Alles muss auf den Tisch
Bundespräsident ruft in Sachsen zum Dialog auf
Bundespräsident Steinmeier hat zum zweiten Mal in wenigen Wochen Sachsen besucht. In Dresden spricht er mit Schülern über das Thema "Rassismus". Und ruft dazu, sich an einen Tisch zu setzen. In Chemnitz trifft er Bürger bei einer Kaffeetafel.
Freitag, 02.11.2018, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 07.11.2018, 17:33 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat bei einem Besuch in Sachsen zum Dialog aufgerufen. „Wir müssen dafür sorgen, dass das Gespräch der Gesellschaft mit sich selbst wieder in Gang kommt“, sagte der Bundespräsident am Donnerstag bei einem Besuch des Deutschen Hygiene-Museums in Dresden. Dies sei vor allem auch Aufgabe der Politik. Es könne nicht sein, das der Austausch nur noch über Facebook stattfinde.
Bei einem anschließenden Besuch in Chemnitz sagte Steinmeier, „wir brauchen den Dialog, nicht in der Distanz, sondern miteinander“. Nach seinem Eintrag ins Goldene Buch der Stadt erklärte er, „wir müssen wieder dahinkommen, dass die eigene Meinung nicht absolut ist, sondern uns wieder daran gewöhnen, uns mit anderen auseinanderzusetzen, ohne Hass.“
Alles auf den Tisch
Steinmeier betonte, alles müsse „auf den Tisch“, aber die Menschen müssten auch „an den Tisch wollen“. Dies werde etwa mit dem Gesprächsformat der sogenannten Kaffeetafel versucht, zu dem der Bundespräsident Bürgerinnen und Bürger unterschiedlicher Positionen einlädt. In Chemnitz stand am Nachmittag solch eine „Kaffeetafel“ im Staatlichen Museum für Archäologie auf dem Programm, bei der Steinmeier mit Bürgern ins Gespräch kommen wollte.
Chemnitz hatte Ende August und im September durch Proteste von Rechtsextremen und Ausschreitungen auch international für Schlagzeilen gesorgt. Hintergrund war der Tod eines 35 Jahre alten Deutsch-Kubaners, der am 26. August beim Chemnitzer Stadtfest erstochen wurde. Tatverdächtig sind drei Asylbewerber.
„Demokratie ist kein Geschenk“
„Die Demokratie ist kein Geschenk, sie will immer wieder erarbeitet werden“, unterstrich Steinmeier. Dabei dürfe sich keiner rausreden, er habe keine Zeit dafür, mahnte der Bundespräsident, der im Dresdner Museum die Sonderausstellung „Rassismus. Die Erfindung von Menschenrassen“ besuchte. Begleitet wurde er dabei von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU).
Diese Ausstellung zeige, dass Rassismus nach 1945 „kein Ende gefunden hat“, sagte Steinmeier nach seinem Rundgang. „Sie fordert uns auf, sensibel und selbstkritisch zu bleiben“, betonte er, und „verweist auf die Verantwortung heute“. Dabei müsse unbedingt auch „der kritische Blick auf uns selbst“ zugelassen werden.
Steinmeier: „Wir haben gute Jahrzehnte hinter uns“
Nach dem Ausstellungsrundgang betonte Steinmeier im Gespräch mit Schülern einer 12. Klasse des katholischen Peter-Breuer-Gymnasiums aus Zwickau: „Wir haben gute Jahrzehnte hinter uns, in denen Vielfalt akzeptiert wurde.“ Das habe sich in den vergangenen zwei bis drei Jahren etwas verändert. Der Bundespräsident betonte dabei die Wichtigkeit, Rechtsextremismus und Rassismus entgegenzutreten.
Als Beispiel nannte Steinmeier das ostsächsische Ostritz, wo sich im Frühjahr bei einem Friedensfest der gesamte Ort auf dem Marktplatz gezeigt habe, um gegen ein Rechtsrockfestival zu demonstrieren. „Dieses Maß an Mut müssen wir uns abverlangen“, sagte er. Ostritz plant an diesem Wochenende ein zweites Friedensfest, um gegen die Vereinnahmung der Stadt durch Rechtsextreme zu protestieren.
Steinmeier hatte erst Mitte Oktober Ostsachsen besucht und war dort dem Vorurteil entgegengetreten, ganz Sachsen sei rechtsextrem oder rassistisch. (epd/mig) Leitartikel Politik
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Es ist sicher richtig, einen Dialog zu führen!
Nur wenn man den Leuten genau auf den Mund schaut, dürfte dies wirklich oft alles andere als einfach sein.
Die Bürger haben oft ein seltsames – subtiles – Rechtsbewusstsein!
Ich beobachte es sehr oft………einfach nur so nebenbei, wie Menschen wegen ihres anderen Aussehens gemustert werden, jeder Handgriff, die Körperhaltung, wann gelacht werden darf, wann nicht.
Auch wenn Menschen in ihrer Muttersprache kommunizieren und telefonieren..
Eine Frau empörte sich mal unüberhörbar in der Berliner S-Bahn (Berlin-Zehlendorf): „Kann die nicht mal deutsch reden?“
Für einen Dialog dürfte derartiges Verhalten nicht ausreichen!
Doch wo liegen nun die Ursachen dafür, dass Teile der ‚ normalen Bürger ‚ solch eine enorme Wut haben, die sie nicht einmal mehr vor der Annäherung an früher noch verfemte Rechtsextreme zurückschrecken lässt? Der Soziologe und Konfliktforscher Prof. Wilhelm Heitmeyer hat regelmäßig nicht nur in seinen zehnjährigen Langzeit-Studien „Deutsche Zustände“ darauf hingewiesen, dass neben weiteren Aspekten vor allem die Themen persönliche Anerkennung sowie die Entsicherung der gesellschaftlich-sozialen Lage der Betreffenden entscheidende Auslöser und Katalysatoren gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit sind. Einer gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit, die neben Obdachlosen, Homosexuellen, Behinderten, Arbeitslosen, Sinti und Roma sowie Angehörigen religiöser Gruppen wie Juden oder Muslimen auch Flüchtlingen und Zugewanderten entgegenschlägt. Diesen wird dann häufig mit Vorurteilen, Abwertung und Ablehnung begegnet. Während also ein Teil der Bürger mit fehlender Anerkennung und/oder dem zunehmenden Verlust ihrer Zukunftssicherheit konfrontiert ist, sucht er über den Weg der Abwertung Anderer seinen Wert und seine Anerkennung zu erhalten.“
https://www.nachdenkseiten.de/?p=46859#more-46859
Um über all das in einen Dialog eintreten zu können, bedarf es vorbereitender, wie begleitender Gesprächsangebote, wie z.B. dieses:
https://oya-online.de/article/read/2378-demokratie_ist_konflikt.html