Verfassungsschutz
Bundesregierung sieht keinen Anlass für AfD-Beobachtung
Die AfD-Demonstration in Chemnitz hat die Debatte um eine Beobachtung der Partei durch den Verfassungsschutz wieder befeuert. Die Partei ziehe keine Grenze zum rechten Rand, sagen Befürworter. Die Bundesregierung bleibt aber bei ihrer Skepsis.
Dienstag, 04.09.2018, 5:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 05.09.2018, 18:32 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Die Bundesregierung bleibt bei ihrer skeptischen Haltung gegenüber Forderungen nach einer Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz. Derzeit lägen die Voraussetzungen einer Beobachtung der Partei als Ganzes nicht vor, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am Montag in Berlin. Regierungssprecher Steffen Seibert ergänzte, die Voraussetzungen seien gesetzlich festgeschrieben. Die Sicherheitsbehörden müssten entscheiden, „wann was getan werden muss“. Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) forderte allerdings eine weitgehende Beobachtung von Teilen der Partei.
Teile der AfD agierten offen verfassungsfeindlich. „Sie müssen wir behandeln wie andere Verfassungsfeinde auch und entsprechend beobachten lassen“, sagte Barley dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“.
Einzelne AfD-Politiker im Visier
Das Innenministerium verwies auf Paragraf 3 des Bundesverfassungsschutzgesetzes. Danach greift eine Beobachtung durch die Verfassungsschutzbehörden unter anderen bei „Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind“. Keine Angaben machte der Innenministeriumssprecher zur Beobachtung einzelner AfD-Politiker. Eine epd-Umfrage unter den Innenministerien der Länder hatte Anfang des Jahres ergeben, dass zwar nicht die AfD als Ganzes, einzelne Mitglieder aber im Visier der Verfassungsschützer sind.
Am Montag bestätigte eine Sprecherin des niedersächsischen Innenministeriums, dass die Jugendorganisation der AfD dort künftig unter Beobachtung steht. Auch Bremen beobachtet die „Junge Alternative“ seit einer Woche. „Diese Leute haben mehrfach in der jüngsten Vergangenheit ihre Masken fallen lassen. Die Botschaften dieser Gruppe sind teilweise Rassismus pur“, sagte Innensenator Ulrich Mäurer (SPD).
Beobachtungsrufe wieder lauter
Nach der AfD-Demonstration am Samstag in Chemnitz sind Rufe nach einer Beobachtung der Partei durch den Verfassungsschutz wieder lauter geworden. Die frühere Präsidentin des Zentralrates der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, erklärte in München: „Die aktuellen Demonstrationen, bei denen AfD-Vertreter, darunter auch Parlamentarier, gemeinsam mit offensichtlich Rechtsextremen marschiert sind, haben in aller Deutlichkeit gezeigt, dass die Partei gar nicht mehr versucht, an ihrem rechten Rand eine Grenze zu ziehen.“ Sie bezeichnete eine Beobachtung der Partei als überfällig.
Der frühere Bundesinnenminister und Rechtsexperte Gerhart Baum (FDP) lehnte eine Beobachtung der gesamten AfD durch den Verfassungsschutz dagegen ab. Eine Partei beobachten zu lassen sei das „letzte Mittel, vor dem Verbot“, sagte Baum dem epd. Zudem gebe es genug verfassungsfeindliche Aussagen von Mitgliedern der AfD. „Der Erkenntnisgewinn durch eine Beobachtung wäre nicht groß“, erklärte er.
CSU und Linke skeptisch
Auch Vertreter des Bundestags äußerten sich skeptisch. Die Vorsitzende des Innenausschusses, Andrea Lindholz (CSU), bezweifelte im Radiosender SWR2, dass eine staatliche Beobachtung der Rechtspopulisten das eigentliche Problem löse. Vielmehr seien jetzt die Bürger gefragt, sich den rechten Vereinigungen entgegenzustellen. Auch bei der Linken, die dem Verfassungsschutz ohnehin kritisch gegenüber steht, sieht man in der Beobachtung der AfD keine Lösung. An der gesellschaftlichen Verankerung der AfD werde eine Beobachtung nichts ändern, sagte die Innenpolitikerin Ulla Jelpke.
Die AfD-Parteispitze wies die Forderungen nach einer Beobachtung am Montag zurück. Die AfD sei eine demokratische Partei, hieß es in einer Erklärung, die unter anderen von den Bundesvorsitzenden Alexander Gauland und Jörg Meuthen unterzeichnet wurde. (epd/mig) Aktuell Politik
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