Ermittler
Altenaer Angreifer war arm, allein und psychisch labil
Der Angriff auf den Altenaer Bürgermeister Hollstein hatte offenbar einen politischen Hintergrund. Der Messerstecher habe den CDU-Politiker töten wollen, weil er Asylsuchende in der Stadt aufgenommen hat. Staatsanwaltschaft geht von spontaner Gewalt aus: Angreifer sei arm, allein und psychisch labil.
Mittwoch, 29.11.2017, 6:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 04.12.2017, 16:59 Uhr Lesedauer: 4 Minuten |
Die Staatsanwaltschaft Hagen wertet den Messerangriff auf den Bürgermeister der sauerländischen Kleinstadt Altena, Andreas Hollstein (CDU), als Mordversuch mit fremdenfeindlichem Motiv. Der 56-jährige Beschuldigte, der leicht alkoholisiert gewesen sei, habe in Tötungsabsicht gehandelt, sagte Oberstaatsanwalt Gerhard Pauli am Dienstag in Hagen. Erkenntnisse über Verbindungen in die rechtsextreme Szene gebe es bislang nicht. Die Tat vom Montagabend löste bundesweit Entsetzen aus.
Die Staatsanwaltschaft gehe davon aus, dass der Mann, der auch psychische Probleme habe, spontan gehandelt hat, erklärte Pauli weiter. Der Angriff sei nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft aus niederen Beweggründen geschehen. Der Beschuldigte rechtfertige die Tat damit, dass der Bürgermeister mehrere hundert Asylsuchende in die Stadt geholt habe. „Das stellt aus unserer Sicht eine Motivation dar, die auf unterster niedriger sittlicher Stufe steht.“ Dass der Bürgermeister keine schwerwiegenderen Verletzungen erlitten habe, liege nur daran, dass er sich gewehrt hat.
„Ich steche dich ab.“
Gegen den Verdächtigen wurde Haftbefehl beantragt. Eine richterliche Vorführung sollte noch am Dienstag erfolgen. Der Mann selbst machte bislang keine weiteren Angaben zu der Tat und will sich über einen Rechtsanwalt äußern.
Mit drastischen Worten soll der Mann aus Altena am Montagabend den Ermittlern zufolge nach einem Zusammentreffen in einem Döner-Imbiss die Flüchtlingspolitik des Bürgermeister kritisiert und sinngemäß gesagt haben: „Ihr dreht mir das Wasser ab und holt Flüchtlinge in die Stadt. Ich steche dich ab.“
Ermittler gehen von spontaner Tat aus
Daraufhin habe er ein Küchenmesser mit einer 22 Zentimeter langen Klinge aus dem Rucksack gezogen und Hollstein am Hals eine leichte Schnittwunde zugefügt, schilderte Ralf Eickler von der Mordkommission. Nur durch das Eingreifen des türkeistämmigen Imbissbudenbesitzers, Abdullah Demir, und seines zu Hilfe eilenden Sohnes seien gravierendere Verletzungen verhindert und der Angreifer überwältigt worden.
Neben Bürgermeister #Hollstein würdigt @ArminLaschet auch das beherzte Eingreifen der beiden Männer in der Dönerbude: „Das ist Zivilcourage. Sie sind ein Vorbild für Engagement in unserem Land.“ #Altena @RTLWEST pic.twitter.com/MUo6bOaqQh
— Charlotte Schröder (@CharloSchroeder) 28. November 2017
Bislang gehen Staatsanwaltschaft, Staatschutz und Polizei von einer spontanen Tat aus. Der Mann lebe in prekären Verhältnissen, erklärten die Ermittler. Getrennt von seiner Ehefrau wohne der arbeitslose Maurer mit psychischen Problemen allein in seinem Haus in Altena, das aufgrund einer Insolvenz unter Zwangsversteigerung steht und in dem bereits die Wasserversorgung abgestellt wurde.
Gutachten soll Schuldfähigkeit klären
Die Schuldfähigkeit des Mannes müsse unter anderem durch ein Gutachten geklärt werden, sagte Oberstaatsanwalt Pauli. Auch müsse geprüft werden, ob der Beschuldigte möglicherweise in suizidaler Absicht gehandelt habe und sich durch die eintreffenden Polizeibeamten habe töten lassen wollen.
Nach Worten von André Dobersch vom Staatsschutz steht der Bürgermeister unter polizeilichem Schutz. Auch würden diverse Hassmails, die Hollstein nach der Tat erreichten, nach strafrechtlicher Relevanz ausgewertet.
Hollstein: Hass bringt uns nicht weiter
Hollstein selbst warnte nach der Messerattacke auf ihn vor Hass in der politischen Auseinandersetzung. „Hass bringt uns nicht weiter, diese Botschaft rüberzubringen, ist mir wichtig“, sagte Hollstein am Dienstag in Altena. Hollstein betonte: „Ich werde mich weiter für Flüchtlinge und Bürger in Altena einsetzen.“
Vertreter der Bundesregierung haben sich entsetzt über die Messerattacke auf den Bürgermeister von Altena, Andreas Hollstein (CDU), geäußert. „Attacken auf Amtsträger, die sich mit ihrem persönlichen Einsatz für unsere Gesellschaft einbringen, sind verabscheuungswürdig“, erklärte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Dienstag über den Kurznachrichtendienst Twitter. Er forderte, sich Hass und extremistischer Gewalt entgegenzustellen. Über Twitter teilte auch Regierungssprecher Steffen Seibert mit, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sei entsetzt über den Messerangriff.
Özoğuz: Tat muss aufrütteln
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoğuz (SPD), erklärte, die Tat müsse aufrütteln. Viele Bürgermeister und Ehrenamtliche müssten ständig Beschimpfungen und sogar Drohungen ertragen. „Politik und Zivilgesellschaft müssen sich deshalb stärker schützend vor Betroffene stellen“, sagte sie. SPD-Chef Martin Schulz twitterte, er sei „schockiert“ über die Tat. Alle Politiker wünschten Hollstein schnelle Genesung.
Der 17.000-Einwohner-Ort Altena hatte Anfang des vergangenen Jahres von sich reden gemacht, weil sich der Stadtrat entschieden hatte, freiwillig mehr Flüchtlinge aufzunehmen, als nach dem Zuteilungsschlüssel des Landes Nordrhein-Westfalen nötig gewesen wäre. Im Mai wurde Altena für vorbildliches Engagement bei der Integration von Flüchtlingen mit dem ersten Nationalen Integrationspreis der Bundesregierung ausgezeichnet. (epd/mig) Leitartikel Panorama
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Solange niemand „Alluhu Akbar“ ruft, haben wir es erstaunlich viel mit psychisch labilen, spontan handelnden deutschen Einzeltätern zu tun.
Diese haben stets kein gefasstes rechtsextremes Weltbild.
Innerhalb von Sekunden benutzen sie Rechtsextrimistensprech bevor sie zustechen oder töten und hinterher verwandeln sie sich zu lupenreinen Saubermännern. Mumien , Monstren, Mutationen….Das ist Hollywoodlike.
Bevor solche Aussagen getroffen werden, hätte zumindest eine Hausdurchsuchung und eine Auswertung der Computer und Smartphones vielleicht etwas über die Person hervor gebracht.
Wie immer wird alles entpolitisiert und lieber pathologisiert, so wie beim Attentäter vom Olympia Einkaufszentrum in München (2016). Viele andere Beispiele könnten hier aufgelistet werden…
@demba
Gerade das Beispiel „München“ zeigt doch, dass man sich etwas Zeit nehmen sollte bis alle Spuren ausgewertet wurden.
Warum bist du so emotional?
Erst schreibst du einen Genozid herbei, der so nicht stattfindet (siehe Kommentar zu „Migazin: Mittelmeer laut UN gefährlichste Migrationsroute“) und jetzt das hier.
Das der „Angreifer“ sein Haus bei einer Zwangsversteigerung verliert und ihm der nette Herr Bürgermeister bei seinem Zweit-Job als Geschäftsführer des örtlichen Wasserwerkes das Wasser abgedreht hat wird glaube ich verschwiegen.