Große Empörung
KiTa lehnt Einstellung eines „männlichen“ syrischen Flüchtlings ab
Eine evangelische Kita in Niedersachsen wollte einen Syrer einstellen. Dann ruderte die Leitung zurück und begründete dies mit Sorgen von Eltern. Diakonie, Landeskirche und Kirchenkreis distanzieren sich, doch die Empörung ist groß.
Montag, 01.02.2016, 8:20 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 01.02.2016, 17:54 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Der Umgang einer evangelischen Kindertagesstätte im niedersächsischen Bleckede bei Lüneburg mit einem syrischen Flüchtling sorgt in den sozialen Netzwerken für Empörung. Die Kita-Leiterin hatte in einem Aushang mitgeteilt, dass es „aufgrund der nachvollziehbaren Sorge einiger Eltern, einen männlichen Syrer bei uns zu beschäftigen“, nun doch keine Anstellung des Mannes geben werde. Die hannoversche Landeskirche, die Diakonie in Niedersachsen und der Kirchenkreis Bleckede distanzierten sich am Freitag deutlich von dem Schreiben.
„Die sehr unglückliche Formulierung könnte unterstellen, es bestehe bei männlichen Zufluchtsuchenden generell Anlass zu Sorge vor Übergriffigkeiten“, heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme. Dies sei in keiner Weise die Haltung der Kirche. „Die Kita-Leitung hat mit dem Aushang eigenmächtig, unüberlegt und ohne Absprache gehandelt. Sie hat die Folgen ihres Handelns nicht überblickt.“ Diakonie-Sprecher Sven Quittkat sagte dem epd: „Der Vorfall wird von den Verantwortlichen in der nächsten Woche geprüft.“
Stimmung der Eltern entschärfen
Die Kindertagesstätte hatte den Angaben zufolge überlegt, den Flüchtling aus Syrien befristet als Hilfskraft anzustellen. Dabei hätte die Betreuung der Kinder in den Gruppen nicht zu seinen Aufgaben gehört. Die Anstellung sei allerdings daran gescheitert, dass der Mann ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis gebraucht hätte. Dieses könne er aber wegen seines Flüchtlingsstatus nicht bekommen. Die Polizei könne nur über die Zeit ein Zeugnis ausstellen, die ein Flüchtling bereits in Deutschland sei, erläuterte Quittkat. „Das schafft im Moment generell Probleme, diese Menschen in Schulen oder Kitas zu beschäftigen.“
Die Initiative dazu, den jungen Mann als Ein-Euro-Hilfskraft anzustellen, sei ursprünglich von der Kita-Leiterin selbst ausgegangen, sagte Bleckedes Superintendent Christian Cordes. Sie sei guten Willens gewesen. Nach Angaben von Kirche und Diakonie reagierte die Leiterin dann jedoch auf zum Teil heftige Vorbehalte von Eltern. „Offensichtlich hatte die Kita-Leitung das Gefühl, auf eine aufkommende Stimmung der Eltern entschärfend reagieren zu müssen.“
Empörung in den sozialen Netzwerken
Ein Foto des auf den 26. Januar datierten Aushangs sorgte in den sozialen Netzwerken für empörte Kommentare und zog schnell Kreise. „Es gibt eine Reihe von Nachfragen aufgrund der Veröffentlichung“, sagte ein Sprecher der hannoverschen Landeskirche dem epd. Quittkat berichtete von Anrufern vor allem aus Bleckede selbst. Nach dem Aufruhr um einen erfundenen toten Flüchtling in Berlin hätten sie zunächst einmal wissen wollen, ob die über das Internet verbreitete Geschichte aus ihrem Ort echt oder ebenfalls gefälscht sei.
Auf Facebook posteten Nutzer: „Kein Fake… leider“. „Was für ein beschämendes Verhalten, was für eine rückgratlose Unverschämtheit, was für eine dumme Reaktion auf den unreflektierten Aufschrei ‚besorgter Eltern'“, schreibt jemand auf der Seite des „Bleckeder Bündnisses für Toleranz“. Dort betont ein weiterer Kommentator: „Am schlimmsten finde ich ’nachvollziehbare Sorge'“. Eine Frau warnt aber auch davor, die „besorgten Eltern“ gleich als Rassisten zu verurteilen. (epd/mig) Aktuell Gesellschaft
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