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MiGAZIN Kolumnist Sven Bensmann © privat, bearb. MiG

Nebenan

Die Qual des Wahlkampfs

Noch zwei Wochen sind‘s bis vier weitere Jahre Merkel beginnen. Mit dem Ansinnen, dennoch ein paar Zeitungen zu verkaufen, ein paar Leser vor die Mattscheibe zu locken oder ein paar Klicks zu generieren, versucht jeder Werbungsvermarkter im Lande, dennoch Spannung in den Wahlkampf hineinzudichten. Von Sven Bensmann

Von Dienstag, 12.09.2017, 4:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 06.11.2017, 12:42 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Da wird die FDP, die mit abgelegten Trump-Phrasen wieder relevant werden will, in den Bundestag hineingeschrieben, die AfD in jede Talkshow geladen, um diese wie ein Kleinkind in einer Wutphase wieder verlassen zu können, die Linke wie üblich weitgehend übergangen und die Grünen…hachja, die Grünen. Da werden doch vom Parteiblatt, das immer noch in rot daherkommt und sich neutral „tageszeitung“ nennt, aus der Berliner Diaspora heraus Phantasien entwickelt, die Grünen könnten Merkel noch zur Klimakanzlerin machen. Mit dem heiligen St. Kretschmann zu Daimler, Schutzpatron der Dieseltoten in Stuttgart, dem AfD-Doppelagenten Boris Palmer in Thür-…Tübingen, pardon, und der Kirchenjule Eckardt Göring steht dem sicher nichts im Wege.

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Vor ein paar Jahren sagte mal jemand, dass von der SPD nichts übrig sei, als hohle Phrase und literweise rot; ein Bild, dass sich heute problemlos auch auf die Grünen übertragen lässt, für die der Reifungsprozess der Banane längst zum Sinnbild geworden ist.

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Dann wieder gibt es schon seit einiger Zeit Negativpreise für „Greenwashing“, also Auszeichnungen dafür, dass normale Produkte durch eine grüne Verpackung ein frischeres, ökologischeres und gesünderes Image verpasst bekommen sollen: alter Wein in grünen Schläuchen sozusagen. Dass niemand, nicht einmal Die PARTEI, den Grünen bisher Greenwashing in eigener Sache vorgeworfen hat, ist für mich eine der großen Enttäuschungen dieses Wahlkampfs.

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Apropos Die PARTEI: nur zwei Parteien haben diesen Wahlkampf einigermaßen modern, interessant und erfolgreich gestaltet. Die eine ist die AfD, die mit ihrer dauerhaft zur Schau gestellten Opferrolle all denjenigen Untermenschen aus der Seele spricht, die gern mal Herrenmenschen wären, so wie all die Flüchtlinge, denen die Welt gehört und die überall wie die Könige leben – so ja auch das Dogma der GroKo dieser Tage. Das ist modern, wenn auch nicht neu, und erfolgreich. Denn nichts funktioniert besser, als Abschaum zu erklären, er sei zu höherem geboren und man selbst sei der Weg. So funktioniert nicht nur Faschismus.

Die andere ist Die PARTEI. Nicht nur die Leaks aus dem Innenleben der AfD, die mit Erwartungen brechenden Wahlplakate und Antworten im „Wahl-o-Mat“ oder PARTEI-Graffiti an S-Bahnen spielen dabei in einer anderen Liga als die anderen: der wahre Kern dessen, was die PARTEI ausmacht, findet sich in deren Spitzenkandidaten. Der vereint nämlich kaum durch Comedy maskierte Ernsthaftigkeit mit einer demonstrativ zur Schau gestellten Verachtung für sein Publikum, über die die Scheibenwischer-Generation der Kabarettisten höchstens nach dem Karriereende zu sprechen wagt – in bitterer Erkenntnis, dass ihre ganze Karriere rein gar nichts bewegt hat.

Auch das ist übrigens ein Unterschied zum Kanzlerkandidaten der PARTEI. Der musste lange unter Polizeischutz und in Schussweste auftreten, weil er die Menschen bewegt hat, stieg vom „Hassprediger“ zum „Hassias“ auf und will nun der erste türkeistämmige Kanzler Deutschlands werden. In diesen so deutschen Wahlkampf, da sich Union, Sozialdemokraten, Grüne und Liberale mit den Nationalisten nicht nur in der Flüchtlingsfrage einig sind, bringt das im wahrsten Sinne etwas Farbe. Und wer weiß, vielleicht ist Deutschland ja reif für einen „Hassler“. Klingt jedenfalls schonmal ziemlich Porno… Aktuell Meinung

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