Umfrage
Jeder vierte Akademiker erlebt Diskriminierung bei Bewerbungen
Jeder vierte deutschsprachige Studierende wurde selbst schon wegen seines Geschlechts oder seiner Herkunft bei der Jobvergabe benachteiligt oder musste dies direkt im Bekanntenpreis mitverfolgen. Die Meisten gehen davon aus, dass es bei der Jobvergabe nicht fair zugeht. Dass Stellenbesetzungen vorurteilsfrei ablaufen, glauben nur zwölf Prozent. Dies ergab eine Befragung einer Stellenvermittlungsplattform unter deutschsprachigen Studierenden.
Freitag, 21.08.2015, 8:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 24.08.2015, 17:31 Uhr Lesedauer: 1 Minuten |
Die Suche nach dem Königsweg zu fairen Jobchancen beschäftigt die Arbeitsmarktpolitik seit vielen Jahren. Quotenregelungen, beispielsweise für einen festen Frauenanteil in der Belegschaft, werden nicht nur von der Wirtschaft abgelehnt, sondern auch von vielen Frauen: Sie wollen nicht wegen einer Quote, sondern wegen ihrer Fähigkeiten Karriere machen. Ähnliche Probleme haben Bewerber aus anderen Kulturkreisen: Sie werden allein wegen des fremd klingenden Namens seltener eingeladen, wie eine Studie mehrerer deutscher Stiftungen 2014 zeigte.
Anonyme Bewerbungen fairer
Junge Akademiker sprechen sich deshalb für anonymisierte Bewerbungen ohne Foto, Namen und Angaben zu Geschlecht und Herkunft aus: 77 Prozent der Studierenden gaben an, dass dieses Verfahren ihrer Ansicht nach fairer ist. Dabei wird die anonyme Bewerbung je nach Studienrichtung durchaus unterschiedlich beurteilt. Mehr als die Hälfte der Geisteswissenschaftler hält sie für den richtigen Weg, um eine faire Geschlechterverteilung zu erreichen. Bei den traditionell wirtschaftsnäheren Studiengängen Jura und den Wirtschaftswissenschaften sind es nur 38 Prozent. Dies ergab eine Befragung der Stellenvermittlungsplattform TALERIO unter 1.009 deutschsprachigen Studierenden.
42 Prozent der Juristen hingegen vertreten die Ansicht, dass Unternehmen es durch anonyme Bewerbungen schwerer hätten, passende Kandidaten zu finden. Bei den Gesellschaftswissenschaften denken dies nur 22 Prozent der Befragten. Die Juristen gehen allerdings am ehesten davon aus, dass die anonyme Bewerbung irgendwann gesetzlich vorgeschrieben wird: Jeder Vierte aus diesem Studiengang ist dieser Ansicht.
Vorteile für Unternehmen
Aus Sicht von TALERIO-Geschäftsführer Marlon Litz-Rosenzweig hat das Verfahren durchaus Vorteile für Unternehmen: „In der Vorauswahl erhalten dadurch Bewerber eine Chance, die hervorragend passen, aber im normalen Verfahren möglicherweise durchs Raster fielen. Zudem garantiert das anonyme Verfahren Rechtssicherheit, denn dadurch werden Verstöße gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ausgeschlossen.“ (hs) Aktuell Gesellschaft
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Nur wenn die Betroffenen sich konsequent bei der Anti-Diskriminierungsstelle des Bundes entweder beschweren oder Rat einholen und/oder Schadenersatzansprüche einklagen, wird der Druck auf alle Arbeitgeber so groß werden, dass das anonymisierte Bewerbungsverfahren kommt. Dabei geht es nicht um die Ansprüche jedes/jeder einzelnen, sondern um die Gesamtheit der Beschwerden, die entsprechenden Druck aufbauen. Ohne Druck geht es nicht! Einige Arbeitgeber haben dies aber schon kapiert und verfolgen Diversity-Konzepte. Es müssen mehr werden!