Nach Nizza
Gelten unsere Werte auch für Muslime?
Nach dem Terroranschlag in Nizza sind sich Politiker aller Parteien einig. Das Ziel der Terroristen sei unsere Freiheit. Umso mehr müssten wir an ihr festhalten. Dazu kann ich als deutscher Muslim nur sagen: Leichter gesagt, als getan.
Von Said Rezek Samstag, 16.07.2016, 14:35 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 09.01.2018, 12:35 Uhr Lesedauer: 1 Minuten |
Während des Terroranschlags in Nizza saß ich zu Hause und verfasste einen Artikel über eine Muslimin in Frankreich, die aufgrund ihres Kopftuchs eine Kündigung erhalten hat. Ich schrieb bis mitten in die Nacht hinein. Wenn ich gewusst hätte, was zeitgleich geschehen ist, wäre die Nacht gewiss anders verlaufen. Wahrscheinlich hätte ich mir Gedanken gemacht, wie ich als Muslim, auf diese abscheuliche Tat reagieren sollte.
Doch warum eigentlich? Kann ich meinen Alltag nicht einfach fortsetzen? So, als ob nichts geschehen wäre? Auf diese Frage gibt es zwei Antworten. Zunächst einmal regen sich in meinem Inneren natürlich Gefühle der Trauer und Bestürzung. Gleichzeitig gibt es eine gewisse gesellschaftliche Erwartungshaltung. Nicht jeder Muslim ist sich dieser im gleichen Maße bewusst, doch sie existiert. Sie besteht darin, dass Muslime diese Tat mindestens verurteilen – und sich höchstens dafür entschuldigen sollten. Inwiefern sind diese sozial erwünschten Forderungen jedoch angebracht?
Bin ich ein schlechter deutsch-muslimischer Bundesbürger, wenn ich schweige und mein Leben nach außen hin, wie gewohnt weiter lebe? Politiker und Kommentatoren betonen nach Anschlägen wie in Nizza, die Bedeutung unserer Werte und Freiheit. Dazu zählt aus meiner Sicht auch, dass ich als Muslim, ohne schlechtes Gewissen weiterleben darf wie jeder andere nichtmuslimische Bürger auch. Das ich meinen privaten und beruflichen Verpflichtungen weiterhin wie gewohnt nachkomme. Ob und in welcher Form ich mich zu dem Terror äußere, ist die einzig und alleine meine Angelegenheit. Aktuell Meinung
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@Claudius
Die völkerrechtswidrigen Interventionen der USA und ihrer Vasallen werden im Namen der Demokratie und Menschenrechte durchgeführt. Folgt für Sie auch, dass Demokratie und Menschenrechte etwas mit dem Tod von Hunderttausenden von unschuldigen Zivilisten zu tun hat?
@Rudolf Stein: Ich muss Sie enttäuschen. Keine Ihrer Annahmen ist zutreffend. Solange Sie nicht gegen die Netiquette verstoßen, können Sie mir gerne Ihre Meinung, über meine Person mitteilen. Nur noch eins am Rande. Seien Sie in Zukunft bitte nicht derart voreingenommen.
…Hierfür hat sich Papst Frankziskus bei seiner Bolivienreise offiziell entschuldigt…
Dann her mit dem ganzen Prunk.. Alles andere sind Lippenbekenntnisse.. Sie sind doch tatsächlich Katholik, oder?
…Nach französischem Recht ist nämlich beides strafbar…
Das sind Strohmannargumente im Übrigen.. Gerne benutzt seit Jahr und Tag von den immer gleichen Leuten.. Weiterhin, wenn Sie Frankreichkenner wären, dann wüssten Sie, dass ein sichtbares ‚Kreuz‘ im öffentlichen Dienst um den Hals auffällig oft durch gehen gelassen wird, ein Hijab eher überhaupt nicht.. Beide Fälle sind im Endeffekt nicht gleich gelagert, und kaum bis überhaupt nicht miteinander zu vergleichen.. Ich möchte Sie bitten, Menschen im Forum hier nicht für dumm zu verkaufen…
Cengiz K sagt:
…Nach französischem Recht ist nämlich beides strafbar…
posteo sagte:
Frankreich ist ein laizistischer Staat, d.h. in Frankreich darf man auch nicht einfach ein Kruzifix tragen, WENN ES DEM ARBEITGEBER NICHT GEFÄLLT.
Cengiz K sagt:
19. Juli 2016 um 21:06
…Hierfür hat sich Papst Frankziskus bei seiner Bolivienreise offiziell entschuldigt…
Dann her mit dem ganzen Prunk.. Alles andere sind Lippenbekenntnisse.. Sie sind doch tatsächlich Katholik, oder?
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Nicht nur ich, sondern auch 90% der Lateinamerikaner. Diese bekommen genau wie hier einen Gutteil ihrer Gesundheits-, Bildungs- und Sozialeinrichtungen gestellt. Prunkvolle Kirchen haben Sie übrigens selber, so wie sie alles gerne mit Gold und vielen bunten Heiligenbildern verzieren. Dann gibt es ein eigenes kirchliches Hilfswerk für Lateinamerika namens Adveniat, für das in Deutschland regelmäßig und großzügig gespendet wird.
Wenn man sich die präkolumbianischen Götterbildnisse anschaut, beginnt man auch zu verstehen, warum sich die Heilige Maria dort so einer besonders tiefen Verehrung erfreut. Zumindest den Frauen dürfte der Wechsel zu dieser freundlichen „Muttergottheit“ nicht allzu schwer gefallen sein, auch wenn das theologisch natürlich korrekt ist. Aber wie gesagt, die katholische Kirche ist da relativ flexibel.
@aloo masala
Wenn in der Erklärung der universalen Menschenrechte der Passus stünde, man solle zur Durchsetzung von Demokratie und Menschenrechten alle diejenigen töten, die einen anderen Lebensentwurf haben, hätte natürlich „Demokratie und Menschenrechte etwas mit dem Tod von Hunderttausenden von unschuldigen Zivilisten zu tun“.
Glücklicherweise gibt es diesen Auftrag in der allgemeinen Menschenrechtserklärung nicht.
..Frankreich ist ein laizistischer Staat, d.h. in Frankreich darf man auch nicht einfach ein Kruzifix tragen, WENN ES DEM ARBEITGEBER NICHT GEFÄLLT…
Sie schreiben immer das Gleiche.. Ich habe auch nicht geschrieben, dass es erlaubt sei.. Und dass Laizismus dem Arbeitgeber diktiert, wie er sich zu verhalten habe als Antwort auf irgend etwas ist hier auch fehl am Platze.. Sagen Sie, sprechen Sie überhaupt deutsch? Das ist ja anstrengend mit ihnen..
Und was sie über 90 % der Südamerikaner zu schreiben haben, lasse ich mal unkommentiert.. Das ist wirklich Klitterung und Verklärung, nach bester Art, was wir von Ihrem Verein gewohnt sind.. Allein die Tatsache, dass viele Leute in der BRD katholische Einrichtungen jeglicher Art verwenden (müssen), unter anderem auch, weil der Papst mit seiner Hand im Steuersack jeden Monat sich einen guten Batzen raus greift, sagt schon viel aus über das Verhältnis zu staatlichen Wesen.. Laizismus? Aber sicher doch.. Wenn’s ums Geld geht..
Das Sie im Missionswerk tätig sind, das haben wir alle hier ja verstanden! Was aber machen Sie bei uns in Deutschland? Anti-Islam-Propaganda? Wird dafür auch ‚großzügig‘ gespendet?
@Cengiz K.
Zunächst muss ich mich bzgl. der Anzahl an Katholiken in Lateinamerika revidieren. Es sind aktuell nur noch 70%.
Dann bin ich selbst nicht in einem Missionswerk tätig, mir sind die katholischen Missionswerke nur als Teil meiner Religionsgemeinschaft bekannt.
Der Papst bekommt nur einen gewissen Anteil der katholischen Kirchensteuern. Die Kirchensteuern sind eine ziemlich deutsche Eigenheit, die als eine Art Vereinsbeitrag freiwillig entrichtet werden oder nicht. Wer keine K.steuern zahlen will, kann jederzeit aus der jeweiligen Amts-Kirche austreten, ihre Gottesdienste trotzdem besuchen (diese gelten rechtlich als öffentliche Veranstaltungen) und sich selbstverständlich auch weiter als Christ verstehen. Oder man tritt einer sogenannten Freikirche bei.
Zu den Sozialeinrichtungen. Beide Amtskirchen, bzw. ihre Wohlfahrtsverbände betreiben in Deutschland etwa 40% aller Sozialeinrichtungen. Wer eine nichtkirchliche Einrichtung bevorzugt, hat also genügend Auswahl. Die beiden Amtskirchen sind die römisch-katholische und die evangelische Kirche.
@Said Rezek sagt:
18. Juli 2016 um 22:57
“ In einem muss ich jedoch deutlich widersprechen. Wenn Sie das Schweigen einer Person, als stille Zustimmung interpretieren, dann tun sie vielen Menschen Unrecht. Möglicherweise trauert eine Person schweigend.“
Ich habe Ihre Gedanken zu „Distanzieren, verurteilen oder schweigen?“ gelesen und stimme Ihnen zu. Schweigen kann auch Trauer bedeuten. Aber das Schweigen ist eben nicht eindeutig – es kann auch Zustimmung, gar klammheimliche Freude bedeuten. Schweigt ein Mensch, ist das mehrdeutig und das ist das Problem.
Irritierend, wenn Menschen mal so, mal so reagieren. Als der Prophet durch eine dänische Zeichnung beleidigt wurde, war der Protest in der gesamten islamischen Welt unüberhörbar. Hunderttausende gingen auf die Straße, um gegen diese Beleidigung zu protestieren. Wenn aber der Prophet durch Anhänger des Islamischen Staates beleidigt wird, die in seinem Namen, unter seiner Flagge unschuldigen Menschen die Kehle durchschneiden oder Mädchen entführen und vergewaltigen, dann ist die Zahl der dagegen protestierenden Muslime auf den Straßen dieser Welt doch durchaus überschaubar. Warum ist das so?
Gegen einen dilettantischen Putsch gab es sofort in vielen deutschen Städten Tausende von Muslimen, die ihrer Empörung Ausdruck gaben. Nach den abscheulichen Attentaten in Frankreich hatten die Islamverbände große Mühe, auch nur ein paar Hundert Muslime aus der ganzen Republik nach Berlin zu karren, die gegen den islamistischen Terror demonstrieren wollten.
Warum?