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Griechenland

Warten ohne Hoffnung

Entwicklungsminister Müller hat auf seinen Reisen schon viele Flüchtlingscamps gesehen. Doch von den Zuständen auf der griechischen Insel Lesbos ist auch er schockiert. Von Mey Dudin und Corinna Buschow

Von Mey Dudin, Corinna Buschow Montag, 15.10.2018, 5:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 16.10.2018, 17:01 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Haluma bereitet auf einer Kochplatte Fladenbrot zu, als der Minister vorbeikommt. Sie stammt aus Somalia. Seit sechs Monaten lebt sie im Flüchtlingslager Moria auf der Insel Lesbos, schläft zusammen mit elf weiteren Frauen in einem Zelt und hofft, dass sie bald Asyl bekommt. Sie lebt in einem Teil des Camps, in dem besonders Schutzbedürftige untergebracht sind: Minderjährige, Frauen mit Kindern, Schwangere.

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Der Generalsekretär des griechischen Migrationsministeriums, Andreas Gougoulis, führt den deutschen Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) an ausgewählte Orte. Das sind im Camp abschließbare Sektionen mit Nato-Stacheldraht auf den Zäunen, wo Frauen und Kinder in Zelten oder Containern ausharren. Eine junge Frau, deren Mann im Rollstuhl sitzt, kommt mit Tränen in den Augen auf Müller zu. Ihrem Mann gehe es schlecht, er brauche dringend ärztliche Betreuung. „Bitte helfen Sie uns“, sagt sie.

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Das Camp Moria war als Vorbild für europäische Hotspots geplant. Dort sollten Asylverfahren schnell entschieden, Flüchtlinge innerhalb der Europäischen Union verteilt werden. Wer kein Asyl bekommt, sollte schnell wieder in die Türkei abgeschoben werden. Im Gegenzug könnte eine andere schutzberechtigte Person aus der Türkei in die EU geholt werden.

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„Schlimmstes Flüchtlingscamp der Welt“

Doch im Moment kommen monatlich rund 3.000 Flüchtlinge und Migranten über die Grenze, während gerade einmal etwa 140 Personen zurück in die Türkei geschickt werden – mit dem Ergebnis, dass das Camp auf Lesbos vollkommen überlastet ist. Für rund 3.000 Menschen ausgelegt, müssen dort heute dreimal so viele auf die Entscheidung der Behörden warten. Der britische Sender BBC bezeichnete es jüngst als das „schlimmste Flüchtlingscamp der Welt“.

Entwicklungsminister Müller nennt es eine „Schande“, dass solche Zustände in Europa geduldet werden, weil sich die EU-Staaten in der Flüchtlingspolitik nicht einigen könnten. „Das kann kein europäischer Standard sein“, sagt er den mitreisenden Journalisten.

Verheerende Zustände

Die verheerenden Zustände sind seit langem bekannt. Menschenrechtler vermuten, dass dies auch der Abschreckung dienen soll. Für die Anhörung zum Asylantrag werden derzeit Termine vergeben, die im Jahr 2021 liegen, sagte vor wenigen Tagen bei einem Expertengespräch im Bundestag der Jurist Robert Nestler. Seine Organisation „Refugee Law Clinics Abroad“ berät Menschen im Camp.

Eine Doppelstruktur, in der europäische Behörden und die griechische Verwaltung gemeinsam entscheiden müssen, sorgen für langwierige Verfahren. Und wenn ein Antragsteller endlich einen Termin hat, kommen oft neue Probleme. Der Jurist Carsten Gericke von der Menschenrechtsorganisation „European Center für Constitutional and Human Rights“ äußerte jüngst Zweifel daran, dass die EU-Asylagentur EASO sorgfältig arbeitet. Nach Auswertung von Anhörungsprotokollen hat seine Organisation gemeinsam mit „Brot für die Welt“ Beschwerde bei der EU-Ombudsfrau eingereicht.

Irritierend

Müller ist als Entwicklungsminister eigentlich für Länder außerhalb der EU zuständig. Nach seiner Tunesien-Reise macht er einen Abstecher auf die Insel, um sich selbst einmal ein Bild von dem Camp zu machen, das so oft in den Schlagzeilen ist. Er geht auf die Menschen zu, schüttelt Hände, nimmt einige in den Arm. Er will wissen, woher sie kommen, wie es ihnen geht, wo sie hinwollen. Er hört im Camp Geschichten von schwangeren Frauen, die auf ihrer Flucht vergewaltigt wurden.

Er ist irritiert, dass mitten in Europa die Organisation eines Flüchtlingscamps nicht funktioniert. Er hat in Afrika und in Jordanien Camps gesehen, die von der UN organisiert sind, zehnmal so viele Bewohner haben, und doch den Menschen ein besseres Umfeld bieten mit Schulen, Geschäften und Kliniken. In einigen Wochen wird es auf Lesbos noch ungemütlicher. Dann kommt der Winter und viele Zelte sind noch immer unbeheizt. (epd/mig) Aktuell Politik

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