Flüchtlingspolitik
NRW-Minister kündigt Vorstoß zum Einwanderungsrecht im Bundesrat an
Die Debatte um die Flüchtlingspolitik hält an: SPD-Kanzlerkandidat Schulz lehnt „Auffanglager“ in Libyen ab, Politiker aus Union und sind FDP für "Asylzentren". Auch die Länder mischen mit: Schwarz-Gelb in NRW will Flüchtlingspolitik über den Bundesrat machen.
Montag, 07.08.2017, 4:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 08.08.2017, 16:51 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Die FDP will ihre Regierungsbeteiligung in Nordrhein-Westfalen nutzen, um in den kommenden Jahren Änderungen im Flüchtlingsrecht zu erreichen. „Im Zusammenspiel von Bund und Ländern wollen wir ein konsistentes Einwanderungsrecht schaffen, nach Möglichkeit in einem eigenen Einwanderungsgesetzbuch“, sagte der nordrhein-westfälische Integrationsminister Joachim Stamp der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Die schwarz-gelbe Landesregierung will demzufolge nach der Bundestagswahl im Bundesrat die Initiative ergreifen, um Änderungen auf den Weg zu bringen.
Für integrierte, wirtschaftlich auf eigenen Beinen stehende und seit langem in Deutschland lebende Flüchtlinge forderte Stamp ein „stichtagsunabhängiges dauerhaftes Aufenthaltsrecht“. Wer die Kriterien des Einwanderungsgesetzes erfülle, solle künftig vom vorübergehenden humanitären Schutz hin zum Einwanderungsrecht wechseln und dauerhaft bleiben können. Aus volkswirtschaftlicher Sicht sei es „irre, solche Leute abzuschieben, die gut integriert sind und Steuern zahlen“, sagte Stamp.
Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner forderte eine Verschärfung des Zuwanderungsrechts. Es sei zu unterscheiden zwischen Flüchtlingen, die das Land wieder verlassen müssten, und qualifizierten Arbeitskräften, die eingeladen werden sollten, sagte Lindner den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Auch forderte Lindner erneut ein Einwanderungsgesetz und klare Regeln, um die Zuwanderung zu ordnen.
Asylzentren in Nordafrika
Von Deutschland und Frankreich erwarte er gemeinsame Initiativen für den Grenzschutz im Mittelmeerraum, sagte der FDP-Chef. „Wir müssen mit den Regierungen in Nordafrika daran arbeiten, dass auf dem Festland dort Asylanträge gestellt werden können – oder Anträge für legalen Zugang nach Europa, wenn es sich um Qualifizierte handelt.“
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) befürwortete ebenfalls die Errichtung von Camps in Libyen oder anderen afrikanischen Ländern. Diese müssten dann auch von der EU unterstützt werden, sagte er im Deutschlandfunk. „Dann geht es darum, dass es dort genügend zu essen und zu trinken gibt, dass es dort Schulbildung für die Kinder gibt. Und damit eben auch eine Perspektive auf afrikanischem Festland geschaffen wird“, erklärte der CSU-Politiker. Die Probleme Afrikas könnten nicht dadurch gelöst werden, indem ein nennenswerter Anteil der afrikanischen Bevölkerung in Europa aufgenommen werde.
SPD-Kanzlerkandidat gegen Auffanglager
Auch Innenstaatssekretär Ole Schröder (CDU) forderte angesichts zunehmender Migration über das Mittelmeer eine Unterbringung afrikanischer Asylsuchender in Afrika selbst. Diejenigen, die aus rein wirtschaftlichen Gründen kämen, müssten schon in Afrika zurückgewiesen werden, sagte Schröder der Welt am Sonntag. „Der Automatismus, dass jeder, der es auf das Mittelmeer schafft, auch nach Europa kommt, muss durchbrochen werden.“ Dafür brauche es sichere Orte in Nordafrika.
SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz hingegen sprach sich gegen Auffanglager in Libyen aus. „Die Grundvoraussetzung für solche Lager wären vernünftige staatliche Strukturen – und die gibt es in Libyen nicht“, sagte der SPD-Vorsitzende dem Nachrichtenmagazin Spiegel. „Zum jetzigen Zeitpunkt halte ich Auffanglager in Libyen für nicht machbar.“ Schulz plädierte dafür, Libyen als Staat zu stabilisieren.
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, forderte die EU zu entschlossenen Friedensinitiativen in Libyen auf. „Der bisherige Fokus auf Flüchtlingsabwehr, zu Wasser oder an Land, geht an der libyschen Realität völlig vorbei“, sagte sie mit Blick auf die schwierige humanitäre Lage in Libyen. Priorität müsse der Aufbau von legitimierten und handlungsfähigen staatlichen Autoritäten haben, die von der Bevölkerung akzeptiert würden. Dann könnten auch Hilfswerke Zugang zu Bedürftigen bekommen.
Sicherheitsbehörden rechnen mit steigenden Zahlen
Die Zahl der Asylsuchenden in Deutschland wird sich nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden in den kommenden Monaten erhöhen. Das geht aus einer aktuellen Analyse des Gemeinsamen Analyse- und Strategiezentrums illegale Migration (Gasim) hervor, über die die Welt am Sonntag berichtete. „Mehrere Indikatoren lassen einen Anstieg der illegalen Migration nach Deutschland in der zweiten Jahreshälfte erwarten“, zitiert die Zeitung aus der ihr vorliegenden Untersuchung.
Hintergrund dieser Einschätzung sind dem Bericht zufolge die Überfahrten über das Mittelmeer, das Erreichen der Kapazitätsgrenze in Italien, die Asylpolitik Skandinaviens sowie die grenzpolizeilichen Feststellungen im Juli. Am Gasim beteiligen sich unter anderem Vertreter von Bundespolizei, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Bundesnachrichtendienst und Auswärtigem Amt. (epd/mig) Aktuell Politik
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