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Anti-Kriegs-Skulptur

Künstler Manaf Halbouni: „Wir können es uns leisten, Busse als Kunst auszustellen“

Mit seiner Anti-Kriegs-Skulptur "Monument" hat der deutsch-syrische Künstler Manaf Halbouni international Schlagzeilen gemacht. Im Februar stieß die Installation, die an Bus-Barrikaden im bürgerkriegszerstörten Aleppo erinnern soll, auf massiven Protest in Dresden - unter anderem bei "Pegida"-Anhängern. Nun wird "Monument" in Berlin gezeigt. Christine Xuân Müller spracht mit dem 33-Jährigen über die Wirkung seiner Kunst:

Von Christine Xuân Müller Freitag, 17.11.2017, 6:20 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 19.11.2017, 13:00 Uhr Lesedauer: 5 Minuten  |  

Seit einigen Tagen steht Ihre Anti-Kriegs-Skulptur „Monument“ vor dem Brandenburger Tor. Wie sind die Reaktionen des Publikums?

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Manaf Halbouni: Vor Ort waren die Reaktionen super. Viele sind begeistert, und es gab bislang nur positives Feedback. Allein die Eröffnung am Brandenburger Tor war das komplette Gegenteil zu der vor der Frauenkirche Mitte Februar. Der Grund dafür ist sicher, dass Berlin einfach verschmolzener mit vielen anderen Kulturen ist als Dresden.

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Im Internet wird es aber auch jetzt anstrengend. Da sind wieder die rechtslastigen Diskussionen losgegangen. Ein AfD-Politiker hatte sich schon während des Aufbaus vor der Installation fotografieren lassen und das Bild über Twitter mit entsprechenden Aussagen gepostet. Ich gehe auf die meisten Tweets und Kommentare nicht ein, weil das keinen Sinn macht. Jeder hat eine andere politische Meinung. Ich will aber über die Kunst reden.

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Warum haben Sie ganz bewusst Dresden und Berlin als Standorte für „Monument“ gewählt?

„Die Busse stehen als Schutz da, dass Menschen in einer kriegszerstörten Stadt halbwegs wieder einen Alltag führen können. Ich will damit auch vor Augen führen, wie verdammt gut es uns hier geht.“

Manaf Halbouni: Ich erinnere mich noch, wie Dresden in meiner Kindheit ausgesehen hat. Vor der Wende stand hier nur die Ruine der Frauenkirche. In den 1990er Jahren begann der Wiederaufbau, es ist eine Art Disneyland mit sauberen Fassaden und so weiter entstanden. Ich fand es schade, dass die Symbolik der Frauenkirche, ihre Ruine als Friedensmahnmal verschwunden ist. Von daher wollte ich für kurze Zeit einen Bruch in dieses intakte Bild reinbringen, was gleichzeitig Erinnerung und Hoffnungssymbol sein sollte.

Das Brandenburger Tor ist das Wahrzeichen Berlins. Hier wurde vieles durchgemacht, Kriege haben stattgefunden, hier begannen aber auch Kriege. Hier wurde ein Land geteilt, hier wurde aber auch wieder ein Land vereint. Die Kunstinstallation nimmt nun ebenfalls Bezug auf den Aspekt der Einigung. Es zeigt, dass wir miteinander reden müssen, um Kompromisse zu erzielen. Inzwischen steht „Monument“ also auch für den Dialog.

Ursprünglich wollten Sie damit auf die unfassbaren Kriegsleiden der syrischen Zivilbevölkerung aufmerksam machen. Inspiriert wurden Sie von einem umstrittenen Pressefoto aus Aleppo, auf dem zuerst die Fahne einer islamistischen Organisation zu sehen war. Haben Sie inzwischen klären können, ob das Bild im Nachhinein retuschiert wurde?

Manaf Halbouni: Beim ersten Foto, das der „Guardian“ abgedruckt hat, war die Fahne abgeschnitten. Das Bild wurde anders skaliert. Trotzdem existieren nur zwei Fotos mit einer Fahne darauf. Wir haben im Nachhinein viele Menschen aus Aleppo befragt, unter anderem den Bürgermeister der Stadt. Alle sagten, dass diese Fahne nur kurz zu sehen war. Unstrittig ist, die Bus-Barrikaden wurden von der Zivilbevölkerung aufgebaut, um sich vor Heckenschützen zu schützen.

„Ich bin inzwischen der Meinung, die Kunst sind gar nicht mehr die Busse, sondern das, was drum herum passiert. Die Leute gehen aufeinander zu, sie diskutieren über Kunst, über Politik, über Frieden, über Krieg, über Waffen, über alles Mögliche.“

Aber es geht doch nicht um dieses Foto, es geht nicht um die Fahne, es geht um diesen sinnlosen Krieg, der in Syrien stattfindet. Und mir geht es mit „Monument“ auch um das Leben, das in Aleppo entstanden ist. Es ist ein Lebenssymbol. Die Busse stehen als Schutz da, dass Menschen in einer kriegszerstörten Stadt halbwegs wieder einen Alltag führen können. Ich will damit auch vor Augen führen, wie verdammt gut es uns hier geht: Wir brauchen solche Busse nicht als Barrikade, sondern wir können es uns leisten, Busse als Kunst auszustellen und damit zu mahnen, dass hier nie wieder sowas passiert.

In Dresden stieß „Monument“ zudem auf Protest, weil viele in der Verknüpfung des Leids der Zivilbevölkerung von Aleppo mit den Zerstörungen Dresdens durch alliierte Bomber das Gedenken der Stadt beschmutzt sahen. Was haben Sie dabei empfunden?

Manaf Halbouni: Ich fand es ehrlich gesagt erschreckend, dass viele Dresdner nur an die eigenen Opfer erinnern wollen und nicht an die in Aleppo. Jeder Krieg ist schlimm, egal wo er stattfindet. Insofern habe ich dieses Argument nicht verstanden. Aber der 13. Februar – also der Tag, als die Skulptur vor der Frauenkirche aufgestellt wurde – ist immer ein Problemtag in der Stadt, weil niemand ganz genau weiß, wie man damit umgehen soll.

In den neun Jahren, die ich jetzt wieder in Dresden lebe, wurde dieser Tag immer für irgendetwas instrumentalisiert. Meistens marschieren rechte und linke Demonstranten auf. Ein Tag der eigentlich friedlich sein sollte, wo man an das Leiden erinnert, wird in Dresden immer wieder für Propaganda ausgenutzt. Das ist einfach schade. Als ich „Monument“ aufgebaut habe, wurde immerhin über diese Arbeit gesprochen. Damit hatte sich ein bisschen was verändert in der Stadt.

Ihre Skulptur hat tatsächlich viele Diskussionen ausgelöst. Sie haben damit auch international Schlagzeilen gemacht. Also ist ihr Projekt ein Erfolg?

Manaf Halbouni: Auf jeden Fall. Die ganze Zeit schon. Es ist ein Dialog entstanden. Ich bin inzwischen der Meinung, die Kunst sind gar nicht mehr die Busse, sondern das, was drum herum passiert. Die Leute gehen aufeinander zu, sie diskutieren über Kunst, über Politik, über Frieden, über Krieg, über Waffen, über alles Mögliche. Insgesamt ist „Monument“ aus meiner Sicht ein großer Erfolg. Selbst die kritischen, ablehnenden Reaktionen habe ich alle positiv gesehen und nicht negativ. In Dresden habe ich den Protest oft als Ehrlichkeit empfunden, weil die Leute mir ihr Herz geöffnet haben – auch wenn es oft in einer unnetten Weise war.

Wie geht es weiter mit „Monument“?

Manaf Halbouni: Ich würde mich freuen, wenn die Installation eine Tournee um die ganze Welt machen würde. Es gibt auch Anfragen, aber noch keine konkreten Verabredungen. Ende November werden die Busse erstmal wieder eingelagert und dann schauen wir weiter. Aktuell Feuilleton Interview

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