Anzeige
Sven Bensmann, Migazin, Kolumne, bensmann kolumne
MiGAZIN Kolumnist Sven Bensmann © privat, bearb. MiG

Gelichter

Getürkte Presse

Wenn es in der Presse mal wieder zugeht, wie im Zoo, dann kann eigentlich nur einer dafür verantwortlich sein: Max Kruse

Von Dienstag, 05.04.2016, 8:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 06.04.2016, 17:40 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

+++ Breaking News: Skandal im Tierpark – Zoo-Löwe faucht Besucher aggressiv durch Gitterstäbe an! +++ Und sehen Sie bei uns direkt im Anschluss: Ein Video, in dem unbescholtene Zoo-Besucher einen Löwen mit Steinen bewerfen. +++

Anzeige

Klingt bescheuert? Die Medien waren letzte Woche voll davon. Mehr oder weniger jedenfalls. Um es zusammen zu fassen: Ein paar semiwitzige Berufskomiker haben eine Art Musikvideo gedreht, in welchem Sie den türkischen Präsidenten Erdoğan verspotteten und aus dem sicheren Deutschland heraus zum Beispiel reimten: „Ein Journalist, der was verfasst // das Erdoğan nicht passt // ist morgen schon im Knast“. Daraufhin hat sich Erdoğan über die Autoren beschwert und den deutschen Botschafter vorgeladen, mit der einzigen Konsequenz, dass nun alle darüber reden, dass jener Löwe, der mit Steinen beworfen wurde, in seinem Käfig herumknurrt.

___STEADY_PAYWALL___

Nun kann man natürlich darüber berichten, dass ein eigentlich erfahrener Politiker, der national praktisch unangefochten regiert, sich so billig in eine Falle locken lässt und sich vor der versammelten Weltöffentlichkeit blamiert, indem er sich über ein Video echauffiert, dass im Nachtprogramm des regionalen deutschen Fischkopprundfunks am Publikum vorbei gesendet wurde und bis zum Zeitpunkt der Beschwerde nicht einmal 100.000 Klicks auf Youtube gesammelt hatte. Denn kaum etwas entlarvt den Charakter dieses anatolischen Löwen in seinem goldenen Palast, der es vom militanten Verschwörer zum politischen Führer geschafft hat, mehr, als dieses paranoide Verhältnis zu jeder noch so jämmerlichen Kritik an seiner Person.

Anzeige

Die massive Kritik jedoch an den kümmerlichen Versuchen dieses Klein-Putin aus Bosporusland, aus seinem Käfig heraus dem deutschen Berufskomiker vorschreiben zu wollen, was dieser zu sagen und zu tun hat, ist nichts Anderes als Propaganda. Selbst dem ein oder anderen extra 3-Autoren, der die Woche vorher noch im erhofften Hornissennest herumgestochert hatte, um ein wenig mediale Aufmerksamkeit für seine vom Publikum weitgehend ignorierte Sendung zu erzeugen, dürfte es jedenfalls arg peinlich sein, wie sich die versammelte deutsche Pressmeute auf die Meldung gestürzt hatte; allen voran natürlich wie immer unser aller tageszeitung, die für ihre Millionen Abonnenten in der Türkei nicht nur den Text selbst protokollierte, sondern auch gleich ins Türkische übersetzte, auf dass niemand auf dem Erdenrund den Google-Translator nutzen möge. Und weil man bei extra 3 ja auch nicht allzu verschwenderisch mit den Zwangsgebühren umgehen will, haben Sie dort dann auch noch ein paar Sendeminuten mit der Wiederholung des Videos gefüllt, und auch hier natürlich mit türkischen Untertiteln.

Und dann das Meisterstück. Der kleine, blasse Junge vom ZDF legt erst eine überaus intelligente Meta-Satire und gleichzeitig überaus derbe Schmähkritik hin, nicht ohne schelmisches Grinsen, kommt dann mit seinem Sender überein, die Sendung im Nachhinein „aus Gründen der Qualität“ zu zensieren und aus der Mediathek des Senders zu tilgen; und schwupps ist die Diskussion über Zensur in Deutschland erfolgreich angezettelt – so erfolgreich, dass die beim Publikum ungleich erfolgreichere heute-show gleich zu Beginn darauf anspielt und hofft, ihre Beiträge seien auch weiter verfügbar, denn Zensur gebe es schließlich nicht nur in der Türkei.

Dass politische Satire, so sie denn gut gemacht ist, hatten der kleine, blasse Junge und Zweites Deutsches Hauptprogramm schon bei der Diskussion um das Varoufakefake bewiesen.

Und so sind wir wieder bei der alten Frage: Was darf Satire? Derjenige große Mann, auf den sich diejenigen berufen, die sonst gern finden: „alles!“, ergänzte übrigens an den besagten Ausspruch, dass Satire auch Grenzen habe. Nach oben hin sei dies Buddha – er entziehe sich ihr ganz einfach. Nach unten hin sei es das seinerzeit regierende nationalsozialistische Regime: so tief könne schlicht niemand zielen.

Natürlich gibt es auch für Böhmermann schlechte Presse, von Präsidentenbeleidigung, über offenen Rassismus bis zur ultimativen Kritik, er sei ganz einfach nicht witzig. Muss er aber auch gar nicht. Fraglich ist trotzdem: Hat Böhmermann, um Erdoğan noch zu erwischen, so tief zielen müssen, dass er am Ende bloß seinen eigenen Fuß getroffen hat? Und ist das jetzt schon eine Schmähung?

Ich habe natürlich auch lange überlegt, ob ich mich zum Thema äußern sollte, bin dann aber zu dem Entschluss gekommen: Nee, lohnt nicht.

Von daher:

Max Kruse … say whaaat?! Was man alles noch so zwischen Training und Nutellaspot quetschen kann – austrainiert scheint mir jedenfalls was anderes.

Gerüchte besagen ja übrigens, Max Kruse mache nun seine eigene Nationalmannschaft auf. Mit Blackjack. Und Nutten!

… also ich würd’s mir angucken. Aktuell Meinung

Zurück zur Startseite
MiGLETTER (mehr Informationen)

Verpasse nichts mehr. Bestelle jetzt den kostenlosen MiGAZIN-Newsletter:

UNTERSTÜTZE MiGAZIN! (mehr Informationen)

Wir informieren täglich über das Wichtigste zu Migration, Integration und Rassismus. Dafür wurde MiGAZIN mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. Unterstüzte diese Arbeit und verpasse nichts mehr: Werde jetzt Mitglied.

MiGGLIED WERDEN
Auch interessant
MiGDISKUTIEREN (Bitte die Netiquette beachten.)