Zahlungen stark gestiegen
Gabriel fordert Kürzung des Kindergelds für EU-Ausländer
Wenn ein EU-Ausländer in Deutschland arbeitet, aber Kinder im Ausland hat, hat er Anspruch auf deutsches Kindergeld. SPD-Chef Gabriel befürchtet Sozialmissbrauch und fordert eine Kürzung der Leistung.
Montag, 19.12.2016, 8:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 19.12.2016, 16:50 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
SPD-Chef Sigmar Gabriel fordert eine Kürzung des Kindergelds für EU-Ausländer, deren Kinder nicht in Deutschland leben. Es gebe in manchen Großstädten ganze Straßenzüge mit „Schrottimmobilien“, in denen Migranten nur wohnten, weil sie für ihre im Ausland lebenden Kinder Kindergeld auf deutschem Niveau bezögen, sagte Gabriel den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Bei der CSU stieß der Vorstoß auf Zustimmung, die Grünen warfen dem Vizekanzler Stimmungsmache gegen Ausländer vor. Das Bundesfinanzministerium verwies darauf, dass die EU-Kommission sich jüngst gegen eine Änderung der geltenden Regeln ausgesprochen habe.
„Wenn ein Kind nicht bei uns lebt, sondern in seinem Heimatland, dann sollte auch das Kindergeld auf dem Niveau des Heimatlandes ausgezahlt werden“, forderte Gabriel. Freizügigkeit dürfe nicht missbraucht werden, um in Sozialsysteme einzuwandern. Der Bundeswirtschaftsminister sagte, er fordere seit Monaten von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), einen Vorschlag für eine entsprechende Kürzung des Kindergeldes vorzulegen.
Die Grünen warfen Gabriel Stimmungsmache gegen Zuwanderer vor. Wer wie einst die CSU mit ihrer Kampagne „Wer betrügt, fliegt“ ganze Gruppen unter den Generalverdacht des Sozialmissbrauchs stelle, wolle „ausschließlich Ressentiments schüren“, sagte die Parteivorsitzende Simone Peter dem Tagesspiegel am Sonntag. „Wir brauchen uns über Zulauf zur AfD nicht zu wundern, wenn sich die politische Auseinandersetzung auf diesem Niveau einpendelt.“
CSU begrüßt Gabriels Vorstoß
Die CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt begrüßte dagegen Gabriels Vorstoß. „Herr Gabriel hat sich mit seinem Vorschlag unsere Forderung zu eigen gemacht“, sagte sie dem Tagesspiegel. Die CSU wolle schon lange, dass das Kindergeld den Lebenshaltungskosten am Wohnort des Kindes angepasst werde. „Denn Fehlanreize und Missbrauch müssen verhindert werden“, so Hasselfeldt.
Das Bundesfinanzministerium verwies indes auf einen in der vergangenen Woche vorgelegten Vorschlag der EU-Kommission zur Koordinierung der sozialen Sicherungssysteme. Demnach sollen die Leistungen für im Ausland lebende Kinder nicht an das Niveau des Aufenthaltslandes angepasst werden. „Wir bedauern diese Entscheidung“, sagte ein Sprecher des Finanzministeriums. „Wir prüfen jetzt, welche Möglichkeiten das Europarecht lässt, dennoch zu einer Änderung zu kommen.“
Anstieg von 54 Prozent
EU-Ausländer, die in Deutschland arbeiten, haben Anspruch auf Kindergeld für ihre im Ausland lebenden Kinder. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit wurde im Dezember 2015 für rund 120.000 im Ausland lebende Kinder ohne deutsche Staatsangehörigkeit Kindergeld aus Deutschland gezahlt. Davon waren knapp die Hälfte Polen, gefolgt von Franzosen, Rumänen, Tschechen, Ungarn und Niederländern. Deutsche erhielten Kindergeld für knapp 33.000 Kinder, die im Ausland lebten. Innerhalb der Europäischen Union werden nach Angaben der EU-Kommission weniger als ein Prozent der Leistungen für Kinder von einem Mitgliedstaat in einen anderen „exportiert“.
Wie das Boulevardblatt Bild unter Berufung auf Zahlen der Bundesagentur für Arbeit berichtete, zahlte Deutschland im November Kindergeld an rund 185.000 im EU-Ausland lebende Kinder. Das sei ein Anstieg von 54 Prozent binnen elf Monaten. Von Januar bis Dezember 2016 zahlte Deutschland den Angaben zufolge insgesamt rund 32 Milliarden Euro Kindergeld aus, davon gingen 470 Millionen Euro an im EU-Ausland lebende Kinder ohne deutsche Staatsangehörigkeit. (epd/mig) Aktuell Politik
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