Flüchtlingspolitik
EU verklagt Polen, Ungarn und Tschechien
Wie Du mir, so ich Dir: Nachdem mehrere Länder vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die Umverteilung von Flüchtlingen in Europa geklagt hatten, zieht nun ihrerseits die EU-Kommission vor Gericht, um die Umverteilung durchzusetzen.
Freitag, 08.12.2017, 6:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 10.12.2017, 13:02 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Polen, Ungarn und Tschechien müssen sich wegen ihrer Weigerung, Flüchtlinge aufzunehmen, vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) verantworten. Die drei Länder machten keine Anstalten, einen gültigen Beschluss vom September 2015 umzusetzen, begründete die EU-Kommission am Donnerstag in Brüssel ihre Klage vor dem obersten EU-Gericht in Luxemburg.
„Das kann für diese drei Mitgliedstaaten keine Überraschung sein“, sagte Vizekommissionschef Frans Timmermans. Brüssel hatte Warschau, Budapest und Prag tatsächlich immer wieder gemahnt und im Sommer ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, das jetzt in der Klage mündete. Vertragsverletzungsverfahren sind in der EU nicht selten, allerdings werden die allermeisten noch vor dem Gang zum EuGH beigelegt. Sollte der EuGH der Kommission Recht geben, müssen die Regierungen das Urteil umsetzen. Tun sie es nicht, können sie in einem weiteren Verfahren zu hohen Geldbußen verurteilt werden.
Streit um Aufnahme von Flüchtlingen
Die Klage stützt sich auf einen EU-Beschluss vom September 2015. Damals, in der Hochzeit der sogenannten Flüchtlingskrise, hatten die EU-Innenminister beschlossen, bis zu 160.000 Menschen vor allem aus Griechenland und Italien in anderen EU-Ländern unterzubringen. Polen sollte nach zuletzt im Juli aktualisierten Zahlen 6.182 Menschen aufnehmen und nahm keinen einzigen, Ungarn waren 1.294 zugeteilt, dort wurde ebenfalls niemand aufgenommen. Nach Tschechien gelangten demnach von 2.691 zugeteilten Menschen nur zwölf.
In der Zwischenzeit hat die Kommission zwar die anvisierte Gesamtzahl stark heruntergesetzt, unter anderem, weil nicht genug Flüchtlinge für die Umverteilung infrage kämen. Auf die generelle Verpflichtung der drei jetzt verklagten Staaten hat das aber keinen Einfluss. „Es gibt immer noch einige Tausend Flüchtlinge, die für die Umverteilung infrage kommen, in Griechenland und Italien“, sagte Timmermans am Donnerstag.
Der EuGH-Prozess wäre der zweite in derselben Angelegenheit. Ungarn und die Slowakei hatten ihrerseits gegen die Umverteilung Klage eingereicht. Die Maßnahme sei weder geeignet noch nötig, um auf die Flüchtlingskrise zu reagieren, argumentierten sie. Daneben machten sie vermeintliche Formfehler des Beschlusses geltend. Der EuGH wies die Klage im September ab.
Dublin-System in der Diskussion
Unterdessen ging in Brüssel am Donnerstag auch die Diskussion um die Verteilung von Flüchtlingen im Rahmen des Dublin-Systems weiter. Die aktuelle Dublin-Verordnung sieht vor, dass in der Regel der EU-Staat für einen Asylbewerber zuständig ist, wo dieser zuerst europäischen Boden betritt. Genau das hatte zur Überlastung Italiens und Griechenlands geführt und 2015 die Beschlüsse zur Umverteilung der 160.000 Menschen provoziert.
Um für die kommenden Jahren die Last von Vornherein gleichmäßiger zu verteilen, hat die EU-Kommission eine Reform der Dublin-Verordnung vorgeschlagen. Die Kernänderung wäre, dass bei einer Überlastung einzelner Staaten alle anderen Staaten Flüchtlinge übernehmen müssten. Auch hier sind allerdings Polen, Ungarn und Tschechien nach Diplomatenangaben dagegen. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), der am Donnerstag bei Beratungen mit seinen EU-Amtskollegen in Brüssel war, sprach von nur wenig Fortschritt bei dem Thema. (epd/mig) Aktuell Panorama
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