Gauland-Empörung hält an
Merkel betont „furchtbares Menschheitsverbrechen“ des Holocaust
Vom "Denkmal der Schande" zum "Vogelschiss": Die AfD empört erneut durch eine Äußerung, die den Nationalsozialismus relativiert. Am Montag versuchte AfD-Fraktionschef Gauland zurückzurudern. Eine Entschuldigung für seine Worte gab es nicht.
Dienstag, 05.06.2018, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 10.06.2018, 17:31 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Die Äußerungen des AfD-Fraktionsvorsitzenden Alexander Gauland über die NS-Zeit sorgen weiter für Empörung. Am Montag verurteilte die Bundesregierung dessen Worte auf einer Veranstaltung der AfD-Jugendorganisation am Wochenende. Es sei „beschämend“, dass man sich mit solchen Äußerungen eines Bundestagsabgeordneten befassen müsse, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert Montag in Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) betonte nach einem Treffen mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanju: „Dass wir nach dem furchtbaren Menschheitsverbrechen der Schoah, heute hier als Verbündete stehen, ist, glaube ich, ein großes Geschenk der Geschichte, das aber auch jeden Tag wieder neu erarbeitet werden muss.“
Seibert hatte zuvor betont, die Regierung weise jede Relativierung des Nationalsozialismus entschieden und unmissverständlich zurück. Gauland selbst wandte sich zwei Tage nach seinen Äußerungen mit der Beteuerung an die Presse, es sei nicht seine Absicht gewesen, die Verbrechen des Nationalsozialismus zu bagatellisieren. Der 77-jährige hatte am Samstag bei einem Kongress der Jungen Alternative für Deutschland in Thüringen gesagt, Hitler und die Nazis seien „nur ein Vogelschiss“ in über 1.000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte gewesen.
Keine Entschuldigung
Die „entstandene Wirkung“ seiner Worte bedauere er, erklärte Gauland. Eine Entschuldigung für seine Worte, wie sie sein Parteikollege Uwe Witt im RBB-Radio forderte, formulierte er nicht.
Die Äußerungen Gaulands hatten bereits am Wochenende scharfe Kritik hervorgerufen, unter anderem von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Bei der Enthüllung einer Gedenkstele in Erinnerung an die jüdischen Vorbesitzer seines Dienst-Wohnsitzes in Berlin betonte Steinmeier am Montag laut Redemanuskript erneut, es dürfe „keinen Platz für Bagatellisierung oder Verdruckstheit“ geben, wenn es um die deutsche Vergangenheit geht. Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sagte, die Erinnerung an die Geschichte sei besonders bedeutend in Zeiten, in denen „manche Menschen keine Scheu mehr davor haben, die NS-Verbrechen zu relativieren“.
Knobloch: Gauland verhöhnt Opfer
Die ehemalige Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, erklärte: „Gaulands Haltung zeugt von einer menschenverachtenden Ideologie, die in Wahrheit deutschlandfeindlich ist.“ Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern ist, sagte, Gaulands Aussage verhöhne „alle Opfer der in der Tat nur zwölf Jahre dauernden nationalsozialistischen Herrschaft. Sie verhöhnt das daraus resultierende anhaltende Leid und die bleibende Trauer, die die Menschen in der Bundesrepublik Deutschland bis heute prägen.“
Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sprach von einer „widerwärtigen und verantwortungslosen“ Rede. Gauland wolle gezielt das rechtsradikale Potenzial innerhalb und außerhalb der AfD mobilisieren. Mit solchen Aussagen ziele die AfD auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung, kritisierte der Zentralrat am Montag. Er forderte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) auf, die AfD durch den Verfassungsschutz beobachten zu lassen. (epd/mig) Leitartikel Politik
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