. Nach mittelalterlichen Vorstellungen und Definition waren die Stände gottgegeben. Soll ich das ebenfalls so stehen lassen und sagen: „Ja im Mittelalter hat Gott die Stände geschaffen, sich dann später aber anders entschieden?“ Die damaligen Vorstellung sind höchsten relevant um das Funktionieren der damaligen Gesellschaft zu verstehen.
Das man sich früher gewaltsam gegen höhere Steuern wehrte, hat nichts damit zu tun, wie der heutige Staat die Steuererhebung betreibt. SIE haben diesen lächerlichen Vergleich herangezogen.
3. Mache ich gar nicht. Preußen wurde von [Ernst] in die Debatte eingeschoben.
4. Richtig die ganze Diskussion hat nichts mit dem Artikel zu tun. Sie wurde aber ebenfalls NICHT von mir angestoßen. Ich verweise auf mein Eingangsposting vom 10.08.2015 (siehe 1). Das war lediglich eine Relativierung. In der ganzen weiteren „Diskussion“ habe ich dann nur reagiert. Mein Ursprungsposting hat WEDER die Rolle der Kirche in Europa in Frage gestellt, NOCH die Grundlage des europäischen Primats erörtert und schon gar nicht die koloniale Beeinflussung anderer Kulturkreise oder gar die Rolle Preußens in der Weltgeschichte betroffen. Wenn Sie sich nicht die Mühe machen, diese ganze Diskussion auch von Anfang an nachzuvollziehen, dann werfen Sie mir bitte nicht vor, abzuschweifen. Das lag nicht in meiner Intension und auch nicht in meiner Hand.
@Carmen „Doch das IST wissenschaftlich. Ich darf nicht mittelalterliche Vorstellungen zum Maßstab meiner heutigen Bewertung machen.“ Aha dann müssten Sie also dass z.B. Küssen eines Königs durch einen Vasallen als sexuellen Akt verstehen. Tut mir Leid, Ihr Standpunkt ist völlig lächerlich. Sie haben doch vom Mittelalter keine Ahnung geben Sie es zu!
Ehemalige Grüne sagt: 27. August 2015 um 11:43
„Aha dann müssten Sie also dass z.B. Küssen eines Königs durch einen Vasallen als sexuellen Akt verstehen.“
Käse, ein Bruderkuss ist z.B. auch kein sexueller Akt. Und der durchaus übliche Bussi hat ebenso wenig mit Sex zu tun wie der Handkuss. Ihre unterstellte Kausalität ist nicht vorhanden. Ferner ging es im Kommentar um mittelalterliche Vorstellungen und Definitionen. Die kann die Wissenschaft heute nicht ungefragt einfach übernehmen. Vielleicht mag man im Mittelalter Abgaben nicht als Steuern interpretiert haben, aber der Großteil der europ. mittelalterlichen Gesellschaft interpretierte damals auch die Erde auch als das Zentrum des Universums und den Landesfürsten als gottgewollten Herrscher. Und, wo liegt da die Relevanz für die heutige Bewertung? Steuern und Abgaben sind als synonym zu verstehen. Das behaupte nicht nur ich oder die vielgeschähte Wiki, nein auch der dt. Duden. Das ist der Punkt.
@Tei Fei Natürlich ist ein Bruderkuss unter Männern kein sexueller Akt. Aber er ist unserer modernen westlichen Kultur fremd und würde außer in Russland und Sizilien folglich wohl überall falsch verstanden werden. Das ist der Punkt. Hier liegt durchaus ein kausaler Zusammenhang, denn ohne Wissen um die Wertvorstellungen damaliger Zeiten ist es unmöglich, eine längst vergangene Epoche zu bewerten. Das wäre historischer Chauvinismus.
Genau den Fehler, den Sie machen, hat die historische Wissenschaft ja lange Zeit gemacht. Sie hat das Mittelalter mit modernen Vorstellungen beurteilt und ist folglich zu völlig falschen Schlüssen gekommen. Z.B. war lange Zeit vom „Staat des Mittelalters“ die Rede, was völlig unsinnig ist. Auch wurden Teile des politischen Geschehens überhaupt nicht verstanden, weil man sich des rituellen Charakters vieler Handlungen nicht bewusst war. Sie können ja auch nicht das Handeln eines Urwaldmenschen mit den Denkkategorien eines New Yorkers beurteilen. Wenn Sie das tun, kommt Murx heraus. Was können Sie z.B. schon mit einer deditio anfangen, wenn Sie vorher nicht aufgeklärt wurden? Schon aus solchen und ähnlichen Gründen ist es unmöglich, moderne Wertmaßstäbe ans Mittelalter anzulegen.
Steuern und Abgaben sind genauso wenig ein Synonym wie das Fischen und das Töpfern. Beides ist für die Menschen, die diese Tätigkeit ausüben etwas anderes. Darum ist „Arbeit“ als Abstraktum durchaus nicht in allen Kulturen ein Begriff. Ähnlich ist es mit der Steuer. Sie war halt für den mittelalterlichen Menschen nicht das gleiche wie eine Grundabgabe eben aus dem Grund weil eine „Grundabgabe“ bzw. eine „Steuer“ an andere rechtliche Vorgänge und andere soziale Interaktionen gebunden war. Die Relevanz für die heutige Bewertung liegt darin, dass es ohne außerordentliche Steuern keinen Staat gäbe. Mit Salzmonopolen und landwirtschaftlichen Abgaben könnte kein Fiskus heute lange durchhalten. Wen Sie Grundabgaben und Steuern als ein und dasselbe ansehen, entgeht ihnen halt ein wichtiger Teil historischer Erkenntnis. Die Tätigkeit eines Landesfürsten war „gottgewollt“, nicht nur weil das der Landesfürst so sah (modernes Klischee), sondern weil eine Herrschaft ohne Adel undenkbar gewesen wäre (damalige Auffassung). Wäre hätte den in einer Gesellschaft ohne Staat Herrschaft ausüben sollen?
PS: Der Hinweis auf die Vorstellung, die Erde sei nur eine Scheibe, soll vermutlich suggerieren, dass dem mittelalterlichen Menschen der Horizont fehlte, das hat aber mit Steuern und Abgaben nichts zu tun (das entlarvt ihre Denkweise!). Außerdem stammte diese Lehre nicht aus dem Mittelalter, sondern aus der Antike, die Sie ja als so fortschrittlich ansehen. Tatsächlich war die Vorstellung von der Erde als Kugel im Mittelalter durchaus präsent. Sie pflegen hier ein Klischee aus dem 19. Jahrhundert. Die deutschen Könige hatten ja nicht ohne Grund einen Reichsapfel und keine Reichsscheibe!
Ihre Art der historischen Auffassung beflügelt nur Klischees. Nehmen Sie mal zur Kenntnis, dass auch andere Kulturen einen Eigenwert haben.