Defizit an Offenheit
Wirtschaftsforscher gegen Wohnsitzauflage für Flüchtlinge
Wirtschaftsforscher sind gegen eine Wohnsitzauflage für anerkannte Asylbewerber. Stattdessen sollten Flüchtlinge "dort hingehen dürfen, wo sie Arbeit finden. Gerade Ostdeutschland brauche eine "natürlich" Zuwanderung.
Donnerstag, 28.04.2016, 8:20 Uhr|zuletzt aktualisiert: Freitag, 29.04.2016, 9:27 Uhr Lesedauer: 1 Minuten |
Das Institut für Wirtschaftsforschung in Halle hat sich gegen eine Wohnsitzauflage für anerkannte Asylbewerber ausgesprochen. „Wenn man den Flüchtlingen vorschreibt, in einer Region zu wohnen, in der es keine Arbeitsplätze gibt, dann wäre das eine kurzsichtige Politik“, sagte Vizepräsident Oliver Holtemöller der Thüringer Allgemeinen mit Blick auf das geplante Integrationsgesetz der Bundesregierung. Stattdessen sollten Flüchtlinge „dort hingehen dürfen, wo sie Arbeit finden – und das werden sie dann auch tun“.
Der Wissenschaftler betonte zugleich die Bedeutung der Zuwanderung für Ostdeutschland: „Wir brauchen natürlich Zuwanderung, wenn wir unseren Lebensstandard aufrechterhalten wollen. Man muss aber auch zur Kenntnis nehmen, dass viele Menschen in Thüringen, Sachsen und anderswo das nicht wollen“, zitiert ihn die Zeitung. Hier bestehe eine „Defizit an Offenheit“. Dies habe bereits wirtschaftliche Auswirkungen und Folgen zum Beispiel für die Hochschulen. „An den Universitäten in Städten mit fremdenfeindlichen Bewegungen wird es Probleme geben, Professuren international zu besetzen“, befürchtete der Ökonom.
Weil Zuwanderung nicht ausreichen werde, um die demografische Lücke zu schließen, werde man „hinsichtlich der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in der Fläche Prioritäten setzen müssen“, so Holtemöller. „Es wird Dörfer geben, die verschwinden. Es wird irgendwann unbezahlbar werden, die Wasserversorgung für alle Orte in Sachsen-Anhalt und Thüringen dauerhaft aufrecht zu erhalten“. Wenn Infrastruktur, die sich eigentlich nicht rechne, mit Landesmitteln aufrechterhalten werde, fehle dieses Geld für wichtige Zukunftsinvestitionen. „Das sind Entscheidungen, die die Gesellschaft treffen muss.“ (epd/mig)
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