Rezension zum Wochenende
Alpan Sağsöz: Als wir Libellen waren
"Als Kind erlebt man Dinge das erste Mal. Es gibt schöne Erlebnisse, aber auch die ersten Kratzer auf der Seelen-Platte." Eine wunderschöne Suche nach der Herkunft. Gelesen von Rukiye Çankıran
Von Rukiye Çankıran Freitag, 01.07.2016, 8:20 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 03.07.2016, 15:11 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Die Seele der jungen Olivia hat schon einige Kratzer, sie hat als Kind ihre Mutter verloren und lebt seitdem bei ihrem Stiefvater. Auf der Suche nach ihrem richtigen Vater findet das junge Mädchen sich selbst. Als wir Libellen waren ist eine Reise in die Vergangenheit. Sowohl wörtlich als auch im übertragenden Sinn. Denn während einer Reise in die schwäbische Alb lüftet sich das Geheimnis über die Herkunft der Bonnerin Olivia.
In seinem Roman zeigt Alpan Sağsöz dem Leser, wie wichtig die Rollen von Mutter und Vater sind. Zu einem gesunden Leben gehören die Zugehörigkeit eines Menschen, seine Identität und das Wissen über die eigene Herkunft. Das sind die Themen des schreibenden Rechtsanwalts. Auch seine vorherigen Bücher Die Schwarze Katze aus Konstantinopel und Türkei Rallye behandeln „die inneren Prozesse des Individuums“, wie der Autor es selbst nennt. Das ist auch seine Motivation zu schreiben. „Es kommt vor, dass ich über eine Szene selbst erst eine neue Erkenntnis gewinne, Glücksmoment! Die Stränge führen ja bei mir in die inneren Welten, da liegt für mich das Abenteuer.“
Das Abenteuer in Olivias Leben ist die Begegnung mit dem Rechtsanwalt Aaron, der ihr Vater sein könnte. Aaron, der ein tristes Dasein führt und eine ständige Leere fühlt in seinem Leben, kommt diese plötzliche Vielleicht-Vater-Tochter-Beziehung ganz recht. Er lässt sich auf das Abenteuer ein und wühlt mit Olivia in der Vergangenheit. Hier sind die Parallelen zum Leben des Autors, der in seiner Kindheit auch die Präsenz seiner Eltern vermisst hat. „Als Kind erlebt man Dinge das erste Mal. Es gibt schöne Erlebnisse, aber auch die ersten Kratzer auf der Seelen-Platte.“
Alpan Sağsöz benennt diese ungemütlichen Umstände in leisen Tönen und färbt sie in bunte, lebendige Bilder, wie z.B. die Lianenhaare von Olivias Mutter, die manchmal rot und manchmal blond leuchten oder die lila Libellen, die um Aaron herumfliegen. Die junge Olivia versucht mit Hilfe des Tagebuchs ihrer Mutter, ihrem Stiefvater Karlo und schließlich dem Anwalt Aaron die Wahrheit über ihre Herkunft herauszufinden.
Der Roman „Als wir Libellen waren“ ist spannend geschrieben und nimmt den Leser mit auf eine abenteuerliche Reise. Die Darstellung der vielen Wendungen ist ebenso gelungen wie die Beschreibung der Gefühle der Protagonisten. Während es für die meisten Menschen selbstverständlich ist, zu wissen, wer ihre Eltern sind, erlebt der Leser die Traurigkeit, Ungewissheit und Leere derjenigen, denen diese banale wie fundamentale Information fehlt. Es macht großen Spaß, diesen wunderbar geschriebenen Roman zu lesen. Aktuell Rezension
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