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Integration

Debatte um Wohnsitzauflagen und dezentrale Unterbringung hält an

Die Bundesregierung plant, Flüchtlingen den Wohnsitz vorzuschreiben. Damit sollen "Gettobildungen" verhindert werden. Das stößt beim Menschenrechtsinstitut auf Kritik. Fachkreise weisen auf ein weiteres Problem hin: in ländlichen Gebieten gibt es kaum Integrationskurse.

Freitag, 22.04.2016, 8:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 25.04.2016, 9:52 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Das Deutsche Menschenrechtsinstitut hat die Pläne der Bundesregierung zu Wohnsitzauflagen für anerkannte Flüchtlinge im Integrationsgesetz kritisiert. „Dadurch würden „Betroffene bei der Ausübung ihrer Rechte und in ihrer Lebensgestaltung erheblich eingeschränkt“, erklärte das Institut am Donnerstag in Berlin. Die Politik sollte von dem Vorhaben Abstand nehmen, hieß es. Anlass der Stellungnahme ist das Treffen der Ministerpräsidenten der Länder am Freitag, bei der über das Eckpunktepapier des Koalitionssauschusses der Bundesregierung vom 13. April zu einem Integrationsgesetz beraten werden soll.

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Weiter betonte das Institut, Wohnsitzauflagen für anerkannte Flüchtlinge vorzusehen, verstoße gegen die Genfer Flüchtlingskonvention und die Europäische Menschenrechtskonvention. „Die Grundlage von Integrationspolitik muss sein, dass die Menschen als Subjekte begriffen werden, nicht als Masse, die an bestimmten Orten festgesetzt werden kann.“

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Betroffene würden gezwungen, in Massenunterkünften zu bleiben, hieß es. Wohnsitzauflagen führten ferner dazu, dass es erschwert oder unmöglich gemacht werde, familiäre und freundschaftliche Bindungen aufrecht zu erhalten. Dem Institut zufolge passen solche Vorgaben nicht in ein Integrationsgesetz: „Sie sind vielmehr ein ernstes Integrationshindernis: Sie hindern die Betroffenen daran, Arbeit aufzunehmen oder eine Wohnung zu finden.“

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Vielmehr sollten Bund, Länder und Kommunen die Möglichkeiten gesellschaftlicher Teilhabe erhöhen, hieß es. „Dazu gehören etwa ein schneller Zugang für Kinder zu Kindertageseinrichtungen, eine zügige Einschulung von schulpflichtigen Kindern und Jugendlichen, ortsnahe Angebote für Sprachkurse, Angebote und Programme für den Einstieg ins Arbeitsleben beziehungsweise in eine berufliche Ausbildung junger Menschen vor Ort.“

Minister Schmidt: Flüchtlinge ansiedeln, wo es Wohnraum gibt

Derweil spricht sich Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) dafür aus, Flüchtlinge auch im ländlichen Raum unterzubringen. „Integration ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die wir nicht allein auf die Städte konzentrieren können“, sagte Schmidt der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: „Also dürfen wir bei dieser Frage keinen Bogen um den ländlichen Raum schlagen.“ Wo Wohnraum zur Verfügung steht und günstig ist, sollte man diesen auch nutzen.

Er ziele zunächst auf mittlere Städte, fügte Schmidt hinzu: „Das werde ich konkreter mit den Ländern besprechen und beschließen müssen.“ Die Willkommenskultur auf dem Land sei wahrscheinlich intensiver als in den Städten: „Wegen der stärkeren Sozialkonktrolle auf dem Land sollte die Integration dort besser gelingen können als in anonymen Städten.“ Er werde dies in einem Forschungsprogramm untersuchen lassen.

Es könne auch Synergieeffekte geben, sagte Schmidt. So könnten beispielsweise Grundschulen in diesen Regionen durch den Zuzug von Flüchtlingsfamilien vor der Schließung bewahrt werden. Es gebe im ländlichen Raum aber auch Grenzen der Aufnahmefähigkeit, erläuterte der Minister: „Ich denke an einen Fall, an einen Ort mit 60 Einwohnern, wo jemand ein leerstehendes Gasthaus gekauft hat, wo mehr Flüchtlinge lebten als Ortsansässige. Das hat nicht funktioniert.“

Landkreistag und Gemeindebund stimmen zu

Der Deutsche Landkreistag stimmt dem grundsätzlich zu. „In den Landkreisen sind die Bedingungen für Integration in aller Regel gut, weil überschaubare Strukturen, eine hohe Zahl an Ehrenamtlichen und ein dichtes Vereinsnetz in diesem Zusammenhang sehr günstig sind. Auch finden Familien ein Umfeld vor, das hilfreich ist“, sagte Präsident Reinhard Sager dem Evangelischen Pressedienst. „Viele Flüchtlinge kennen diese Vorzüge des ländlichen Raumes nicht.“

Ähnlich sieht das der Deutsche Städte- und Gemeindebund. „Aus unserer Sicht bieten sich in den ländlichen Regionen bessere Chancen für die Integration der Geflüchteten, wenn die dafür zwingend notwendigen finanziellen Mittel für strukturpolitische Maßnahmen und Integrationsmaßnahmen zur Verfügung stehen“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg. „Wir erwarten daher von Bund und Ländern, dass eine Wohnsitzpflicht mit ausreichenden Finanzmitteln flankiert wird.“

Integrationskurse meist in Ballungsgebieten

In Fachkreisen wird die dezentrale Unterbringen in ländlichen Gebieten jedoch mit Skepsis aufgenommen. Grund ist das Konzept der Integrationskurse. Diese stehen unter der Aufsicht des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und finden in der Regel erst statt, wenn ausreichend Teilnehmer zusammenkommen. Grund ist das Bezahlsystem. Das BAMF bezuschusst die Kurse pro Teilnehmer. Daher sind Träger gezwungen, Kurse erst starten zu lassen, wenn abzusehen ist, dass zumindest die Kosten wie Raumgebühren und Leherhonorar gedeckt sind. Ein Kurs mit unter zehn Teilnehmern rentiert sich in der Regel nicht, optimal sind Kurse mit etwa 20 Teilnehmern. Wie diese Zahl ausgrechnet in ländlichen Gebieten erreicht werden soll, sei bislang offen. (epd/mig) Aktuell Politik

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