Interview mit Dietmar Woidke
Der Bund steht klar in der Verantwortung
Am Donnerstag verhandeln Bund und Länder über Aufgaben- und Kostenverteilung bei der Versorgung von Flüchtlingen. Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Dietmar Woidke (SPD), erwartet von der Regierung mehr Geld. Dass man überhaupt darüber diskutieren muss, hält er für "überaus schäbig".
Von Corinna Buschow, Johannes Süßmann Dienstag, 22.09.2015, 8:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 23.09.2015, 1:42 Uhr Lesedauer: 6 Minuten |
Herr Ministerpräsident, angesichts der steigenden Zahl von Flüchtlingen herrscht in vielen Orten Notstand. Asylsuchende werden in Zelten oder Hallen untergebracht. Was geht Ihnen bei diesen Bildern durch den Kopf?
Dietmar Woidke: Ich bin vor allem beeindruckt von der großen Hilfsbereitschaft der Menschen in Deutschland. Allein in Brandenburg gibt es fast 100 Initiativen, die sich engagieren für Menschen, die auf der Flucht vor politischer Verfolgung oder Krieg sind. Auf der anderen Seite ist es aber auch so, dass wir mit der entstandenen Dynamik in den vergangenen Wochen sehr stark gefordert sind. Haupt- und Ehrenamtliche arbeiten am Limit.
Brandenburg wird nach bisherigen Schätzungen bis Jahresende 24.000 Flüchtlinge aufnehmen. Das entspräche etwa einem Prozent der Bevölkerung. Wie groß ist die Herausforderung wirklich?
Woidke: Wir haben bei den Zugängen im Vergleich zu 2014 eine Steigerung um etwa das Fünffache. Noch am Jahresanfang war das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge davon ausgegangen, dass bundesweit rund 200.000 Menschen in diesem Jahr kommen. Die Prognose liegt jetzt bei 800.000, auf Brandenburg entfallen davon 24.000. Darauf hatten wir uns vorbereitet, für diese Zahl von Menschen gibt es feste Unterkünfte. Nun ist absehbar, dass wir sogar noch darüber liegen. Ich rechne mit bis zu 30.000 Flüchtlingen. Das kann dazu führen, dass Menschen in Zelten untergebracht werden müssen.
Auch im Winter?
Woidke: Wir versuchen alles, um das zu umgehen, besonders für Familien mit Kindern. Ich kann aber eine Unterbringung in beheizten Zelten nicht ausschließen.
Kann der Bund hier helfen?
Woidke: Er will Immobilien zur Verfügung stellen. Ich erwarte, dass er sie selbst auch so herrichtet, dass dort Flüchtlinge untergebracht werden können. Eines ist mir neben einer menschenwürdigen Unterbringung aber genauso wichtig: Die größere Herausforderung besteht darin, die Menschen möglichst schnell zu integrieren. Das kommt mir momentan zu kurz.
Am kommenden Donnerstag treffen Sie und Ihre Amtskollegen aus den Ländern Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zum Flüchtlingsgipfel. Welche Beschlüsse erwarten Sie in diesem Punkt?
Woidke: Die Grundlage für eine gute und erfolgreiche Integration ist die schnelle Entscheidung darüber, ob jemand Asyl bekommt oder nicht. Ich bin sehr dankbar, dass der Bund angekündigt hat, dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge weiteres Personal zur Verfügung zu stellen, um die Verfahren zu beschleunigen. Die Entscheidung über den Anspruch auf Asyl muss in der Erstaufnahmeeinrichtung fallen. Werden Asylbewerber vorher in die Kommunen verteilt, blockieren sie Plätze in Wohnungen, Kitas, Schulen, Hochschulen. Je länger die Verfahren dauern, desto schwieriger wird es außerdem, Antragsteller zurückzuschicken. Nach anderthalb Jahren sprechen die Leute in der Regel gut Deutsch, die Kinder sind in der Schule und die Erwachsenen haben Arbeit. Dann fragt sich natürlich jeder: Warum eine Abschiebung?
Nach dem Treffen mit der Kanzlerin in der vergangenen Woche hieß es, die Beschleunigung der Verfahren stoße an Grenzen, weil viele Entscheidungen vor Gericht landen. Wie wollen Sie das vermeiden?
Woidke: Eine Einschränkung der Rechtsmittel halte ich auf der Grundlage des Grundgesetzes nicht für möglich. Es gibt andere Wege, die Verfahren zu beschleunigen, etwa durch eine Spezialisierung an den Verwaltungsgerichten. Brandenburg hat einen entsprechenden Vorstoß in den Bundesrat eingebracht.
Welche Antworten auf die Flüchtlingskrise erwarten Sie außerdem vom Gipfel in der kommenden Woche?
Woidke: Ich erwarte, dass man auch darüber redet, wie mit Menschen umgegangen wird, die sich einer rechtskräftigen Abschiebung verweigern. Es kann nicht sein, dass sie die gleichen Leistungen weiter erhalten.
Sie stimmen also Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) zu, der sagt, dass die Sozialleistungen ein Anreiz sind, nach Deutschland zu kommen?
Woidke: Wenn ein Polizist in Albanien 200 Euro im Monat verdient und mit seiner Familie hier ein Vielfaches dessen bekommt, kann das schon ein Anreiz sein. Auf der anderen Seite haben wir nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts die Verpflichtung, den Menschen gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Kurzum: Das ist eine schwierige Diskussion, aber wir werden schwierige Diskussionen führen müssen in den kommenden Monaten. Aktuell Politik
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Auf denn in ein neues, durch Einwanderung verjüngtes Preußen! Die Syrer werden ohnehin von einigen als die „Preußen“ unter den Arabern oder im Nahen Osten bezeichnet.
@Flüchtlingspolitik:
Irgendwas kommt mir bei dieser Flüchtlingsdebatte „spanisch“ vor.
-Warum brennen dann immer noch ständig irgendwelche Flüchtlingsheime…?
-Warum werden in Kriegsgebiete Waffen verkauft……?
Oder …….., nichts gegen Flüchtlinge, soll das den Geburtenrückgang in Deutschland kompensieren?
(Hab mal irgendwo gelesen das Deutschland pro Jahr 400.000 Einwanderer braucht um die Einwohnerzahl aufrecht zu erhalten. Sonst hätten wir bald mehr Rentner als Arbeiter…..).
Wieso werden die Flüchtlinge nicht proportional gleich in EU-Länder verteilt.
Alle sollen/wollen nach Deutschland.