Wahlprüfsteine
Türkische Gemeinde fordert von Parteien Öffnung für Migranten
Die Türkische Gemeinde sieht knapp zwei Wochen vor der Bundestagswahl bei den politischen Parteien und ihren Programmen Defizite in der Integrations- und Migrationspolitik. Sie fordert die Einführung des kommunalen Wahlrechts sowie eine Migrantenquote.
Montag, 11.09.2017, 4:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 11.09.2017, 17:43 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Die Türkische Gemeinde in Deutschland (TGD) sieht bei den politischen Parteien und ihren Programmen Defizite, wenn es um die Integration von Migranten geht. Alle Parteien hätten „großen Nachholbedarf“, Migration als Chance zu begreifen, sagte der TGD-Bundesvorsitzende Gökay Sofuoglu am Freitag in Berlin bei der Vorstellung eines Positionspapiers zur Bundestagswahl.
Zur Verbesserung der gesellschaftlichen Teilhabe fordert die TGD unter anderem die Einführung des kommunalen Wahlrechts für nicht aus der EU stammende Migranten und das Zulassen der Mehrstaatlichkeit. Zudem spricht sich der Dachverband für eine Migrantenquote bei den Kandidatenlisten in Parteien sowie für leitende Positionen im Öffentlichen Dienst aus.
Die Gestaltung der Einwanderungsgesellschaft sei keine Belastung, sondern eine Chance, überkommene Verfahrensweisen mutig zu überdenken, sagte Sofuoglu. Er leitet zusammen mit Atila Karabörklü seit Juni die Türkische Gemeinde in Deutschland. „Unsere Vision einer Einwanderungsgesellschaft basiert auf dem Prinzip der Chancengleichheit“, unterstrich Karabörklü. Dabei verwiesen beide darauf, dass 18,6 Millionen Menschen in Deutschland, und damit etwa jeder Vierte, aktuell einen Migrationshintergrund habe.
Linke, Grüne, SPD für Kommunalwahlrecht
In einer Online-Umfrage unter den insgesamt 1.779 Direktkandidaten von CDU/CSU, SPD, Linke, Grünen, FDP und AfD hatte die Türkische Gemeinde die migrationspolitischen Positionen der Parteien abgefragt. Rund 760 Kandidaten (43 Prozent) antworteten. Danach hätten sich die „Mitte-Links“-Parteien SPD, Grüne und Linke zumindest intensiver mit der Thematik auseinandergesetzt, sagte Sofuoglu. Eine Wahlempfehlung gab der TGD allerdings nicht.
So wollte der Verband unter anderem wissen, ob die Direktkandidaten für die Einführung eines kommunalen Wahlrechts für sogenannte Drittstaatsangehörige, also für Menschen ohne einen EU-Pass, sind. Dafür sprachen sich 97 Prozent der Kandidaten der Linkspartei aus, 93 Prozent der Grünen-Kandidaten und 92 Prozent der SPD-Kandidaten. Die Zustimmung der FDP-Kandidaten lag bei 20 Prozent, bei der CDU lag die Zustimmung bei drei Prozent und bei der AfD bei vier Prozent.
Grüne und SPD mehrheitlich für Zielquoten
Die Frage, ob „Zielquoten in Parteien und Bundesbehörden für Menschen mit Migrationshintergrund“ befürwortet werden, beantworteten die Kandidaten sehr unterschiedlich. Auf mehrheitliche Zustimmung traf die Frage bei den Grünen (74 Prozent) und bei der SPD (64 Prozent). Mehr als zwei Drittel der Kandidaten der Linkspartei (68 Prozent) zeigten sich dagegen „neutral“ in dieser Frage und nur 27 Prozent beantworteten sie mit „ja“. Auf Ablehnung stieß die Frage bei Kandidaten der AfD (96 Prozent), CDU/CSU (95 Prozent) und FDP (93 Prozent).
Insgesamt beinhalteten die Wahlprüfsteine 18 Fragen aus den Bereichen Politische Teilhabe, Anti-Diskriminierung, Bildung und Soziales, Migration und Bürgerrechte sowie Arbeitsmarkt. Antworten erhielt der TGD von 24 Kandidaten der AfD, 58 der CDU/CSU, 146 der SPD, 163 der FDP, 171 der Linkspartei und von 198 Kandidaten der Grünen. Die Türkische Gemeinde in Deutschland repräsentiert nach eigenen Angaben als Dachorganisationen bundesweit 267 Einzelvereine türkischstämmiger Menschen. (epd/mig) Aktuell Politik
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Auch durch ständige Wiederholung wird der Vorschlag des Kommunalwahlrechts für Nichtdeutsche nicht richtiger! Den zweiten Schritt vor dem ersten gehen, erscheint mir nicht als zielführend. Zunächst einmal, diese Regelung besteht nach EU-Recht bereits seit langem. Für alle Bürger der europ. Union, und das bereits nach 3 Monaten Aufenthalt. Auch das ist, eigentlich noch mehr, wider jegliche Vernunft. Wie soll ein/e EU-Ausländer/in mit wahrscheinlich mangelhaften Deutschkenntnissen, erst kurz im Lande, auch nur einigermaßen mit den örtlichen Gegebenheiten vertraut sein, wie soll er/sie wissen, um welche Probleme es bei der Wahl geht, wie soll sie auch nur einen Kandidaten und seine parteipolitische Herkunft ohne Kenntnis einordnen? Da kann man auch „Wahllotto “ spielen. Also, das Ganze mag gut gemeint sein, was zumeist das Gegenteil von „gut gemacht“ bedeutet. Und ich gestehe sogar zu, dass da das Wahlrecht für länger hier lebende, mit den Gegebenheiten vor Ort vertraute Nicht-EU-Leute sinnvoller wäre.
Dennoch bin ich kein Befürworter eines solchen Vorgehens. Hingegen bin ich sehr, und aus voller Überzeugung, für eine deutliche Erleichterung von Einbürgerungsverfahren. Und dann natürlich mit allen Rechten und Pflichten, Wahlrechten sowieso! Warum soll man einer hierzulande, sagen wir seit 5 Jahren lebenden Person mit ordentlichen Sprachkenntnissen, und diesem Land zugetan und sich hier wohlfühlend, irgendwelche Hürden wie „Landeskenntnistests“ zumuten? Reicht nicht eine einfache Zustimmung zum Grundgesetz völlig aus?
Allerdings, und jetzt kommt für manche wieder ein Haken, halte ich eine doppelte Bürgerschaft dann für ausgeschlossen. „Man kann nicht zwei Herren dienen!“ Die dann unvermeidlich auftretenden Loyalitätskonflikte, gerade jetzt in der Erdogankrise wieder voll aufgebrochen, sind für den Aufbau eines Gemeinschafts- und Zugehörigkeitsgefühls, ja man muss es so deutlich sagen, tödlich! In Parallelgesellschaften sind Miss- und Unverständlichkeiten für einander, die meist zu schwere Problematiken und Konflikten führen, zwingend Grund gelegt.
Nochmals, ja zur deutschen Staatsbürgerschaft, so unbürokratisch wie irgend möglich. Wer sich dazu aus Verbundenheit zum ursprünglichen Herkunftsland nicht in der Lage sieht, soll hier in Sicherheit und Frieden seiner Arbeit nachgehen können und ein gutes Leben haben. Er/Sie wird dann allerdings weiterhin Gast bleiben!