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G20

Unwägbarkeiten im Club der Weltenlenker

Klimaschutz, Migration, Freihandel - beim ersten G20-Gipfel mit Donald Trump scheinen die Konfliktlinien weitgehend vorgezeichnet. Der unberechenbare US-Präsident ist aber auch für Überraschungen gut. Von Stefan Fuhr

Donnerstag, 06.07.2017, 4:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 09.07.2017, 14:17 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Großes weltpolitisches Theater in Hamburg: Wenn am 7. und 8. Juli die Staats- und Regierungschefs der G20-Länder zu ihrem Gipfel zusammenkommen, geht es um Macht und deren Inszenierung, um drängende Menschheitsprobleme und die globale Wirtschaft. Jenseits der offiziellen Agenda dürften auch aktuelle Krisenherde wie Syrien und Nordkorea zur Sprache kommen. Dabei wird der Auftritt von Donald Trump, der erstmals als US-Präsident in Deutschland ist, besonders im Fokus stehen – sein bisheriges außenpolitisches Wirken lässt einen Bruch mit manchen Gipfelkonventionen erwarten.

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Die Gipfel der 19 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer und der Europäischen Union (G20) sind stets lange und sorgfältig vorbereitet. Etliche Treffen auf Minister- und Beamtenebene ebnen den Weg, Top-Berater der Staats- und Regierungschefs – sogenannte Sherpa – verhandeln das Schlussdokument. Der Gipfel selbst bietet schließlich die Bühne, auf der die Mächtigen die letzten Details der gemeinsamen Erklärung besprechen, sich vor schmucker Kulisse zum Familienfoto versammeln und als tatkräftige Weltenlenker präsentieren können.

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Diesmal wird es aber wohl anders sein: In ihrer Regierungserklärung zu G20 in der vergangenen Woche sagte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ein schwieriges Treffen voraus. Denn: „Bei Trump ist damit zu rechnen, dass während des Gipfels hart verhandelt wird“, erläutert Axel Berger, G20-Experte vom Deutschen Institut für Entwicklungspolitik. Einen Vorgeschmack bot im Mai der G7-Gipfel im sizilianischen Taormina: Trump verweigerte sich gemeinsamen Positionen zum Klimaschutz und zur Flüchtlingspolitik. In Hamburg könnten laut Berger auch Freihandel und Finanzmarkregulierung zu Streitthemen werden – gegen beides hat sich der US-Präsident schon oft genug pointiert positioniert.

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G20: Die 19 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer sowie die Europäische Union bilden die „Gruppe der Zwanzig“ (G20). Sie vereinen zwei Drittel der Weltbevölkerung und mehr als 80 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung. Die G20-Staaten sind Argentinien, Australien, Brasilien, China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Indien, Indonesien, Italien, Japan, Kanada, Mexiko, Russland, Saudi-Arabien, Südafrika, Südkorea, die Türkei und die USA. Die G20 ist ein informelles Forum, das 1999 als Reaktion auf die Wirtschaftskrise in Asien ins Leben gerufen wurde. Neben finanzpolitischen Themen stehen inzwischen auch Themen wie Klima- Entwicklungs-, Gesundheits- und Arbeitsmarktpolitik auf der Agenda. Globalisierungskritiker werfen der G20 vor, nur auf Wirtschaftswachstum, Profitmaximierung und die Begünstigung großer Konzerne aus zu sein. Folgen dieser Politik seien unter anderem Umweltzerstörung, soziale Ungleichheit, Kriege und Flüchtlingskrisen.

Aufeinandertreffen von Trump und Putin

Aber: „Der ‚Deal Maker‘ Trump ist auch für eine Überraschung gut“, betont Claudia Schmucker von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. Denn anders als erwartet habe sich Trump in Taormina nicht dagegen gewehrt, einen Passus gegen Protektionismus in die Schlusserklärung aufzunehmen – unter der Voraussetzung, dass darin auch „unfaire Handelspraktiken“ gegeißelt werden. Schmuckers Fazit: „Über Trumps außenpolitisches Auftreten herrscht bei den Verhandlungspartnern vor allem Unsicherheit.“ Da passt die jüngste Volte des US-Präsidenten gut ins Bild: Telefonisch sicherte er der Kanzlerin zu, er werde alles tun, damit der Gipfel zum Erfolg werde.

Unwägbar ist auch, wie die erstmalige Zusammenkunft von Donald Trump mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin den Gipfel prägen wird. Das Aufeinandertreffen hat nicht nur wegen der mutmaßlichen russischen Einmischung in den US-Wahlkampf eine besondere Brisanz. Der Abschuss eines syrischen Kampfjets durch die US-Armee hat zuletzt zu erheblichen Spannungen zwischen beiden Ländern geführt.

Trotz der Alphatiere Trump und Putin: Kanzlerin und Gastgeberin Angela Merkel (CDU) wird nach Expertenmeinung die Gelegenheit ergreifen, sich in Hamburg in Szene zu setzen. „Sie wird den Gipfel nutzen, um sich vor der Bundestagswahl als souveräne Weltpolitikerin darzustellen“, sagt Politikprofessor Cord Jakobeit von der Uni Hamburg. Dabei helfen sollen besondere Schwerpunkte, die die deutsche G20-Präsidentschaft auf die Gipfel-Agenda gesetzt hat. Dazu zählt etwa der Kampf gegen gefährliche Krankheiten und die „G20-Partnerschaft mit Afrika“, die bereits im Juni auf einer Konferenz in Berlin präsentiert wurde.

Experten skeptisch über „Partnerschaft mit Afrika“

Über den Nutzen der „Partnerschaft mit Afrika“, die vor allem private Investitionen fördern soll, sind sich die Experten indes uneins. Axel Berger hält sie für sinnvoll: „Diese Initiative zeigt, dass Afrika ernst genommen wird.“ Sie führe auch dazu, dass sich die afrikanischen Länder besser untereinander abstimmen müssten. „Afrika hat allein demografisch ein großes Potenzial“, betont der Experte, „und wird daher für die Weltwirtschaft immer wichtiger.“

Der Hamburger Politikprofessor Jakobeit hingegen glaubt nicht, dass die Initiative den Kontinent voranbringen wird. Bei der „Partnerschaft“ gehe vor allem darum, Exportkredite für deutsche Unternehmen mit höheren Hermes-Bürgschaften abzusichern. „Das ist Politik im Interesse der eigenen Wirtschaft“, kritisiert Jakobeit. „Nachhaltig für Afrika ist das nicht, zumal diese Politik die ärmeren Staaten auf dem Nachbarkontinent außen vor lässt.“

Jakobeit sieht das Problemlösungspotenzial der G20 generell skeptisch – auch in der Wirtschafts- und Finanzmarkpolitik, dem Kernthema der „Gruppe der 20“, die ein Spross der Finanzkrisen ist. „Warum zum Beispiel gab es bislang keine Schritte gegen Steuerflucht?“, fragt der Forscher. Seit 2012 befassten sich die Staaten mit diesem Problem. Aber auch nach Veröffentlichung der Panama Papers, die das ganze Ausmaß der Steuerflucht offengelegt haben, hätten die Länder nicht effektiv gegengesteuert. (epd/mig) Aktuell Politik

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