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Vereinte Nationen

Mehr als 10.000 getötete und verletzte Zivilisten in Afghanistan

Im vergangenen Jahr wurden in Afghanistan UN-Angaben zufolge über knapp 3.5000 Zivilisten getötet, darunter Frauen und Kinder. Derweil führt die Bundesregierung weitere Sammelabschiebungen in das Land durch. Menschenrechtsorganisationen üben scharfe Kritik.

Dienstag, 20.02.2018, 6:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 25.02.2018, 13:28 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Mehr als 10.000 Zivilpersonen wurden im vergangenen Jahr laut den Vereinten Nationen in dem Konflikt in Afghanistan getötet oder verletzt. Normale Menschen müssten in dem Krisenland entsetzliches Leid erdulden, erklärte der UN-Sonderbeauftragte für Afghanistan, Tadamichi Yamamoto, vergangene Woche Donnerstag in Kabul. Derweil will die Bundesregierung an diesem Dienstag eine weitere Sammelabschiebung in das Land durchführen. Menschenrechtsorganisationen kritisieren die Praxis scharf.

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Der Bericht des Sonderbeauftragten Yamamoto konzentriert sich auf die zivilen Opfer. Danach wurden im vergangenen Jahr 3.438 Kinder, Frauen und Männer getötet, 7.015 erlitten Verletzungen. Im Vergleich zu 2016 ging die Zahl der zivilen Opfer um neun Prozent zurück – zynischerweise wegen den Erfolgen der Taliban, die große Gebiete erobert haben. Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Seid Ra’ad al-Hussein verlangte, dass gezielte Angriffe auf Zivilisten geahndet werden müssten.

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Viele Opfer gehen auf Westens Konto

Die UN machten die Extremisten der Taliban, die Terrormiliz ISIS und andere Gegner der Regierung für zwei Drittel aller Todesfälle und Verwundungen verantwortlich. Vielfach sprengten sich die Extremisten bei Angriffen auf die Zivilbevölkerung selbst in die Luft, hieß es. Die verwendeten Sprengsätze seien oft selbst hergestellt.

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Für ein Fünftel der Opfer trügen die Regierungstruppen und ihre Verbündeten, darunter auch westliche Einheiten, die Verantwortung. Dabei betonten die UN, dass die Zahl der zivilen Opfer von Luftangriffen den höchsten Stand seit Beginn der Zählungen im Jahr 2009 erreicht habe. Im vergangenen Jahr seien 295 Menschen durch Attacken von Militärjets getötet worden, 336 hätten Verletzungen erlitten. In Afghanistan sind die nationale Luftwaffe sowie die Luftwaffen westlicher Verbündeter, vor allem der USA, im Einsatz.

Bundesregierung plant weitere Sammelabschiebung

Laut dem UN-Bericht sind mehr als zehn Prozent aller Fälle von zivilen Opfern auf direkte Kampfhandlungen zwischen den verfeindeten Parteien zurückzuführen. Die Verantwortlichen für die zivilen Toten und Verletzten könnten nicht ermittelt werden.

Die Bundeswehr unterstützt die afghanischen Sicherheitskräfte und hilft beim Aufbau der Polizei. Derweil schiebt die Bundesregierung weiter Menschen in das Land ab. So soll am heutigen Dienstag eine weitere Sammelabschiebung nach Afghanistan durchgeführt werden.

Sicherheit in Afghanistan pures Wunschdenken

„Es ist pures Wunschdenken, wenn deutsche Behörden behaupten, es gebe Sicherheit in Afghanistan“, kritisierte der Direktor der „Gesellschaft für bedrohte Völker“, Ulrich Delius, am Montag in Göttingen die Maßnahme. Es sei belegt, dass fast drei Viertel aller nach Afghanistan zurückkehrenden Flüchtlinge innerhalb von wenigen Monaten erneut vor Gewalt fliehen müssten. „Die Zahlen zu Flucht und Gewalt in Afghanistan lesen sich wie eine Bilanz des Schreckens. Diese Fakten sind überzeugender als alle Sonntagsreden von Politikern, mit denen die Lage in Afghanistan schöngeredet wird“, so Delius weiter.

Kritik erntet die geplante Sammelabschiebung auch von der innenpolitischen Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke. „Die Abschiebungen in das Kriegsland Afghanistan sind ein Hohn für die Menschenrechte und das Grundrecht auf Asyl. Denn in Afghanistan tobt Krieg“, erklärte die Linke-Politikerin am Montag. In Afghanistan deute alles darauf hin, dass sich die Situation weiter verschlechtern wird. „Es gibt in Afghanistan keine sicheren Zonen. Abschiebungen in den Krieg sind unmenschlich und illegitim“, so Jelpke.

Allein im Jahr 2017 mussten nach UN-Angaben 471.677 Menschen aus 31 der 34 Provinzen des Landes aufgrund von politisch motivierter Gewalt fliehen. Die Zahl der Binnenflüchtlinge ist damit rund viermal so hoch wie vor fünf Jahren. Im Januar 2018 mussten bereits 7.000 Afghanen vor Kämpfen und Anschlägen fliehen. (epd/mig) Ausland Leitartikel

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