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Maxim Gorki Theater

Radikal für eine neue jüdische Leitkultur in Deutschland

Eine neue jüdische Kultur in Deutschland, die sich nicht auf die Themen Antisemitismus oder den Nahost-Konflikt beschränkt. Das wollen die Schriftstellerin Salzmann und der Lyriker Czollek mit den "Radikalen Jüdischen Kulturtagen" am Berliner Maxim Gorki Theater anstoßen. Drei Fragen an Sasha Marianna Salzmann:

Von Sophie Elmenthaler Donnerstag, 09.11.2017, 6:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 12.11.2017, 13:43 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Am Berliner Maxim Gorki Theater haben die Schriftstellerin Sasha Marianna Salzmann und der Lyriker Max Czollek die „Radikalen Jüdischen Kulturtage“ organisiert, die noch bis zum 12. November dauern. Im Fokus: die deutsche Gegenwart und eine neue jüdische Kultur in Deutschland, die sich nicht auf die Themen Antisemitismus, Gedenken an die Reichpogromnacht am 9. November und Nahost-Konflikt beschränkt. Drei Fragen an die in Wolgograd geborene Dramatikerin, Essayistin und Hausautorin des Gorki-Theaters:

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Frau Salzmann, Sie und Max Czollek haben schon vergangenes Jahr den „Desintegrationskongress“ organisiert und nun die „Radikalen Jüdischen Kulturtage“, die unter dem gleichen Motto „Desintegration“ stehen. Was hat es damit auf sich?

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Sasha Marianna Salzmann: Desintegration bedeutet, aus der Rolle auszubrechen, die in Deutschland für Juden vorgesehen ist: über die Schoah, Antisemitismus und den Nahostkonflikt zu sprechen. Beim „Desintegrationskongress“ letztes Jahr ging es deshalb um die Frage, was jüdische Identität oder Identitäten im 21. Jahrhundert stattdessen sein können. Damals war der Schwerpunkt auf Diskurs, jetzt lassen wir die Kunst sprechen. Von misrachischen, also arabisch-jüdischen, bis zu US-amerikanischen Stimmen versuchen wir eine möglichst große Bandbreite abzudecken.

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Die Programmpunkte heißen „Jippie Ja Jey Jude“, „Celan mit der Axt“, „Punching Nazis“, das klingt alles sehr brutal. Geht es Ihnen um vor allem die Provokation?

Sasha Marianna Salzmann: Menschen denken meistens etwas ist eine Provokation, wenn sie es nicht verstehen. Die Mehrheitsgesellschaft ist es gewohnt, dass man Inhalte für sie aufbereitet, das tun wir sicherlich nicht. Hier geht es um unsere Perspektiven. Wir haben diese Kunst schon so gemacht, diese Positionen vertreten, bevor es die „Radikalen Jüdischen Kulturtage“ gab. Der „Jippie Ja Jey-Jude“ ist die Schublade, in der wir stecken: der gute Jude, der über die Schoah redet und am 9. November Kerzen anzündet. Wir aber feiern, dass wir den Krieg gewonnen und die KZs befreit haben. Wenn die Leute unser Programm als Provokation empfinden, ist das ein Zeichen dafür, dass sie lieber den Opfer-Juden, diesen „Jippie Ja Jey Juden“ wollen.

Was wollen Sie damit langfristig erreichen?

Sasha Marianna Salzmann: Wir wollen, dass unsere Kultur in ihrer Vielfältigkeit wiederaufgebaut wird. Wir wissen alle, jüdische Kultur wurde vernichtet, Bücher wurden verbrannt, Leute wurden ins Exil gezwungen – wie Valeska Gert, die Marina Frenk jetzt im Rahmen der Kulturtage auferstehen lässt. Wiederaufbau von Kultur bedeutet für uns aber nicht, Millionen von Euro nach Israel zu schicken für U-Boote, oder zu überlegen, ob man einen Zug Anne Frank nennen soll. Wir wollen konkrete Unterstützung für den Aufbau einer neuen künstlerischen, jüdischen Leitkultur in Deutschland. Die „Radikalen Jüdischen Kulturtage“ sind ein erster Schritt in diese Richtung. (epd/mig) Aktuell Feuilleton

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