Notfalls mit Bundeswehr
Bundesregierung dringt auf schnellere Abschiebungen
Die Bundesregierung fordert die Länder zu konsequenteren Abschiebungen von Flüchtlingen auf. Der Bund will notfalls sogar mit der Bundeswehr unterstützten.
Donnerstag, 22.10.2015, 8:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 22.10.2015, 21:21 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Die Bundesregierung dringt auf eine schnelle Rückführung abgelehnter Asylbewerber. Man erwarte, dass die Länder, die für Abschiebungen zuständig sind, diese Aufgabe „zügig und nachhaltig“ erfüllen, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin. Das Kabinett hatte zuvor darüber beraten, wie abgelehnte Asylbewerber schneller zurückgeschickt werden können. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kündigte unterdessen an, dass sie am Sonntag zu einem Flüchtlings-Sondertreffen mit anderen europäischen Staats- und Regierungschefs nach Brüssel reisen werde.
Seibert zufolge sollen bei Abschiebungen künftig Flugkapazitäten der Bundeswehr eingesetzt werden, wenn die zivilen Ressourcen nicht ausreichen. Zivile Flüge hätten aber weiterhin Priorität, betonte Seibert. Der Sprecher von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU), Jens Flosdorff, sagte, das Personal zur Durchsetzung der Abschiebungen müsse weiterhin von der Polizei zur Verfügung gestellt werden, da die Bundeswehr laut Grundgesetz keine hoheitlichen Aufgaben im Inland übernehmen darf. Laut Flosdorff könnten bei Abschiebungen sogenannte Truppentransporter zum Einsatz kommen.
Nach Angaben von Innenministeriumssprecher Johannes Dimroth wurde im Kabinett zudem eine Prüfung der bisherigen Kriterien für eine Duldung von Ausländern verabredet. Dimroth zufolge sind derzeit rund 193.000 Ausländer in Deutschland ausreisepflichtig. Mehr als 140.000 davon sind aber geduldet und können gar nicht abgeschoben werden. Die Verwaltungspraxis bei der Erteilung von Duldungen soll nun geprüft werden.
Die Flüchtlingsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoğuz (SPD), erklärte nach der Kabinettssitzung, man müsse weiter dafür Sorge tragen, dass Abschiebungen auf „menschliche Art und Weise“ passierten. Deutliche Kritik an der möglichen Unterstützung durch die Bundeswehr kam von der Opposition. Der Bundeswehr fehlten dafür die Befugnisse, sagte die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Ulla Jelpke. Der Grünen-Innenpolitiker Volker Beck sagte, zur Durchsetzung von Abschiebungen würden nicht mehr Zwang, sondern mehr Programme zur Förderung der freiwilligen Rückkehr gebraucht.
Sondergipfel in Brüssel
Am Sonntag wollen Bundeskanzlerin Merkel und neun andere europäische Staats- und Regierungschefs angesichts der Flüchtlingskrise zu einem Sondertreffen in Brüssel zusammenkommen. Im Zentrum der Diskussionen soll die „sich verschärfende Notlage“ in den Ländern entlang der Balkanroute stehen, wie es am Mittwoch aus der EU-Kommission hieß. Neben Merkel wollen ihre Amtskollegen aus Österreich, Ungarn, Griechenland, Kroatien, Slowenien, Bulgarien, Rumänien, Serbien und Mazedonien nach Brüssel reisen.
Angesichts der drängenden Probleme seien eine viel engere Zusammenarbeit und ein sofortiges Handeln nötig, unterstrich die EU-Kommission. Ziel des Sondertreffens sei die Verständigung auf „operationelle Beschlüsse“, die umgehend in die Tat umgesetzt werden könnten. Merkel selbst habe den Anstoß zu dem Treffen gegeben, sagte Regierungssprecher Seibert in Berlin.
Die Situation in Slowenien und anderen Ländern an der Westbalkanroute hatte sich in den vergangenen Tagen weiter verschärft: So stimmte das slowenische Parlament am Mittwoch angesichts des Flüchtlingsandrangs dafür, künftig auch Militäreinsätze an den Grenzen zu ermöglichen. Die EU-Kommission erklärte, dass die EU-Staaten grundsätzlich selbst entscheiden könnten, welche Mittel sie an ihren Grenzen einsetzten. Nach ihrem Verständnis diene der mögliche Militäreinsatz in Slowenien dazu, bei der Verteilung von Hilfsgütern an Flüchtlinge zu helfen, sagte eine Sprecherin. (epd/mig) Aktuell Politik
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