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Kriminologe

Tatverdächtigen im Fall Susanna F. nicht vorverurteilen

Kriminologe Thomas Feltes und Politiker haben dazu aufgerufen, im Fall Susanna F. von Vorverurteilungen des Tatverdächtigen aufgrund seiner Herkunft abzusehen. Nicht die Herkunft, sondern die soziale Umgebung begünstige Straftaten

Montag, 11.06.2018, 5:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 12.06.2018, 16:36 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Nach dem Mord an der 14-jährigen Susanna F. aus Mainz rufen Kriminologe Thomas Feltes und ranghohe Politiker dazu auf, von Vorverurteilungen des irakischen Tatverdächtigen aufgrund seiner Herkunft abzusehen. „Die Unterstellung, dass die ethnische Herkunft bei Straftaten wie dieser eine Rolle spielt, ist kriminologisch nicht haltbar“, sagte Thomas Feltes, Wissenschaftler an der Ruhr-Universität Bochum. Wie bei anderen Straftatbeständen gelte auch hier, die Motive des Tatverdächtigen zu ergründen, über seine Schuld zu entscheiden und ihn dann gegebenenfalls zu verurteilen.

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„Nicht die Herkunft, sondern die soziale Umgebung begünstigt Straftaten“, sagte der Professor. So sei wissenschaftlich belegt, dass die Unterbringung in Heimen und Gemeinschaftsunterbringung mit einer höheren Anfälligkeit für Kriminalität einhergehe, weil dort oftmals eine aggressive Grundhaltung herrsche. Auch die Unsicherheit über den gesellschaftlichen Status lasse Straftaten wahrscheinlicher werden. „Und auch das Fehlen der sozialen Kontrolle, die sich aus der weitgehenden Verweigerung des Familiennachzugs ergibt, wirkt sich auf das Kriminalitätsverhalten aus.“

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Beim Zusammenhang von Herkunft und bestimmten Straftaten sind nach Ansicht Feltes‘ auch offizielle Statistiken mit Vorsicht zu betrachten. Dass Zuwanderer im Vergleich zur Gesamtgesellschaft überproportional häufig wegen Vergewaltigung und schwerer sexueller Nötigung angezeigt würden, sei nicht aussagekräftig, betonte der Professor für Kriminologie: „Ich kann nicht alle Gruppen in einen Topf werfen. Bei Männern im Alter von 18 bis 25 Jahren ist die Kriminalitätsrate besonders hoch, und zwar sowohl bei Zuwanderern als auch bei Bio-Deutschen.“

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Flüchtlingsstatus als Kriterium problematisch

Zudem sei der Flüchtlingsstatus als Kriterium problematisch: „Ein syrischer Arzt, der über die Fluchtroute kommt und Asyl beantragt, gilt als Flüchtling, doch sobald er seinem Beruf nachgeht, wird er von der Polizei als ‚Arbeitnehmer‘ registriert – nicht als Flüchtling.“ Deshalb ließen sich hier kaum valide Zahlen erfassen. Ähnliches gelte für Angaben zur Nationalität von Tätern: „Dafür muss man die Täter erst einmal fassen. Und selbst wenn sie gefasst sind, müssen deren Angaben nicht unbedingt stimmen, das zeigte die Kölner Silvesternacht, als sich Maghrebiner als Syrer ausgaben.“

Auch Politiker von Union und SPD haben vor einer politischen Instrumentalisierung des Falls gewarnt. „Ich verwehre mich dagegen, wenn solche Fälle dafür genutzt werden, um Hass und Hetze zu verbreiten“, sagte Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) der Oldenburger „Nordwest-Zeitung“. Auch die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU), sagte, es dürfe nicht zugelassen werden, dass Hass gesät werde und ganze Gruppen unter einen Generalverdacht gestellt würden. Beide Politikerinnen verlangten eine konsequente Aufklärung des Gewaltverbrechens. Der Mord an der Schülerin sei ein „unerträgliches Verbrechen“, sagte Barley. Es müsse alles getan werden, um diese Tat aufzuklären. Dazu gehöre auch die Frage gehören, wie der Tatverdächtige das Land verlassen konnte.

Volle Härte des Rechtstaates

„Die Verantwortlichen müssen die volle Härte des Rechtstaates erfahren“, sagte Widmann-Mauz in einem Interview des Deutschlandfunks. Auch sie warnte vor einer politischen Instrumentalisierung des Falls. Sie sei froh, dass es gelungen sei, den Tatverdächtigen festzusetzen. Die Aufklärung sei wichtig, „damit am Ende auch wieder Vertrauen entsteht und Akzeptanz für ein gutes Zusammenleben in unserem Land gewährleistet ist“, unterstrich die Staatsministerin für Migration, Flüchtlinge und Integration. Auch Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) forderte schonungslose Aufklärung. „Ein solches Verbrechen muss Folgen haben“, sagte sie der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“. „Die Straftäter, aber auch diejenigen, die ihre staatlichen Pflichten vernachlässigt haben, müssen zur Verantwortung gezogen werden“, sagte die SPD-Politikerin.

Die 14-jährige Susanna F. aus Mainz wurde nach bisherigem Ermittlungsstand am 22. Mai missbraucht und ermordet. Ihr Leichnam war am Mittwoch in Wiesbaden aufgefunden worden. Der zunächst geflohene mutmaßliche Täter Ali B. wurde in der Nacht zum Freitag von kurdischen Sicherheitsbehörden im Nordirak festgenommen, wie Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) am Freitag in Quedlinburg mitteilte. Der 20-jährige Tatverdächtige ist irakischer Staatsbürger. Die Asylanträge der irakischen Familie waren zuvor abgelehnt worden. (epd/mig) Aktuell Panorama

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  1. Bert sagt:

    Das Problem war doch nicht die verweigerte Familienzusammenführung, sondern dass ein offensichtlich illegaler Einwanderer nach Ablehnung seines Asylbescheids nicht zurück in seine Heimat ging. Dort ging er erst zurück, als er hier straffällig wurde.

    Hier zieht das Migazin leider komplett falsche Schlüsse. Geschmacklos.

  2. Anna sagt:

    Das sehen aber Andere ganz anders:

    Die deutsche Gesellschaft muss sich aus Expertensicht spätestens nach dem Fall Susanna Konzepte für den Umgang mit patriarchalisch geprägten und aggressiven Männern überlegen.

    „Das ist jetzt kein Einzelfall mehr“, sagte die Ethnologin und Leiterin des Forschungszentrums Globaler Islam an der Frankfurter Goethe-Universität, Susanne Schröter, mit Blick auf andere Fälle wie die Kölner Silvesternacht oder Kandel. „Es ist eine neue Situation und die hat etwas mit den vielen jungen Männern aus patriarchalischen Strukturen und Kulturen zu tun.“

  3. FrankUnderwood sagt:

    @Anna
    Danke, dass du das Problem sachlich benennst und nicht versuchst es kleinzureden.

    Bis diese Konzepte zur Verfügung stehen, bleibt dem einfachen Bürger wohl nur die Möglichkeit wachsam zu sein. Viele Frauen drängen deshalb schon in die Kampfsportschulen oder besorgen sich Pfefferspray, weil sie ihr subjektives Sicherheitsgefühl anders nicht verbessern können.

  4. Lutz Grubmüller sagt:

    Politik und Medien sollten sich in Grund und Boden schämen, dieses
    scheußliche Vrbrechen zu instrumtalisieren und medial dermaßen auszuschlachten, um den Fremdenhass in der Bevölkerung weiter
    zu schüren und damit auch noch Profit zu machen – das ist wie ein
    erneuter Schlag in das Gesicht der Ermordeten!

  5. Joseph Freital sagt:

    @Lutz: Sagen sie das auch den Eltern der getöteten Susanna deren Kind noch leben könnte wenn der offensichtlich unter falschen Daten eingereiste Täter (darf man das sagen nachdem er ja gestanden hat?) rechtzeitig abgeschoben worden wäre?`
    Das dieser Fall jetzt medial aufgebauscht wird liegt auch an den Ausmaßen. Eine mehröpfige Familie reist mit falschen Identitäten ein und bleibt hier lange Zeit unbehellig – trotz nicht vorhandenem Asylgrund – wohnen. Es kommt zu mehreren Verbrechen – und zur Flucht haben sie wieder ihre Papiere und entsprechende Geldmittel zur Verfügung.

    Schämen muss sich hier nur einer – der Täter.