Studie
Bundestagswahl zeigt neue Konfliktlinien der Demokratie
Mit dem Einzug der AfD in den Bundestag ist das Wahlergebnis einer neuen Studie zufolge repräsentativer geworden. Zugleich zeige sich eine zunehmende politische Fragilität der bürgerlichen Mitte, heißt es in einer Analyse der Bertelsmann-Stiftung.
Montag, 09.10.2017, 6:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.01.2020, 15:43 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Das Bundestagswahlergebnis 2017 hat einer Studie zufolge eine neue gesellschaftliche Konfliktlinie zutage gefördert. Statt der herkömmlichen Links-Rechts-Kategorien gebe es in Deutschland eine „neue Konfliktlinie der Demokratie zwischen Modernisierungsskeptikern und Modernisierungsbefürwortern“, heißt es in einer am Freitag veröffentlichen Studie der Bertelsmann-Stiftung. Zugleich sei durch die gestiegene Wahlbeteiligung die soziale Spreizung der Wählerschaft besser repräsentiert.
Für die repräsentative Studie mit dem Titel „Populäre Wahlen – Mobilisierung und Gegenmobilisierung der sozialen Milieus bei der Bundestagswahl 2017“ befragte das Institut YouGov im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung eine nach der Wahl 10.000 Bundesbürger. Zudem basiert die Studie auf Wahlkreisdaten von infratest dimap.
Studienautor Robert Vehrkamp betonte, dass insbesondere der Wahlerfolg der AfD nicht vorrangig als ostdeutsches Phänomen interpretiert werden dürfe. Statt einer regionalen Spaltung gebe es eine neue Konfliktlinie zwischen verschiedenen sozialen Milieus, begründete der Leiter des Programms „Zukunft der Demokratie“ der Bertelsmann-Stiftung und Gastwissenschaftler am Wissenschaftszentrum Berlin (WZB).
Links-Rechts-Zuschreibungen ausgedient
Auch bisherige Links-Rechts-Zuschreibungen hätten für die Erklärung des Wahlverhaltens und für das Parteienspektrum ausgedient. Die neue Spaltung der Wählerschaft in Modernisierungsskeptiker und -befürworter könne auch in Zukunft die politischen Auseinandersetzungen und Wahlergebnisse prägen, sagte Vehrkamp. Ähnliche Entwicklungen gebe es etwa in Frankreich, Österreich, den Niederlanden und den USA.
In der Bertelsmann-Studie wurde den Angaben zufolge erstmals das Wahlverhalten von sozialen Milieus bei einer Bundestagswahl analysiert. Die sogenannten zehn Sinus-Milieus werden von Forschern zunehmend für die Erklärung gesellschaftlicher Entwicklungen genutzt, weil sozialökonomische Faktoren wie Einkommen und Bildung nicht mehr ausreichend seien. Hinzu kommen nun auch Werteorientierungen. Unterteilt wird die Wählerschaft danach in gesellschaftliche Gruppen wie etwa „Prekäres Milieu“, „Traditionelles Milieu“, „Bürgerliche Mitte“, „Liberal-Intellektuelles Milieu“ oder „Milieu der Performer“.
AfD-Wähler mehrheitlich modernisierungsskeptisch
In modernisierungsskeptischen Milieus identifizieren sich der Studie zufolge die Menschen mit Begriffen wie „Tradition“ oder „Besitzstandswahrung“. Für modernisierungsoffene Milieus seien dagegen „Grenzüberwindungen“ und „Beschleunigung“ prägende Begriffe. Knapp zwei Drittel aller AfD-Wähler (65 Prozent) kämen aus Milieus, die eher modernisierungsskeptisch sind. Dabei habe die AfD im Parteienspektrum ein Alleinstellungsmerkmal, sagte Vehrkamp.
Zugleich habe die AfD wie keine andere Partei vor allem sozial prekäre Nichtwähler mobilisieren können. Durch diesen „AfD-Effekt“ sei die soziale Spaltung der Wählerschaft 2017 zum ersten Mal seit 1998 wieder spürbar gesunken. Zudem betonte Vehrkamp, dass sich etablierte Parteien künftig „wieder stärker mit der Lebensrealität der Wähler in verschiedenen sozialen Milieus“ befassen müssten. (epd/mig) Gesellschaft Leitartikel Studien
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Sollten die Erkenntnisse der Studie zutreffend sein, und wenig spricht dagegen, dann bewegt sich unsere Gesellschaft in höchst bedenklicher Weise hin zu einem irrationalen Schuldzuweisungspopulismus und weg von rational-logischer Verursachungsergründung. Schuld am „eigenen Elend“ sind dann nicht mehr strukturelle Ungerechtigkeitsmechanismen, z.B. eines globalisiertem Kapitalismus, sondern diejenigen, die genau durch diese Entwicklung gezwungen sind, wegen völliger Perspektivlosigkeit und nackter Existenzangst unter Einsatz von Leib und Leben ihre Heimat zu verlassen, und in Europa ihr Heil zu suchen. Anders ist ja, Entschuldigung, die bodenlose Dummheit der benachteiligten Gruppen der AfD-Wählerschaft, dieser geradezu antisozialen, auch finanz- und wirtschaftspolitisch reaktionären Partei ihre Stimme zu geben, überhaupt nicht zu erklären. Was bitte hat ein langzeitarbeitsloser, womöglich ungelernter bisheriger Nichtwähler mit einem gut versorgtem Studienrat oder ordentlich verdienendem Mittelständler gemeinsam, außer ihren gepflegten Vorurteilen?
Die Entwicklung von vor 1933 drängt sich geradezu auf, als es der NSDAP gelang, große Teile des Prekariats, mit Hetzparolen gegen Minderheiten wie Juden und Kommunisten, zu sich hinüber zu locken. Dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten, in dem endlich sichtbar auch die dem Tempo von Digitalisierung und Globalisierung nicht gewachsenen Bevölkerungsteile wieder Anteil an der wirtschaftlichen Prosperität der „Performer“ erlangen, wird vorrangigste Aufgabe der nächsten Legislaturperiode sein. Und dazu sollte dann auch der Begriff „Umverteilung“ nicht länger ein Tabu sein dürfen, auch wenn natürlich niemand um die Früchte seiner Arbeitskraft gebracht werden soll. Wohl aber gilt es die großen Vermögen der Kapital-, Grund- und Immobilienbesitzer, insbesondere den Vererbungsprozess, in dem teils gewaltige Vermögen ohne jegliche eigene Arbeitsleistung verschoben werden, in gerechterer Weise als bisher heran zu ziehen. Ob zum Erreichen dieses Ziels allerdings ausgerechnet „Jamaika“ die richtige Farbkombination ist, darf mit einigem Recht in Zweifel gezogen werden!
Diese komischen Experten mit ihren teuren Studien über das Wahlverhalten der Bürger kommen mir immer so vor wie der Mann, der seinen verlorenen Schlüssel grundsätzlich nur im Licht unter einer Strassenlaterne sucht. Weil er schliesslich nur dort etwas sehen kann.
Logisch, dass sie dort dann auch jede Menge an Gründen und vor allem viel Müll finden. Als da sind die „sozialen Milieus“, und das „ostdeutsche Phänomen“, und ein „prekäres Milieu“, und „sozialökonomische Faktoren wie Einkommen und Bildung“, und, ganz modern, die „Modernisierungsskepsis“. Und vor allem natürlich die berühmt-berüchtigte „bodenlose Dummheit“ aller dieser angeblich „antisozialen“ und „reaktionären“ AfD-Wähler.
Nur die Wahrheit finden sie dort nicht in ihrer eigenen Dummheit. Und noch nicht einmal ansatzweise eine plausible, konsistente Erklärung für das Wahlverhalten der Bürger. Zum Beispiel nämlich, dass immer mehr AfD-Wähler aus allen sozialen Schichten und allen sonstigen Einkommens- und Herkunfts- und Bildungsstufen die Nase restlos gestrichen voll haben von genau dieser Bevormundung und sogenannten „Analyse“ dieser selbsternannten Experten, mit der sie ihn manipulieren wollen.
Die begreifen einfach nicht, dass ihre Argumente kontraproduktiv sind. Dass sie mit ihren billigen linkspopulistischen Schlagwörtern wie Globalisierung und offenen Grenzen, und natürlich mit ihrer berühmten Nazi-Keule keinen einzigen potentiellen AfD-Wähler davon überzeugen können, diese heutige grenzenlose Zuwanderung gutzuheissen. Oder auch nur mit ihren echt rassistischen und menschenverachtenden Lügen, wonach nur alle Flüchtlinge aus der ganzen Welt nach Deutschland kommen müssten, weil das schliesslich „Humanität“ sei und das alles dann mit einer „Umverteilung“ bezahlt werden könnte, und es in der Heimat der Flüchtlinge auch gleich viel besser zuginge, wenn sie nur allesamt mit ihren Familien nach Deutschland kämen.
Immerhin scheinen sie aber allmählich zu ahnen, dass sie mittelfristig oder gar langfristig keinen Erfolg haben werden mit ihren linken Lügen. Denn der normale AfD-Wähler ist doch nicht so dumm, dass er nicht sieht, wie er da verschaukelt werden soll. Der orientiert sich einfach an der Realität.