Europarat
Eine besorgniserregende Zunahme von Fremdenfeindlichkeit in Deutschland
Der Europarat attestiert Deutschland in einem aktuellen Bericht eine besorgniserrgende Zusanhme von Fremdenfeindlichkeit. Vor allem für Muslime und Juden sei das Klima feindseliger geworden. Der Menschenrechtskommissar fordert zudem ernsthafte Konsequenzen aus dem NSU-Komplex.
Freitag, 02.10.2015, 8:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 06.10.2015, 1:11 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Der Europarat hat nach eigener Einschätzung eine besorgniserregende Zunahme von Fremdenfeindlichkeit in Deutschland festgestellt. Das Klima sei für Muslime, Juden und andere Bevölkerungsgruppen feindseliger geworden, heißt es in einem Bericht, den der Europarats-Ausschuss für Minderheitenschutz in Straßburg am Donnerstag veröffentlichte. Die Untersuchung deckt den Zeitraum 2010 bis Frühjahr 2015 ab. Die zahlreichen „Pegida“-Demonstrationen in etlichen deutschen Städten seien alarmierend. Zudem würden Roma-Angehörige aus anderen europäischen Ländern häufig abwertend als „Armutsmigranten“ bezeichnet, meinen die Europarats-Fachleute.
Der Ausschuss rügt auch bestimmte Wahlslogans wie den NPD-Aufruf „Geld für Oma, nicht für Sinti und Roma“. Dass deutsche Richter diesen Slogan als rechtskonform eingestuft hätten, werfe die Frage auf, ob das entsprechende Gesetz gegen Hassreden angemessen formuliert sei, meinen die Minderheitenschützer. Sie sind außerdem der Ansicht, dass mehr getan werden müsse, um das Vertrauen der Minderheiten in die Polizei zu stärken. Dieses sei durch die fortdauernde Praxis des ethnischen Profiling und „ernste Lücken“ bei der Untersuchung rechtsextremer Vorfälle erschüttert worden, rügen sie.
In diesem Zusammenhang forderte der Europarats-Menschenrechtskommissar, Nils Muiznieks, von Deutschland, ernsthaftere Konsequenzen aus der NSU-Affäre zu ziehen. Die Bundesrepublik müsse sich endlich eingestehen, dass es ein generelles Systemversagen bei der Verfolgung der rechtsextremen Terrorgruppe gegeben habe, schreibt er in einem separaten Bericht. Diesen stellte er am Donnerstag in Berlin vor.
Es seien zwar Gegenmaßnahmen wie Schulungen zur interkulturellen Kompetenz ergriffen worden, sagte Muiznieks. Es sollte jedoch auch verstärkt pädagogische Programme zu Rassismus für Justiz- und Polizeibeamte geben. Darüber hinaus forderte er eine unabhängige Beschwerdestelle bei der Polizei, an die sich Bürger wenden könnten, sollten sie Bedenken bei der Verfolgung rassistischer Straftaten haben.
Mit Blick auf die europaweite Flüchtlingssituation lobte Muiznieks Deutschlands Rolle in der EU. Insbesondere die Solidarität der Zivilgesellschaft sei beeindruckend, sagte er. Positiv wertete er auch Deutschlands Engagement, Flüchtlinge auf die EU-Mitgliedsstaaten fair zu verteilen. Die Bundesrepublik habe etliche Schutzsuchende nicht in das Land zurückgeschickt, in dem sie laut der Dublin-Verordnung eigentlich hätten Asyl beantragen müssen. Damit habe Deutschland indirekt eingestanden, dass das Dublin-System überholt sei und geändert werden müsse.
Die Bundesregierung lobte den Muiznieks-Bericht in einer ersten Reaktion als „konstruktiv und hilfreich“. Zum Bericht des Minderheiten-Ausschusses leitete sie dem Europarat zwei kritische Anmerkungen des Bundesjustizministeriums und des Bundeslandes Sachsen weiter. Diese beklagen sich, der Ausschuss habe stellenweise unsauber gearbeitet. So kritisiert die sächsische Landesregierung, der Ausschuss habe fälschlicherweise einen Zusammenhang zwischen „Pegida“-Demonstrationen und einer tödlichen Messerattacke auf einen Eritreer in Dresden hergestellt. Beide Ereignisse hätten nichts miteinander zu tun gehabt. (epd/mig) Aktuell Gesellschaft
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