Bundesgerichtshof
Europäischer Gerichtshof muss Abschiebungshaft für Gefährder prüfen
Dürfen Gefährder, die abgeschoben werden sollen, in gewöhnlichen Gefängnissen untergebracht werden? Der Bundesgerichtshof bezweifelt diese Praxis. Er hat den Fall eines Tunesiers dem Europäischen Gerichtshof zur Prüfung vorgelegt.
Mittwoch, 23.01.2019, 5:20 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 23.01.2019, 20:01 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Der Bundesgerichtshof hat gegen eine Abschiebungshaft von Gefährdern in gewöhnlichen Strafgefängnissen europarechtliche Bedenken. Die Karlsruher Richter legten daher in einem am Dienstag veröffentlichten Beschluss dem Europäischen Gerichtshof die entsprechenden deutschen Regelungen zur Prüfung vor. (AZ: V ZB 180/17)
Im konkreten Fall ging es um einen nach Deutschland eingereisten Tunesier, der nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden als Gefährder einzustufen ist und eine terroristische Gefahr darstellt. Der Mann war demnach als Rekrutierer für die selbsternannte Terrororganisation „ISIS“ tätig und erklärte in Internet-Chats, gegen die deutsche Lebensweise vorgehen zu wollen.
Abschiebehaft im Gefängnis
Ein wegen des Verdachts der Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung gegen ihn erlassener Haftbefehl wurde vom BGH am 17. August 2017 aufgehoben, und der Mann wurde aus der U-Haft entlassen. Einen Tag später kam er in Abschiebungshaft, allerdings nicht – wie üblich – in eine spezielle Abschiebungshafteinrichtung, sondern in ein gewöhnliches Gefängnis. Dort war er von den Strafgefangenen getrennt untergebracht.
Die Unterbringung in einem gewöhnlichen Gefängnis hielt der im Oktober 2017 abgeschobene Mann mit Verweis auf die Rechtsprechung des EuGH für rechtswidrig. Zulässig sei nur die Unterbringung in einer speziellen Abschiebungseinrichtung, wo er Hafterleichterungen wie etwa umfangreiche Kommunikationsmöglichkeiten beanspruchen kann.
Amtsgericht hielft Haft für zulässig
Das Amtsgericht und das Landgericht Frankfurt am Main hielten die Haft in einem gewöhnlichen Gefängnis für zulässig. Die deutschen Vorschriften erlaubten dies, wenn von dem abzuschiebenden Ausländer eine „erhebliche Gefahr“ für Leib und Leben anderer ausgeht. Dies sei hier der Fall.
Doch die deutschen Regelungen verstoßen möglicherweise gegen EU-Recht, befand der BGH. Grundsätzlich müsse danach die Abschiebungshaft in einer speziellen Abschiebungseinrichtung erfolgen. Nur wenn in einem Land keine solche Einrichtung vorhanden ist, könne die Haft nach der EuGH-Rechtsprechung ausnahmsweise in einem normalen Gefängnis erfolgen, getrennt von den Strafgefangenen. Ob Ausnahmen auch bei bestehenden Sicherheitsbedenken gemacht werden können, sei bislang nicht geklärt. Dies muss nun der EuGH prüfen. (epd/mig) Aktuell Recht
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