Angela Merkel
Keine Entschuldigung für Hetze und Nazi-Parolen
In der Debatte über den Kanzleramtsetat im Bundestag wurde es unter dem Eindruck von Chemnitz hitzig. Viele Redner forderten Zusammenhalt der Demokraten gegen Ausgrenzung und Gewalt. In der Kritik standen auch AfD und Verfassungsschutz-Präsident Maaßen.
Donnerstag, 13.09.2018, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 18.09.2018, 17:00 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Die Diskussion um die Ereignisse in Chemnitz und Köthen hat am Mittwoch die traditionelle Generalaussprache zum Haushalt im Bundestag mitbestimmt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte eine Absage an Hass und Gewalt und warnte vor einer Bagatellisierung rechtsextremer Ausschreitungen.
Straftaten von Asylbewerbern müssten aufgeklärt und bestraft werden, sagte Merkel. Das sei aber „keine Entschuldigung und Begründung für Hetze, zum Teil Anwendung von Gewalt, Nazi-Parolen, Anfeindung von Menschen, die anders aussehen, die ein jüdisches Restaurant besitzen, Angriffe auf Polizisten“. AfD-Fraktionschef Alexander Gauland hatte der Regierung zuvor vorgeworfen, die Demonstrationen, bei denen unter anderem offen der Hitlergruß gezeigt wurde, zu verunglimpfen. Damit löste er emotionale Reaktionen im Parlament aus.
Kein Rabatt bei der Menschenwürde
Merkel sagte, es dürfe bei der Achtung der Menschenwürde keinen Rabatt geben, „für niemanden“, sagte Merkel. „Deshalb führen Legitimierungen in die Irre“, sagte sie. Gauland hatte als erster Redner gesagt, es habe in Chemnitz „ein paar aggressive Hohlköpfe“ gegeben. Sie könnten das Anliegen der Mehrheit der Demonstranten aber nicht delegitimieren. Gleichzeitig äußerte er Verständnis für die Sorge um die Sicherheit durch Straftaten von Ausländern und warf der Regierung vor, zu wenig dagegen zu unternehmen. „Dann ist eben Schluss mit der Geduld“, sagte der Parteichef.
Die Rede, in der Gauland ausschließlich auf das Thema Migration und die Ereignisse der letzten Wochen einging, provozierte eine heftige Intervention des SPD-Abgeordneten Martin Schulz. „Die Reduzierung komplexer politischer Sachverhalte auf ein einziges Thema, in der Regel bezogen auf eine Minderheit im Land, ist ein tradiertes Mittel des Faschismus“, antwortete der SPD-Kanzlerkandidat bei der vergangenen Bundestagswahl auf Gauland und erhielt dafür stehenden Applaus: „Es ist Zeit, dass die Demokratie sich gegen diese Leute wehrt“, mahnte Schulz.
Merkel: Juden und Muslime gehören zur Gesellschaft
Auch Politiker anderer Fraktionen beschworen in ihren Reden den Zusammenhalt der demokratischen Kräfte im Parlament. Man müsse zusammenstehen „gegen die Antidemokraten, gegen die Antisemiten, gegen die Rechtsradikalen“, sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. Die AfD bezeichnete sie als „parlamentarischen Arm“ dieser Extreme. Die AfD stelle die Legitimation des demokratischen Systems infrage, sagte auch FDP-Fraktionschef Christian Lindner.
Merkel sagte, sie werde nicht zulassen, „dass klammheimlich ganze Gruppen in unserer Gesellschaft ausgegrenzt werden“. Juden und Muslime gehörten genauso wie Christen und Atheisten zur Gesellschaft. Die Frage, ob darüber Konsens besteht, „die entscheidet über unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt“.
Linke fordern Rücktritt von Maaßen
Auf die umstrittenen Äußerungen von Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen, der die Echtheit eines Videos über die Ereignisse in Chemnitz angezweifelt und den Vorwurf „gezielter Falschinformation“ in den Raum gestellt hatte, ging Merkel nicht ein. Die Äußerungen sollten am Mittwoch das Parlamentarische Kontrollgremium und den Innenausschuss des Bundestags beschäftigen.
Der Fraktionsvorsitzende der Linken, Dietmar Bartsch, forderte den Rücktritt Maaßens. Die SPD-Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles übte heftige Kritik an dem Behördenchef. Maaßen sei nach der Aufdeckung der rechten Terrorgruppe NSU eingesetzt worden, um den Verfassungsschutz besser gegen rechte Verfassungsfeinde aufzustellen – „mit begrenztem Erfolg“, sagte sie. Göring-Eckardt sagte mit Blick auf Berichte über Gespräche zwischen Maaßen und führenden AfD-Politikern, man wisse nicht so genau, ob der Verfassungsschutzchef „rechtsaußen beobachtet oder coacht“. (epd/mig) Leitartikel Politik
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„Nach 30 Jahren der Forschung zu diesen Problemen bin ich der Empörungsrituale überdrüssig. Ich stelle dann immer den Fernsehapparat aus.“