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Risse in der Gesellschaft

Steinmeier warnt vor Spirale aus Tabubrüchen und Empörung

In seiner Diskussionsreihe fragt Bundespräsident Steinmeier nach Gefahren für die Demokratie. Am Donnerstag ging es um die Ursachen der Risse in der Gesellschaft. Ein Ergebnis: Zu viel wird über Populismus, zu wenig über praktische Probleme geredet.

Freitag, 05.10.2018, 5:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 08.10.2018, 21:14 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat davor gewarnt, auf Provokationen von Populisten immer wieder mit Empörung zu reagieren. Auf inszenierte Tabubrüche folge oft als Gegenreaktion die moralische Zurechtweisung – „und beides trägt dann zur weiteren Polarisierung bei“, sagte Steinmeier am Donnerstag bei einer Diskussionsveranstaltung im Schloss Bellevue in Berlin. Er wolle dazu anregen, diese „Spirale“ zu durchbrechen.

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Steinmeier rief dazu auf, Hass nicht nur zu beklagen, sondern seine Ursachen auszuleuchten und zu ergründen. „Man sollte annehmen, dass starke Gefühle ihre Gründe haben“, sagte Steinmeier.

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Gefühle hätten schon immer Menschen in Bewegung gesetzt und seien von politischen Kräften genutzt worden. Heute erlebe man, wie eine vielleicht neue Generation von Populisten Gefühle von Angst und Verunsicherung zu nutzen versuche, um Ressentiments zu schüren und die liberale Demokratie als Ganzes anzugreifen, sagte Steinmeier.

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„Politisierung der Emotionen“

Steinmeier lud in seiner Reihe „Forum Bellevue“ Experten zur Diskussion ein. Die Reihe fragt nach Gefahren für die Demokratie und dem Gelingen von Zusammenhalt in einer pluralen Gesellschaft. Die Direktorin des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung, Ute Frevert, warnte vor einer „Politisierung der Emotionen“. Gefühle würden zu einer politischen Waffe, einem Werkzeug, sagte sie. Auch als Argument in der politischen Auseinandersetzung würden Emotionen immer mehr gewinnen. Diesen Einfluss von Emotion habe es so noch nicht gegeben, sagte Frevert.

Die Darmstädter Professorin für Geschlechterverhältnisse, Bildung und Lebensführung, Cornelia Koppetsch, erklärte die starken Emotionen mit sozialer Ungleichheit. Es gehe auch um die Frage, wer in Deutschland die Spielregeln mache und Maßstäbe setze. Dies sei mehr und mehr eine kosmopolitische Elite. In Schlüsselpositionen in gesellschaftlichen Institutionen kämen immer wieder ähnliche Personen, sagte die Soziologin. Koppetsch sprach von „Schließungsprozessen“. Die soziale Durchlässigkeit sei geringer geworden.

Hass nach flüchtlingsfreundlicher Stadtpolitik

Zustimmung kam vom Bürgermeister der Stadt Altena (Nordrhein-Westfalen), Andreas Hollstein (CDU), dem für eine flüchtlingsfreundliche Stadtpolitik auch Hass entgegenschlug. In den nicht prosperierenden Regionen sowohl Ost als auch West habe die Politik die „Hausaufgaben nicht gemacht“, sagte Hollstein. Die Menschen fühlten sich nicht geführt und nicht in ihren Bedürfnissen wahrgenommen. Nur auf die tatsächlich erreichte Vermehrung des Wohlstands zu verwiesen, sei unzureichend, weil es nicht bei jedem angekommen sei, sagte er.

Der Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen forderte von den Verfechtern einer liberalen Demokratie eine Alternative zur Erzählung von Populisten. Er beklagte eine „ratlose Mitte“, die Szenerien von einem „Zerfall der Demokratie“ male, aber selbst keine Visionen entwickele. Sie reagiere eher auf Entwicklungen, als eigene Ideen zu entwickeln. „Mich stört die Verzagtheit der Mitte“, sagte Pörksen. (epd/mig) Aktuell Politik

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