Studie
Kinder aus wohlhabenden Familien erhalten öfter Nachhilfe
Schüler aus wohlhabenden Elternhäusern erhalten deutlich mehr Nachhilfe als Schüler aus ärmeren Familien. Das geht aus einer aktuellen Studie hervor. Besonders betroffen sind Migranten.
Mittwoch, 29.03.2017, 4:26 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.01.2020, 15:43 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Kinder aus ärmeren Familien erhalten einer Studie zufolge deutlich weniger Nachhilfe als Schüler aus Mittel- und Oberschichten. Damit würden durch den außerschulischen Unterricht die sozialen Ungleichheiten in Deutschland fortgeschrieben, statt sie zu verringern, erklärte die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung. Für die von der Stiftung geförderte Studie hatte ein Forscherteam der Universität Duisburg-Essen zwischen März 2012 und Juli 2013 fast 400 Nachhilfeinstitute befragt. Es handle sich um die erste Studie ihrer Art, hieß es. Die Untersuchung sei zwar nicht repräsentativ, liefere aber „wichtige Orientierungsdaten“.
Nach Erkenntnissen der Studie stammen die meisten Schüler (62 Prozent) der befragten Institute aus der „mittleren Mittelschicht“. 26 Prozent gehörten der „oberen Mittelschicht“, zwei Prozent der Oberschicht an. Die beiden höchsten Statusgruppen seien damit „deutlich überrepräsentiert“, erklärten die Forscher. Kinder aus unterer Mittel- (9 Prozent) und Unterschicht (ein Prozent) seien dagegen „unterrepräsentiert“. Eine Gruppe, die bei der Nachhilfe besonders deutlich zu kurz komme, seien zudem die Migranten.
Weniger Nachhilfe bei Migranten
Eine Aufschlüsselung unter Schülern mit Migrationshintergrund zeigt zudem: Kinder, die nicht in Deutschland geboren sind (12 %) oder deren Eltern beide zugewandert sind (11 %), erhalten deutlich seltener bezahlten Nachhilfeunterricht als Kinder mit nur einem zugewanderten Elternteil (21 %) oder als die Kinder der zweiten Migrantengeneration (21 %). Kinder aus Familien ohne Migrationshintergrund (19 %) nehmen etwas seltener als die beiden zuletzt genannten Gruppen Nachhilfe in Anspruch.
Ein ähnliches Bild vermittelt auch die Inanspruchnahme von Nachhilfe nach Sprachpraxis im Elternhaus. Bezahlte Nachhilfe wird umso häufiger genutzt, je mehr im Elternhaus die deutsche Sprache verwendet wird. Sie ist dort am häufigsten, wo nur Deutsch gesprochen wird und am seltensten, wo nur oder hauptsächlich die Sprache des Herkunftslandes der Eltern gesprochen wird. Auffällig ist, dass Kinder aus Familien, in denen kaum oder gar nicht Deutsch gesprochen wird, häufiger kostenlose Nachhilfe erhalten. „Vermutlich werden diese Kinder häufiger durch ihre Lehrer in Einrichtungen vermittelt, die Nachhilfe kostenlos anbieten“, heißt es in der Studie.
Nachhilfe nimmt zu
Laut der Stiftung gibt es keine Statistik zu der Nachhilfe in Deutschland. Es sei allerdings festzustellen, dass die Zahl der Schüler, die Nachhilfe erhalten, seit den 1970er Jahren zugenommen habe. Bei den Fünfzehnjährigen – in dieser Altersklasse ist Nachhilfe besonders häufig – nehmen einer neueren Untersuchung zufolge 29 Prozent private Förderstunden in Anspruch. Unter den Schulanfängern ist Nachhilfe dagegen meistens noch kein Thema.
Schätzungen zufolge wird jedes Jahr mehr als eine Milliarde Euro für Nachhilfestunden in Deutschland ausgegeben. Die Gründe für das Wachstum des Nachhilfemarktes sehen die Bildungsforscher vor allem in der wachsenden Unzufriedenheit der Eltern mit dem öffentlichen Schulsystem und gestiegenem Leistungsdruck. Zudem seien es auch längst nicht mehr nur die versetzungsgefährdeten Schüler, die zur Nachhilfe angemeldet werden, sondern immer häufiger auch „Dreier-Kandidaten“. (epd/mig) Gesellschaft Leitartikel Studien
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