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Hotspots und Finanzspritzen

Viele Baustellen der Flüchtlingskrise vor dem EU-Gipfel

Die Flüchtlingssituation steht auf dem anstehenden EU-Gipfel ganz oben auf der Agenda. Hotspots, die faktisch abgeschaffte Dublin Reglung, Umverteilung von Flüchtlingen und Finanzspritzen an die Türkei stehen auf der To-Do. Von Phillipp Saure

Von Phillipp Saure Mittwoch, 17.02.2016, 8:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 22.02.2016, 17:09 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Am Donnerstag kommen die europäischen Staats- und Regierungschefs zu einem Gipfeltreffen in Brüssel zusammen. Neben den von Großbritannien gewünschten Reformen steht erneut die Flüchtlingssituation ganz oben auf der Agenda. Es gibt viele Baustellen: Von halbfertigen „Hotspots“ in Südeuropa über das faktisch außer Kraft gesetzte Dublin-System und die schleppende Umverteilung von 160.000 Menschen bis zu milliardenschweren Finanzspritzen für die Türkei.

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Europa hat einiges auf den Weg gebracht. So beschlossen die EU-Regierungen im September die Umverteilung von 160.000 Menschen vor allem aus Griechenland und Italien in weniger bedrängte Mitgliedstaaten. Daneben konzipierte die Union sogenannte Hotspots, um Neuankömmlinge in Italien und Griechenland zu registrieren. Dort sollen Wirtschaftsmigranten von echten Flüchtlingen getrennt, aber beispielsweise auch Terroristen herausgefiltert werden. Verabredet wurden ein gemeinsamer Aktionsplan mit der Türkei samt finanziellen Hilfen, neue Einsätze der Grenzschutzagentur Frontex und immer wieder die engere Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten selbst.

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Doch bei der Umsetzung hakt es immer wieder. Einem Bericht der EU-Kommission von vergangener Woche zufolge sind auf der westlichen Balkanroute Unterkünfte für Migranten nicht fertig. Für die „Hotspots“ auf Griechenland fehlen demselben Bericht zufolge Busse, um die Flüchtlinge auf den Inseln zu transportieren, und Übersetzer, um mit ihnen zu sprechen. Auch die „Hotspots“ selbst waren lange nicht fertig, hier haben die Griechen aber in den vergangenen Tagen offenbar aufgeholt. „Vier von fünf sind in Betrieb“, sagte am Dienstag ein Sprecher der griechischen Vertretung bei der EU in Brüssel.

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Die für die Türkei in Aussicht gestellten drei Milliarden Euro wurden wochenlang durch EU-Querelen blockiert. Und auch die Bundesregierung erhielt jüngst „blaue Briefe“, in denen die Kommission die Umsetzung von zwei EU-Asylgesetzen anmahnte. Drastisch manifestiert sich das Defizit bei der Umverteilung: Von den 160.000 Menschen waren bis vergangene Woche nicht einmal 600 in andere EU-Staaten gebracht worden.

Das Beispiel Umverteilung offenbart, was europäische Politiker als mangelnden Zusammenhalt gegeißelt haben. „Jeden Tag darüber schwätzen, dass man solidarisch sein muss, und dann, wenn es darauf ankommt, nicht bereit sein“, schimpfte etwa der CDU-Europaparlamentarier Herbert Reul in der vergangenen Woche und zielte damit auf die EU-Regierungen.

Österreichs Außenminister Sebastian Kurz urteilte vor wenigen Tagen, Griechenland habe sich als Transitland eingerichtet und denke nicht an die Probleme in den Aufnahmeländern. Die EU-Kommission monierte ein „Durchwinken“ der Flüchtlinge in die jeweiligen Nachbarstaaten. Das geltende Dublin-System sieht eigentlich das Gegenteil vor: Danach muss ein Flüchtling dort Asyl beantragen, wo er zuerst europäischen Boden betritt.

Während die Zusammenarbeit innerhalb der Union stottert, ist die Zusammenarbeit mit manchem Partner erst recht umstritten. Die Türkei macht immer wieder durch Menschenrechtsverletzungen von sich reden und avanciert doch in der Krise zum privilegierten Partner. Ende vergangenen Jahres wurde ein gemeinsamer Aktionsplan aktiviert. In der Türkei will die EU mit viel Geld Syrern Perspektiven bieten. Ein Ziel dabei: Die Flüchtlinge vom Weiterziehen auf EU-Gebiet abhalten.

Dabei habe die Türkei die Genfer Flüchtlingskonvention nur mit Vorbehalt ratifiziert, wendet Pro Asyl ein. Zudem habe das Land bereits zweieinhalb Millionen Flüchtlinge aufgenommen und solle dennoch zum „Türsteher Europas“ gemacht werden, sagte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt. „Damit verspielt man weltweit in den UN und anderen Foren die Legitimation, für die Menschenrechte einzutreten.“ (epd/mig) Leitartikel Politik

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