Prozess gegen "Gruppe Freital"
Generalbundesanwaltschaft: Vorwurf der terroristischen Vereinigung erfüllt
Im Prozess gegen die "Gruppe Freital" plädierten am 66. Verhandlungstag Vertreter des Generalbundesanwalts. Sie attestierten der Gruppe Ausländerfeindlichkeit und Rassismus. Dabei sei der Tod von Menschen billigend in Kauf genommen worden.
Donnerstag, 18.01.2018, 6:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 18.01.2018, 19:12 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Im Prozess gegen die rechtsextreme „Gruppe Freital“ haben Vertreter des Generalbundesanwaltes am Mittwoch in Dresden für die acht Angeklagten Freiheitsstrafen zwischen fünf und elf Jahren gefordert. Die beiden mutmaßlichen Rädelsführer Timo S. und Patrick F. sollen nach Willen der Ankläger für zehn Jahre und neun Monate beziehungsweise für elf Jahre hinter Gitter.
Für die anderen sechs Angeklagten forderte die Bundesanwaltschaft im Einzelfall Strafen bis zu neun Jahre und sechs Monate. Das geringste Strafmaß wurde für den jüngsten Angeklagten beantragt: Der 20-Jährige soll nach dem Jugendstrafrecht für fünf Jahre ins Gefängnis. Ein Urteil wird im März erwartet.
„Gruppe Freital“ eine terroristische Vereinigung
Oberstaatsanwalt Jörn Hauschild sprach in seinem Plädoyer vor dem Oberlandesgericht Dresden von einer terroristischen Vereinigung, die auf längere Zeit angelegt gewesen sei, um die rechtsextreme und rassistische Ideologie der Angeklagten „gewaltsam durchzusetzen“. Bei den insgesamt fünf Anschlägen hätten sie Verletzungen und sogar die Tötung von Menschen billigend in Kauf genommen. Neben der Bildung einer terroristischen Vereinigung werden den acht Beschuldigten im Alter zwischen 20 und 40 Jahren versuchter Mord und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Einige der Angeklagten haben die Taten eingeräumt, bestritten jedoch die Absicht zu töten.
Motor der Bewegung sei nicht nur die Flüchtlingsthematik gewesen, sondern eine gemeinsame rechtsextreme, ausländerfeindliche, neonazistische Gesinnung, hieß es. Dabei habe die Gruppe als festgefügte Organisation in festen Strukturen agiert. Es habe Funktions- und Rollenverteilung gegeben. Zudem habe sich die Gruppe regelmäßig getroffen, abgesprochen und konspirativ verhalten. Auch habe es „Beschaffungsfahrten“ für Sprengstoffmittel aus Tschechien gegeben. Die Taten seien zum Teil länger geplant gewesen.
Glück, dass niemand getötet wurde
Hauschild betonte, nur einem „glücklichen Umstand“ sei es zu verdanken, dass bei den Anschlägen keine Menschen getötet wurden. Gestoppt worden sei die Gruppe wegen umfangreicher Ermittlungen der Polizei, sagte der Oberstaatsanwalt.
In ihren Plädoyers widersprachen die insgesamt drei Vertreter der Generalbundesanwaltschaft zum Teil den Aussagen der Angeklagten und belegten dies mit Einträgen aus Chat-Protokollen in sozialen Netzwerken. Die achtköpfige Gruppe habe ein Klima der Angst verbreitet, hieß es. In einem Fall habe sie aus Ausländerhass gegen unbekannte Personen und damit „besonders verachtenswert“ gehandelt. Von der Gruppe sei eine Gefahr schwerster Straftaten ausgegangen. Durch die Gruppenstruktur und einen Gruppenzwang hätten sich die Mitglieder gegenseitig radikalisiert.
Sprengstoffanschläge auf Flüchtlingswohnungen
Die sieben Männer und eine Frau sollen zwischen Juli und November 2015 Sprengstoffanschläge auf Flüchtlingswohnungen, ein linkes Wohnprojekt und politische Gegner begangen haben. Der Prozess gegen die Rechtsextremisten vor dem Oberlandesgericht hatte am 7. März 2017 unter verschärften Sicherheitsvorkehrungen in einem extra dafür eingerichteten Verhandlungssaal begonnen.
Nach 65 Verhandlungstagen schloss der Vorsitzende Richter Thomas Fresemann am Dienstag die Beweisaufnahme. Nach der Generalbundesanwaltschaft haben Nebenkläger und die insgesamt 16 Verteidiger das Wort. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe hatte das Verfahren im April 2016 an sich gezogen. Hausschild betonte, die sächsische Justiz habe nichts versäumt und „hervorragende Arbeit geleistet“. (epd/mig) Aktuell Recht
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