Anwerbeprojekt
München begrüßt die tausendste Pflegekraft aus dem Ausland
Das Projekt scheint für beide Seiten ein Gewinn zu sein: "Tripl Win" hilft ausländischen Pflegefachkräften, zur Arbeit nach Deutschland zu kommen. 1.000 Mal hat das schon geklappt. Die Arbeitgeber sind angetan, denn ihnen fehlt oft dringend Personal.
Von Rudolf Stumberger Donnerstag, 17.08.2017, 4:26 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 22.08.2017, 17:19 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Das Zimmer von Hannelore Stuerz (78) im ersten Stock des Caritas Altenheims St. Nikolaus in der Münchner Osterwaldstraße hängt voll von Gemälden. Seit 2014 lebt die Seniorin hier im Heim nahe dem Englischen Garten. Neben ihr steht die Altenpflegerin Janette Dela Cruz – und mit ihr ist Frau Stuerz „sehr zufrieden“. Die 37-jährige Pflegerin arbeitet seit gut einem Jahr in der Landeshauptstadt und sie ist einen weiten Weg gekommen – von den Philippinen.
Janette Dela Cruz ist die tausendste ausländische Pflegekraft, die im Rahmen des sogenannten Tripl-Win-Projektes angeworben wurde, um den Pflegenotstand in Deutschland zumindest abzumildern.
Tripl Win
Sie sei glücklich, erzählt die junge Frau in gutem Deutsch. In ihrer Heimat hat sie eine Ausbildung als Krankenpflegerin abgeschlossen und nach einem Jahr Deutschkurs kam sie nach München. Sie ist eine von 33 Fachkräften, die der Diözesan-Caritasverband in seinen Altenheimen angestellt hat. „Die Zusammenarbeit mit dem Projekt Tripl Win ist eine hervorragende Möglichkeit, motivierte Fachkräfte zu gewinnen, die schon im Herkunftsland auf ihre Aufgabe vorbereitet werden“, sagt Doris Schneider, Geschäftsführerin der Altenheime im Diözesan-Caritasverband.
„Tripl Win“ heißt das Projekt, mit dem seit vier Jahren die Bundesagentur für Arbeit und die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) Pflegekräfte aus Serbien, Bosnien-Herzegowina und den Philippinen anwerben. Das „Tripl“ im Namen bezieht sich auf drei Punkte: Zum einen leistet das Programm einen Beitrag zur Deckung des Fachkräftebedarfs in Deutschland. Zum zweiten wird der Arbeitsmarkt in den Herkunftsländern der Pflegekräfte entlastet, weil es dort nicht genügend freie Arbeitstellen für sie gibt. Und zum dritten gewinnen die angeworbenen Menschen eine neue berufliche Perspektive.
Bedarf an Pflegekräften wächst
„Der Bedarf an qualifizierten Alten- Gesundheits- und Krankenpflegekräften wächst“, sagt Raimund Becker von der Bundesagentur für Arbeit. Und dieser Bedarf kann mit einheimischen Kräften nicht gedeckt werden, es fehlen Zehntausende Fachkräfte. Für viele ist der Beruf des Altenpflegers nicht attraktiv genug, handelt es sich doch um teilweise schwere körperliche Arbeit, die zudem aus der Sicht vieler schlecht bezahlt ist. Anders ist die Situation in den drei Ländern, die am „Tripl Win“-Projekt teilnehmen. Dort herrscht ein Überschuss an gut ausgebildeten Fachkräften, die keine entsprechende Beschäftigung finden.
In Deutschland werden die Pflegekräfte aus den Projektländern geschult, um hiesigen Standards gerecht zu werden. Sie haben zuvor in den Heimatländern mehrere Bewerbungs- und Auswahlverfahren durchlaufen. Der Arbeitgeber trägt die Kosten für die Anreise und die Unterkunft, die Lohn- und Arbeitsbedingungen dürfen nicht schlechter als bei vergleichbaren inländischen Arbeitnehmern sein.
Aufenthaltserlaubnis zunächst befristet
Die Aufenthaltserlaubnis ist zunächst auf ein Jahr befristet und an den Arbeitgeber gebunden. Nach einem regelmäßigen Aufenthalt von fünf Jahren kann ein Antrag auf einen dauerhaften Aufenthaltstitel (Niederlassungserlaubnis) in Deutschland gestellt werden.
Bereits in den 1960er und 70er Jahren kamen Krankenschwestern von den Philippinen nach Deutschland. Der asiatische Inselstaat mit seinen rund 100 Millionen Einwohnern bildet jedes Jahr Tausende Krankenschwestern und Pflegekräfte aus. Nach einer Pause von mehr als drei Jahrzehnten kam im Winter 2013 erstmals wieder eine Gruppe Pflegehelferinnen nach Frankfurt am Main, um „Wärme und Sonnenschein“ in die Krankenzimmer zu bringen, wie es die philippinische Botschafterin in Berlin ausdrückte. Demnächst soll auch Tunesien in das Anwerbeprogramm aufgenommen werden. (epd/mig) Leitartikel Wirtschaft
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Welch ein erschütternd unkritischer Werbe-Beitrag für das GIZ-Projekt! Hier hat sich jemand die Mühe gemacht, die Projektdarstellung zu copy&pasten und das ganze mit einem kleinen Human-Interest-Statement abzurunden…
Dabei kann man mit ein bisschen Recherche auch die Schattenseite dieses neokolonialen Arbeitskraft-Exportmodells betrachten, bspw. das Ausbluten des öffentlichen Gesundheitssektors in den Philippinen, der – zugegebenermaßen nicht erst seit 2013 – darnieder liegt, weil er für Gesundheits-Fachkräfte einfach nicht so attraktiv ist wie die Emigration. Arbeit hingegen gäbe es für die philippinischen Ärztinnen und Pfleger wahrlich genug – sie wird nur nicht angemessen bezahlt. Gleichzeitig übernehmen die Philippinen noch dieKosten Ausbildung, damit Europa seine fertig Fachkräfte preiswert einkaufen kann. Die Kosten tragen die Menschen, die sich keine private Krankenversicherung leisten können.
Einen kleinen Einblick in die Kosten dieses Modells gibt der Artikel Quantität vs. Qualität. Die Folgen des Massenexports von Pflegekräften
auf den philippinischen Gesundheitssektor von Shane Fischer, nachzulesen hier: https://www.asienhaus.de/uploads/tx_news/2017_Windschatten-des-Wachstums__web.pdf