Burka-Debatte geht weiter
De Maizière verteidigt geplantes Teilverbot der Vollverschleierung
Während viele Politiker für ein teilweises Burka-Verbot im öffentlichen Dienst oder an Schulen plädieren, sehen andere in der Debatte eine "reine Symbolpolitik". Derweil entscheidet ein Gericht über einen Burka-Fall an einer Schule.
Montag, 22.08.2016, 8:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 25.08.2016, 23:17 Uhr Lesedauer: 4 Minuten |
In der sogenannten Burka-Debatte suchen Politiker einen Ausgleich zwischen religiöser Toleranz und westlichen Werten. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) verteidigte ein geplantes Teilverbot der Vollverschleierung. „In bestimmten Bereichen ist es für das Funktionieren unserer Rechtsordnung unverzichtbar, auch rechtlich einzufordern, dass alle Menschen ihr Gesicht zeigen“, sagte de Maizière der Bild am Sonntag.
Die Vollverschleierung sei „ein Affront gegen die offene Gesellschaft und zudem frauenfeindlich“, so der Innenminister. Ein generelles Burka-Verbot schloss de Maizière allerdings aus. „Man kann nicht alles, was man ablehnt, gleich verbieten. Ich möchte nicht mit einem Burkaverbot vor dem Bundesverfassungsgericht scheitern“, fügte der CDU-Politiker hinzu.
Ramelow: Union rückt wieder nach rechts
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sagte zu Forderungen aus CDU und CSU nach einem Burka-Teilverbot der Zeitung Die Welt: „Da merke ich, dass sich an ihrer konservativen Blut-und-Boden-Weltsicht nichts geändert hat. Die Union rückt wieder ganz weit nach rechts.“
Die Länder-Innenminister von CDU und CSU hatten sich in ihrer am Freitag vorgestellten „Berliner Erklärung“ auf die Forderung nach einem teilweisen Verbot der Vollverschleierung geeinigt. Danach könnten Niqab oder Burka etwa im öffentlichen Dienst, vor Gericht, im Verkehr, sowie in Schulen und Kitas verboten werden.
Kraft kann sich Teilverbot vorstellen
Auch die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) zeigte sich offen für ein Verbot der Vollverschleierung in bestimmten öffentlichen Bereichen. „Wir werden die Vorschläge für ein spezielles Burka-Verbot genau prüfen“, sagte die NRW-Regierungschefin der in Düsseldorf erscheinenden Rheinischen Post. „In den öffentlichen Einrichtungen müssen wir das regeln, weil es wichtig ist, auf dem Amt den Menschen ins Gesicht zu sehen.“ Im Verkehr müsse die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer gewährleistet werden.
In islamischen Gesellschaften sei die Burka ursprünglich eine Art Privileg und nicht unbedingt mit der Unterdrückung der Frau verbunden gewesen, sagte die Kulturwissenschaftlerin Barbara Vinken am Sonntag im Deutschlandfunk. In der Debatte über ein Verschleierungsverbot sieht Vinken die Chance, darüber nachzudenken, dass auch „wir keine Gleichheit der Geschlechter haben“.
Polizeigewerkschaft: Burka keine Sicherheitsfrage
Gegen ein Verbot der Vollverschleierung sprach sich der Vizechef der Gewerkschaft der Polizei, Jörg Radek, im Radiosender NDR Info aus. Er sei der Ansicht, das Burka-Verbot stehe „für reine Symbolpolitik“. Es lenke von den tatsächlichen Problemen ab, die man im Bereich der inneren Sicherheit in Deutschland habe. „Ein Burka-Verbot ist eine Frage der Integration und der Zuwanderungs-Politik und weniger ein Thema der inneren Sicherheit.“
Radek sagte der in Halle erscheinenden Mitteldeutschen Zeitung: „Die Burka interessiert uns als Polizei nur, wenn sie bei einer Identitätsfeststellung hinderlich sein sollte.“
Burka im Social-Media
Die CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt wertete ein mögliches Teilverbot für die Burka als „richtiges Signal“. Der Neuen Osnabrücker Zeitung sagte Hasselfeldt, „Integrationshemmnisse dürfen wir nicht aus falsch verstandener Toleranz dulden“. Insofern sei der Beschluss der Unionsinnenminister zu begrüßen, Vollverschleierung an Schulen, Universitäten, bei Meldeämtern oder auch bei Demonstrationen zu verbieten.
Auch im Internet wird die Burka-Diskussion kontrovers geführt. Das Thema trägt aber auch zur allgemeinen Belustigung bei. Ekrem Şenol etwa fordert im Hinblick auf die geringen Fallzahlen ein „Walfangverbot an Deutschlands Flüssen – stellenweise zumindest“. Ein Twitter-Nutzer Namens Brand New Me schreibt: „Ein Burka-Verbot gegen Terrorismus. Als nächstes: Glatzenverbot gegen Rechtsextremismus.“ Und Tanja versteht Folgendes nicht: „Rassisten muss eine Demokratie ertragen, aber Kleidungsstücke bedrohen die freiheitliche Grundordnung.“
Burka-Fall vor Gericht
Derweil entscheidet das Verwaltungsgericht Osnabrück an diesem Montag in einem Eilverfahren darüber, ob ein Abendgymnasium eine vollverschleierte Muslimin unterrichten muss. Die Frau habe Klage eingereicht, weil das Osnabrücker Gymnasium eine bereits erteilte Zulassung widerrufen habe, teilte das Gericht mit. Die Schule habe die Frau zunächst im April aufgenommen, hieß es. Zu Beginn des Schuljahres habe sich jedoch herausgestellt, dass die Muslimin sich aus religiösen Gründen verpflichtet sieht, einen Niqab zu tragen. Dabei handelt es sich um einen Gesichtsschleier, der lediglich einen kleinen Sehschlitz für die Augen offen lässt.
Der in Deutschland aufgewachsene türkische AKP-Abgeordnete Mustafa Yeneroğlu sieht in diesem Fall die Schule im Recht. Auf dem Kurznachrichtendienst Twitter schreibt er: „Wer sein Gesicht der Kommunikation entzieht, kann auch nicht unterrichtet werden.“ (epd/mig) Leitartikel Politik
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@Minella
„Es gab nie ein Gleichgewicht der Toleranz und wenn es einen gab, dann den dass Frauen nicht total verschleiert oder total nackt rumlaufen.“
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Danke Minella für Ihren erhellenden Beitrag. In Deutschland ist es nämlich eine Ordnungswidrigkeit, wenn Frauen halbnackt, d.h. oben ohne herum laufen.
Daher ist der Vergleich von Lynxx schlicht gegenstandslos.
@ Minella
Anscheinend verwechseln Sie die Website http://www.tauhid.net mit einer anderen oder Sie haben sie sich gar nicht angesehen, denn sonst ist es nicht erklärlich, warum Sie sie als „Hetzerseite“ bezeichnen. Übrigens sind am Inhalt dieser Website mehrere Personen beteiligt, und die Teile der einen müssen nicht die Meinung einer der anderen wiedergeben, wie auch der Inhalt von übersetzten Texten die Meinung des Verfassers wiedergibt und nicht – oder nicht in allen Punkten – mit derjenigen des Übersetzers übereinstimmen muss.
@ President Obama
Danke gleichfalls!
@ Minella
Habe ich behauptet, für alle Muslime zu sprechen? – Wie kommen Sie darauf?
Und Sie Ihrerseits maßen sich an, zu behaupten, ich wüsste nicht besser über den Islam Bescheid (…als wer?). Vielleicht wissen Sie besser Bescheid, doch dann sollten Sie mir nennen, an welcher Universität Sie die islamischen Religionswissenschaften und mit welchem Abschluss studiert und bei welchen anerkannten Gelehrten sie außerhalb der Universität gelernt haben. Wenn Sie ein fünfzehnjähriges Studium an der Azhar-Universität in Kairo oder eine Lehrerlaubnis von einem bekannten großen Scheich, wie Sa´id Ramadan al-Bouti in Damaskus, nachweisen können, bin ich bereit, mein geringeres Wissen einzugestehen.
Dass ich Muslime und Nichtmuslime mehr aufhetze als Pegida, AfD, Thilo Sarrazin etc. müssen Sie mir erst beweisen. Wir sollten lieber sachlich bleiben.
…Sie hetzen Muslime und Nicht-Muslime mehr auf als Pegida, AfD, Thilo Sarrazin etc….
Hier war der Wunsch Vater des Gedankens.. In letzter sieht man/frau die Relativierungen speziell deutscher Rassisten und rassistischer Vereinigungen sehr oft (Wir sind doch hier in der BRD, oder?).. Egal, ob es dabei generell über Islam oder Muslime oder speziell über Türken oder Araber geht.. Steckt da eine Agenda dahinter.. Der politische Diskurs ist komplett verkorkst.. Jede Thematik wird zum EInheitsbrei verrührt… So sieht es auch mit gesellschaftlichen Themen aus.. Der Dialog wird verzerrt..
…Es ist ein unbestreitbarer Fakt, dass eine große Anzahl von Muslimen in Europa ihre Religion hier teilweise konservativer (und radikaler) auslegen, als das noch vor 10-15 Jahren der Fall war. ..
Und hier nochmals, das was Sie als Fakt darstellen, ist nüscht.. Fakten sehen nicht wie Meinung aus, Fakten brauchen, und das habe ich im Parallelstrang auch versucht zu erwähnen, etwas das sich ‚Beweis‘ nennt.. Da wurde BKA, BfV und Spiegel online (sic!) von Ihnen oder Herrn JC genannt.. Das sind keine Beweise.. Muss ich Ihnen das erklären? Ich verstehe aber, dass anders den Rassismus Anschuldigungen, die hier unter anderem bei Migazin dokumentiert sind, nicht entgenet werden kann außer mit irreführenden Behauptungen.. Entsprechend, wurde ich einfach nur mit Anschuldigungen und Diskreditierungen dort im Parallelstrang zugespamt..
Deswegen meine Frage: Wären Sie so freundlich und könnten Sie eine Grundlage für eine Diskussion liefern, bitte? Ich zum Beispiel beziehe mich auf Diskriminierungen auf dem Wohnmarkt, Arbeitsmarkt, Umgang mit religiösen Angelegenheiten, zichfach von Behörden, Gerichten Ämtern zugelassene Diskriminierungen auf gesetzlicher Basis, das Übergehen von Minderheiten in der Öffentlichkeit (siehe hier) bis zu fatalen Stereotypisierungen; typische Probleme in Ämtern, Behörden, Gerichten (trotz und wegen Staatsbürgerschaft), die Politisierung von Glaube und Herkunft (was nicht zwingend miteinander zu tun hat).. Muss ich alle Fallbeispiele nochmals hier aufführen? Seit Jahr und Tag beobachte ich, wie solche Heroen und Heroinnen der Apologetik sich darum winden, und nicht mal sagen: Ja, Rassismus ist ein großes Problem für die Gesellschaft, und nicht erst seit es Flüchtlinge gibt.. Wenn Sie mir die Spitze erlauben, die Flüchtlinge sind „Gottes Geschenk“ an uns, um Erdogan themenfremd zu zitieren..
Meine persönlichen Probleme und Schwierigkeiten habe ich noch nicht mal zur Sprache gebracht..
posteo sagt: 22. August 2016 um 19:00
„Anscheinend ist die vorrangige Beschäftigung mit religiösen Tabus doch ein Problem. Sonst würden die islamischen Länder in ihrem Bildungs- und Wissenschaftsniveau nicht so hoffnungslos hinterher hinken.“
Das trifft auch für große Teile des nichtmuslimischen Afrikas, des christlichen Lateinamerikas und auch für etliche Teile des buddh./hinduistischen Asien zu. Bildungs- und Wirtschaftsniveau an Religion festzumachen ist pseudowissenschaftlicher Kulturalismus.
Minella sagt: 23. August 2016 um 17:06
„Es ist ein unbestreitbarer Fakt, dass eine große Anzahl von Muslimen in Europa ihre Religion hier teilweise konservativer (und radikaler) auslegen, als das noch vor 10-15 Jahren der Fall war. Der Kopftuchtrend wurde ohne Frage aus dem muslimisch geprägten Ausland importiert und jetzt geht es munter weiter mit Burkas oder Nikabs…“
Das haben Sie schön beobachtet. Leider verfallen die meisten Europäer dann aber bei der Bewertung für die Ursachen dieser Entwicklung immer wieder in eurozentrische Denkmuster zurück.