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Wirtschaftsforscher

Entwicklungshilfe verringert kaum Migration

Entwicklungshilfe wird in der Politik als wichtiges Mittel zur "Fluchtursachenbekämpfung" angesehen. Forscher haben jetzt jedoch herausgefunden, dass das ein Trugschluss ist. Die Fördermittel müssten "unrealistisch" hoch sein, um diesen Effekt zu erreichen.

Mittwoch, 16.01.2019, 5:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 17.01.2019, 16:12 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Entwicklungshilfe kann Migration aus armen Ländern laut einer Studie des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) nur dann eindämmen, wenn die öffentlichen Dienstleistungen in den Ländern verbessert werden. Eine Steigerung der Einkommen dort führe eher zu einer verstärkten Migration, da mehr Menschen die Kosten für die Auswanderung aufbringen könnten, so das Ergebnis der IfW-Wissenschaftler Rainer Thiele und Mauro Lanati, das am Dienstag in Kiel veröffentlicht wurde. Beide hatten im Rahmen des Projekts „Mercator Dialogue on Asylum and Migration“ die Auswirkungen der Entwicklungshilfe auf die Migration untersucht.

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In der Flüchtlingsdebatte ist häufig zu hören, dass Entwicklungshilfe auch Menschen davon abhalte, ein besseres Leben in Europa zu suchen. Daher wird Entwicklungshilfe in der Politik als wichtiges Mittel zur „Fluchtursachenbekämpfung“ angesehen. Die Forschungsergebnisse haben nach Aussage der IfW-Wissenschaftler jedoch gezeigt, dass Entwicklungshilfe die Entscheidungen zur Migration unterschiedlich beeinflusst: Erst bei einem relativ hohen Entwicklungsniveau würden steigende Einkommen wieder einen Anreiz bieten, im eigenen Land zu bleiben, da die erwarteten Einkommensgewinne im Ausland geringer würden.

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Fördermittel müssten viel höher sein

Info: Lanati, M. und R. Thiele (2018). Development aid can dampen migration if it improves public services. MEDAM Policy Brief 2018/2. IFW, Kiel. Lanati, M. und R. Thiele (2018). Foreign assistance and migration choices: Disentangling the channels. Economics Letters 172: 148–151. Lanati, M. und R. Thiele (2018). The impact of foreign aid on migration revisited. World Development 111: 59–74.

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Thiele und Lanati haben die Daten von 25 Geberländern und 129 Empfängerländern untersucht. Sie stellten dabei nach eigenen Angaben fest, dass eine erhöhte Entwicklungshilfe, die die Lebensqualität verbessert, zu sinkenden Auswanderungsraten führt. Dazu zählen unter anderem bessere Schulen, saubere Luft und zuverlässige staatliche Institutionen. Um eine bemerkbare Senkung der Auswanderungsraten zu erreichen, müssten die Fördermittel allerdings „unrealistisch hoch“ sein. Selbst die Verdoppelung einer solchen gezielt eingesetzten Entwicklungshilfe würde die Auswanderungsraten nur um 10 bis 15 Prozent senken.

Die Entwicklungshilfe sei nur einer von vielen Faktoren, die Migration beeinflussen, sagte Thiele. Menschen wanderten auch aus Not aus: „Sie fliehen vor Gewalt, Dürre oder dem Fehlen jeglicher wirtschaftlicher Möglichkeiten.“ Vorrangiges Ziel der Zahlungen müsse daher die Armutsbekämpfung bleiben. Thiele warnte davor, Entwicklungshilfe auf ein Mittel zur Verhinderung von Migration zu reduzieren. So sei die Bereitstellung von verbessertem Saatgut für Kleinbauern aus entwicklungsökonomischer Sicht sinnvoll: „Es wäre problematisch, diese nicht zu realisieren, nur weil ein kleiner Teil der Begünstigten deshalb später auswandern könnte“, sagte er. (epd/mig) Aktuell Wirtschaft

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  1. Ute Plass sagt:

    “ Vorrangiges Ziel der Zahlungen müsse daher die Armutsbekämpfung bleiben“

    Sehr wahr. Die Frage ist, warum dieser wichtigen Erkenntnis, die ja nicht neu ist, nicht konkrete Taten folgen?

  2. RF sagt:

    Jetzt zu schreiben…“man habe (quasi jetzt) herausgefunden“ WOW – ist m.E. schwach und ein Armutszeugnis. Und ärgert mich wegen meiner Steuern. Denn wenn Entwicklungsgelder wirklich richtig und zielführend kontrolliert verwendet würden…vor allen Dingen in Bildung/Wasser….den Rest können Sie sich denken.

    Jetzt noch mehr Entwicklungshilfe zu zahlen geht m.E. gar nicht.
    Möchte nicht wissen, wo/wie die Entwicklungsgelder verpuffen…UND das ist bereits ein immer wieder besprochenes Thema.
    (Ehrenamt seit 2013)