Kehrtwende nach Kritik
Sachsens Regierung reagiert auf ausländerfeindliche Übergriffe
Die einen sehen den Wendepunkt in der umstrittenen sächsischen Landespolitik, die anderen eine "Beruhigungspille". Das Kabinett von Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) will Flüchtlinge besser integrieren und die Sicherheit im Freistaat erhöhen.
Montag, 07.03.2016, 8:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 07.03.2016, 17:25 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Auf die ausländerfeindlichen Übergriffe in Sachsen hat die Landesregierung mit einem Paket zur Stärkung der Polizei und zur besseren Integration von Flüchtlingen reagiert. Die am Freitagabend vorgestellten Pläne des CDU-SPD-Kabinetts sind am Wochenende auf Vorbehalte der Opposition und in der Zivilgesellschaft gestoßen.
Die sächsische Regierung will bei Polizei und Justiz den bis 2020 geplanten Personalabbau aussetzen. Das betrifft bei der Polizei 676 und in der Justiz 370 Stellen. Die Zahl der Polizeianwärter soll noch in diesem Jahr von 100 auf 500 erhöht werden. Die mobilen Einsatz- und Fahndungsgruppen sollen stärker gegen Rechtsextremisten und politisch motivierte Straftäter vorgehen. Zudem sollen die Beamten besser im Umgang mit Extremismus und in interkultureller Kompetenz geschult werden.
CDU: „Sinnvolle Maßnahmen“
Zur Verbesserung der Integration von Flüchtlingen soll der Erwerb der deutschen Sprache stärker als bisher gefördert werden. Zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt werde das Wirtschaftsministerium „Arbeitsmentoren für Geflüchtete“ bereitstellen. Besondere Veranstaltungen sollen auf Tätigkeiten in Landwirtschaft und „Grünen Berufen“ hinweisen. Um die Teilnahme von Flüchtlingen am Sport zu fördern, soll der Landessportbund bis 2018 zweckgebunden 200.000 Euro erhalten.
Die CDU sprach am Freitagabend von „sinnvollen Maßnahmen“. Fraktionschef Frank Kupfer erklärte: „Die Antwort auf Rechtsextremismus muss ein starker Staat sein.“ Koalitionspartner SPD sprach von einem Wendepunkt in der sächsischen Politik. Der Chef der Sozialdemokraten im Landtag, Dirk Panter, kündigte eine zügige parlamentarische Umsetzung des Regierungsplans an.
„Demokratie ist nicht selbstverständlich, sondern muss ständig aktiv gelebt und auch gegen vielfältige Bedrohungen verteidigt werden“, heißt es in dem Kabinettsbeschluss. Beleidigungen von Flüchtlingen, brennende Asylbewerberheime sowie Angriffe auf Schutzbedürftige, Helfer, Polizisten und Politiker „beschämen die Mehrheit der Sachsen“, erklärte die Regierung.
Linke: „Beruhigungspille“
Kritik kam von der Opposition. Die Linke nannte das Paket eine „Beruhigungspille“. Ihr Fraktionsvorsitzender Enrico Stange sagte, das Kabinett habe einen Plan der Luftschlösser gefasst. Schon jetzt fehle es an Fahndungsdruck bei der Polizei. Offen bleibe die Frage, wie der Anteil von Beamten mit Migrationshintergrund schnell erhöht werden könne.
Das Bürgerbündnis „Dresden für alle“ erklärte am Samstag, dass Sachsen damit noch nicht seine Defizite im Vergleich zu anderen Bundesländern aufschließe. In dem Paket sei ein Teil der Forderungen des Bürgerbündnisses abgedeckt worden. Es müsse weiterhin darauf geachtet werden, dass bei der Umsetzung die Zivilgesellschaft einbezogen werde: „Herr Tillich hat den ehrenamtlichen Akteuren Mitgestaltung versprochen, daran werden wir ihn unermüdlich erinnern“, sagte Sprecher Eric Hattke.
In den vergangenen Wochen und Monaten gab es in Sachsen wiederholt fremdenfeindliche Übergriffen auf Flüchtlinge und ihre Einrichtungen. Zuletzt war das Land in den Schlagzeilen wegen Vorfällen in Bautzen und Clausnitz. Tillich hatte zunächst gesagt, er sehe keine ausgeprägte Ausländerfeindlichkeit in seinem Bundesland. Nach heftiger Kritik ruderte er zurück und räumte Probleme ein. (epd/mig) Aktuell Politik
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