Expertin
Rückkehrprogramme für Flüchtlinge funktionieren nicht
Im vergangenen Jahr haben etwa 30.000 Flüchtlinge Deutschland freiwillig verlassen. Die Motive für die Rückkehr sind vielfältig, erklärt Marion Lich, Leiterin des Münchner "Büros für Rückkehrhilfen". Die meisten kehrten auf Drängen der Familie zurück.
Von Patricia Averesch Freitag, 26.01.2018, 6:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 28.08.2023, 9:28 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Wenn Flüchtlinge freiwillig in ihre Heimat zurückkehren, haben sie unterschiedliche Motive. Die Münchner Rückkehrberaterin Marion Lich nennt vor allem abgelehnte Asylanträge, Heimweh, familiäre Zwänge und enttäuschte Erwartungen. „Die wenigsten kehren glücklich in ihr Herkunftsland zurück“, sagte die Leiterin des Münchner „Büros für Rückkehrhilfen„. Häufig dränge die zurückgebliebene Familie Migranten zur Heimkehr, da sie keine Chance auf Nachzug sehe oder ein Angehöriger schwer erkrankt sei.
Die langjährige Beraterin Lich äußerte sich skeptisch über die Zahl der Rückkehrprogramme in Deutschland. „Mit weiteren Programmen will der Bund nur neue Anreize zur Ausreise schaffen – aber das funktioniert nicht“, sagte die 58-jährige Politologin, die das „Büro für Rückkehrhilfen“ vor 20 Jahren im Auftrag der Stadt München gründete. Von Januar bis November 2017 reisten aus Deutschland fast 28.000 Flüchtlinge freiwillig aus. Darunter waren auch Migranten, die einer drohenden Abschiebung zuvorkommen wollten.
Der Bund unterstützt Flüchtlinge aus rund 40 Ländern, die freiwillig in ihr Herkunftsland zurückkehren, mit finanziellen Hilfen. Über das Programm Reag/Garp gibt es Reisebeihilfen bis zu 700 Euro, über StarthilfePlus zusätzlich 800 bis 1.200 Euro. Über ein bis Ende Februar befristetes Sonderprogramm können für Familien bis zu 3.000 Euro für Möbel und Baukosten hinzukommen, die nach der Rückkehr im Land ausgezahlt werden.
Flüchtlinge von Programmen überfordert
Die meisten Flüchtlinge fühlten sich von der Vielzahl der Programme überfordert, erklärte Lich. „Ein Angebot verstehen noch viele, beim zweiten und dritten wird es schwierig“, sagte die Expertin, deren Büro jährlich Hunderte Flüchtlinge berät. Sie hält vor allem die Basishilfe für notwendig, die die Reisekosten und bis zu 700 Euro umfasst. „Es ist nicht gewährleistet, dass das ausgezahlte Geld auch den Rückkehrern zugutekommt“, warnte sie. „Vereinzelt hört man von Rückkehrern in den Iran oder nach Pakistan, dass Grenzbeamte ihres Landes einen Teil des Geldes konfisziert hätten.“
Lich zufolge sollte der Bund nicht in zusätzliche Rückkehrprogramme investieren, sondern qualifizierte Rückkehrberatungsstellen in Deutschland ausbauen und auch Organisationen in den Ländern der Rückkehrer fördern. Hilfsangebote vor Ort, etwa von erfahrenen Entwicklungsorganisationen, könnten den Menschen zu einem Neustart verhelfen. „Was die Menschen tatsächlich brauchen, können wir aus Deutschland nur erahnen“, betonte sie. (epd/mig) Aktuell Politik
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