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Frustrationspotential

Experten sehen Pläne für Anker-Zentren kritisch

Die Kritik an den geplanten Anker-Zentren reißt nicht ab. Jetzt haben Migrationsexperten Bedenken geäußert. Auch Caritas und Frauenhilfsorganisationen warnen. Die Polizeigewerkschaft sorgt sich um die Sicherheit von Beamten.

Freitag, 18.05.2018, 5:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 22.05.2018, 22:10 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Migrationsexperten sehen die Pläne der Bundesregierung zur Einrichtung von sogenannten Anker-Zentren zur schnelleren Abwicklung von Asylverfahren kritisch. „Wir sehen den Vorteil nicht“, sagte der Migrationsforscher Werner Schiffauer am Donnerstag bei einer Veranstaltung des Mediendienstes Integration in Berlin. Damit werde zwar Ordnung angestrebt, aber Unordnung gestiftet, zeigte sich Schiffauer überzeugt. Der Forscher ist Vorstandsvorsitzender des Rates für Migration, einem Netzwerk von 150 Wissenschaftlern.

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Schiffauer rechnet damit, dass angesichts der schwierigen Bedingungen in solchen Zentren etwa ein Drittel der Menschen einfach abtauchen werde. Dadurch würden mafiöse Strukturen gestärkt, die Asylverfahren komplizierter und die Integration wesentlich erschwert. Je größter eine Unterkunft sei, umso größer sei auch das Frustrationspotential der Bewohner, fügte er hinzu. Die Folgen: Depressionen, Aggressionen bis hin zur Kriminalisierung.

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In den von der Bundesregierung geplanten Anker-Zentren soll künftig das komplette Asylverfahren abgewickelt werden. „Anker“ ist die Kurzform für Aufnahme-, Entscheidungs- und Rückführungseinrichtung. Nach Plänen des Bundesinnenministeriums sollen im Spätsommer bis Herbst bis zu sechs Pilot-Zentren eröffnet werden. Geplant ist die Unterbringung von bis zu 1.500 Personen je Zentrum. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) erhofft sich auch eine Erhöhung der Abschiebezahlen durch die direkte Ausreise aus den Zentren. Denkbare Standorte wären Manching oder Bamberg in Bayern, wo es bereits Transitzentren gibt.

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Caritas beklagt gesundheitliche Versorgung

Bernward Ostrop, Referent für Flüchtlinge und Migration bei der Caritas, hat diese Einrichtungen besucht und beklagte, dass die gesundheitliche Versorgung insbesondere von Schwangeren und jungen Müttern mancherorts unzulänglich sei und es in einigen Fällen noch nicht einmal die Möglichkeit gebe, Babyflaschen zu sterilisieren.

Nach Erkenntnissen von Ostrop sind schnelle Abschiebungen auch aus solchen Transitzentren häufig nicht möglich. Personen, die abgeschoben werden sollten, würden häufig nicht gefunden. Wenn sich die Betroffenen auf der Fahrt zum Flughafen selbst verletzten oder ankündigten, im Flugzeug Widerstand zu leisten, werde die Abschiebung in der Regel abgebrochen.

Anker-Zentren begünstigen Gewalt gegen Frauen

Kritisch bewertet auch die Frauenhilfsorganisation Medica Mondiale die geplanten Anker-Zentren. Massenlager mit bis zu 1.500 Menschen erhöhten das sowieso bestehende Risiko für Frauen und Mädchen, Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt zu werden, warnte die Vorsitzende Monika Hauser am Donnerstag in Köln. „Anker-Zentren bedeuten einen großen Rückschritt in Sachen Gewaltschutz“, erklärte die Ärztin.

Zuletzt hatte auch die Gewerkschaft der Polizei vor einem „erheblichen Aggressions- und Gefährdungspotenzial“ in solchen Massenunterkünften gewarnt und ein Sicherheitskonzept mit strengen Auflagen gefordert.

Der Großeinsatz der Polizei in einer Flüchtlingsunterkunft im baden-württembergischen Ellwangen habe gezeigt, dass besondere Vorkehrungen notwendig seien, sagte der Vorsitzende Rainer Wendt der „Neuen Osnabrücker Zeitung“: „Die Ankerzentren brauchen eine sorgfältige Vorbereitung. Die Sicherheit der Einsatzkräfte muss dabei oberste Priorität haben.“

Polizeigewerkschaft fordert Zäune

So verlangt die Gewerkschaft für diese Aufnahmezentren bauliche Vorgaben wie Schleusen am Eingang mit Zugangskontrollen, damit Asylbewerber keine Waffen und Drogen einschmuggeln können. Es müsse Fluchträume für das Personal geben, wohin sich die Betreiber vor Gewaltattacken flüchten könnten. Nach außen müsse die Anlage umzäunt sein. Notwendig seien zudem eine umfassende Überwachung durch Videokameras und freie Zugangswege für Einsatzkräfte.

Nach dem Vorfall in Ellwangen, wo sich Flüchtlinge mit Gewalt der Abschiebung eines Togoers widersetzt hatten, rechnet Wendt künftig mit noch mehr gewalttätigen Auseinandersetzungen in Asylunterkünften: „Wir müssen mit dem Schlimmsten rechnen. Bewohner aus afrikanischen Ländern haben in der Regel keine Bleibeperspektive und empfinden wenig Scheu, sich auch mit Gewalt gegen ein Eingreifen der Polizei zu wehren, um so einen weiteren Aufenthalt in Deutschland notfalls zu erzwingen.“

Seehofer verteidigt Anker-Zentren

Derweil verteidigt Bundesinnenminister Horst Seehofer die geplanten Anker-Zentren. In seiner Rede zum Haushalt am Donnerstag im Bundestag sagte der Minister mit Blick auf die Kritiker der Einrichtungen, in der Türkei, Griechenland und Bulgarien gebe es wieder steigende Flüchtlingszahlen. Wenn Deutschland die Anker-Zentren nicht umsetze, „werden wir auf absehbare Zeit das Land in Europa bleiben, das mehr Flüchtlinge aufnimmt als alle europäischen Mitgliedsländer zusammen“. (epd/mig) Aktuell Politik

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