Sommertermin
Merkel sieht Flucht weiter als „globale Herausforderung“
Mitten im Wahlkampf beherrscht nüchterne Sachlichkeit den traditionellen Sommertermin der Kanzlerin. Die Asylpolitik nur noch ein großes Thema von vielen. Merkels Botschaft: Man habe viel geschafft und müsse nun mit Afrika weitere Schritte gehen. Von Corinna Buschow
Mittwoch, 30.08.2017, 4:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 31.08.2017, 16:02 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Zwei Jahre hintereinander waren sie das Hauptthema der traditionellen Auftritte von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor der Bundespressekonferenz in Berlin: die Flüchtlinge. 2015, unmittelbar vor der Entscheidung über die Einreise Verzweifelter aus Ungarn, sagte Merkel dort den Satz, der ihr danach so oft vorgeworfen wurde: „Wir schaffen das“. 2016, ein Jahr und eine heftige Integrationsdebatte später, machte die Hauptstadtpresse die Asylpolitik und deren Folgen wieder zum Topthema.
Und 2017? Mitten im Wahlkampf beherrscht nüchterne Sachlichkeit den traditionellen Sommertermin der Kanzlerin. Die Asylpolitik ist neben dem Dieselskandal, dem Verhältnis zur Türkei und der AfD nur noch ein großes Thema von vielen. Merkels Botschaft: Man habe viel geschafft und müsse nun mit Afrika weitere Schritte gehen.
Asylentscheidung schon in Afrika
Ihr Eingangsstatement widmet sie zum größten Teil den Ergebnissen des Treffens europäischer und afrikanischer Staats- und Regierungschefs am Montag in Paris. Dort wurde verabredet, künftig möglichst schon in den Transitstaaten Afrikas darüber zu entscheiden, ob Menschen ein Recht auf Asyl in Europa haben und ob sie dann über ein sogenanntes Resettlement-Programm legal einreisen können, ohne die lebensgefährliche Fahrt über das Mittelmeer zu riskieren. „Es kommen immer noch zu viele Menschen im Mittelmeer um“, beklagt Merkel.
Dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) und der Internationalen Organisation für Migration hatte sie vor gut zwei Wochen mehr Geld für deren Arbeit in Libyen in Aussicht gestellt. Die Bitte des UNHCR, die Resettlement-Plätze künftig auszubauen, beantwortet Merkel am Dienstag erneut positiv: „Deutschland ist dazu bereit.“ Zudem betonte sie die Notwendigkeit von Entwicklungshilfe, um staatliche Strukturen und den Grenzschutz in den Transitstaaten zu stärken sowie Perspektiven in den südlicher gelegenen Herkunftsstaaten von Flüchtlingen zu schaffen.
Merkel: Wir können uns nicht abschotten
Sie sei davon geleitet, dass man sich nicht abschotten könne, sagt Merkel auf die Frage, ob aus der „Willkommenskanzlerin“ von 2015 durch die Beschlüsse für eine schärfere Abschiebe- und Grenzpolitik eine andere Regierungschefin geworden ist. „Wir können nur in Wohlstand und Sicherheit leben, wenn wir uns mit unserer Nachbarschaft und ihrer Wirtschaftlichkeit befassen“, sagt sie.
Das Thema Flucht sei nach wie vor eine „globale Herausforderung“. Man müsse viele kleine Schritte gehen, um zu Verbesserungen zu kommen. Die Zusammenarbeit mit afrikanischen Staaten sieht sie auf einer Linie mit ihrer bisherigen Flüchtlingspolitik, die unter anderem das EU-Türkei-Abkommen forciert hat und Europa zusammen in der Pflicht sieht. Die EU habe ihre Hausaufgaben dabei noch nicht gemacht, sagt Merkel mit Blick auf den Streit um eine faire Verteilung der Schutzbedürftigen.
Aussetzung des Familiennachzugs bleibt
Beim Thema Familiennachzug für subsidiär Geschützte legt sich Merkel nicht fest. Nach bisheriger Regelung bleibt er für die Gruppe mit untergeordnetem Schutz – mehrheitlich sind das Syrer – bis März 2018 ausgesetzt. Die CSU will auch darüber hinaus daran festhalten. Darüber werde man Anfang nächsten Jahres diskutieren, sagt Merkel und fügt hinzu, sollte sie dann noch Regierungschefin sein.
Es ist einer der wenigen Momente in dieser Sommerpressekonferenz der Kanzlerin, in denen überhaupt deutlich wird, dass gerade Wahlkampf ist. In nicht einmal vier Wochen wird ein neuer Bundestag gewählt und viele Beobachter vermissen die Auseinandersetzung zwischen Merkel und SPD-Herausforderer Martin Schulz. Die Kanzlerin, so der Eindruck bei der Pressekonferenz, sieht der Wahl gelassen entgegen, auch wenn sie sagt: „Für mich ist dieser Wahlkampf nicht langweilig.“ (epd/mig) Aktuell Politik
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