Betroffene skeptisch
Rückforderungen an Flüchtlingsbürgen: Bund und Länder einigen sich
Bund und Länder wollen die Kosten übernehmen, die Bürgen von Flüchtlingen in Rechnung gestellt wurden. Betroffene reagierten skeptisch auf die Ankündigung.
Freitag, 25.01.2019, 5:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 28.01.2019, 21:30 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Im Streit über die Geldforderungen an Bürgen von Flüchtlingen vor allem aus Syrien zeichnet sich eine Lösung ab. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sagte am Donnerstag in Berlin, Bund und Länder hätten sich auf eine Lösung verständigt. Er werde die Jobcenter anweisen, von den Rückforderungen abzusehen, sagte Heil. Das sei ein gute Nachricht für alle, die syrischen Bürgerkriegsflüchtlingen geholfen haben. Ein Sprecher des NRW-Flüchtlingsministeriums erklärte in Düsseldorf, es müssten nun „noch fachliche Details abgestimmt werden“. Dieser Schritt werde „zeitnah“ erfolgen.
Laut Minister Heil übernehmen Bund und Länder die Kosten anteilig. Eine genaue Summe nannte er nicht. Es handele sich um einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag, sagte Heil. Wer vor dem Jahr 2016 rechtlich falsch beraten worden sei oder für wen die Rückforderung eine besondere Härte darstelle, müsse nicht zahlen.
Die grüne NRW-Landtagsabgeordnete Berivan Aymaz forderte die Bundesregierung und NRW-Flüchtlingsminister Joachim Stamp (FDP) auf, die grundsätzliche Einigung nicht „an Detailfragen“ scheitern zu lassen. Schon viel zu länge müssten Bürgen um ihre Existenz bangen, weil sie „vorbildlich und im guten Glauben“, dass ihre Verpflichtung mit der Flüchtlingsanerkennung der Syrer endet, Hilfe für Menschen in Not geleistet hätten, sagte die flüchtlingspolitische Sprecherin ihrer Fraktion.
Betroffene skeptisch
Initiativen von Flüchtlingsbürgen reagierten skeptisch. „Wenn Minister Heil nicht mehr gesagt hat, bleiben entscheidende Fragen offen“, sagte Rüdiger Höcker vom Kirchenkreis Minden am Donnerstag dem „Evangelischen Pressedienst“. So sei nur von den Forderungen der Jobcenter die Rede, nicht aber von den Ansprüchen der kommunalen Sozialämter an Flüchtlingsbürgen. Diese machten aber ein Viertel aller Bürgschaften aus, erklärte Christian Osterhaus vom Koordinationskreis Bonner Bürginnen und Bürgen.
Besorgt äußerten sich beide Initiativen auch, ob Betroffene nachweisen müssten, dass sie „rechtlich falsch beraten“ worden seien oder die Rückforderung „eine besondere Härte“ darstelle. Unklar sei auch, ob Bürgen die bereits gezahlt hätten, ihr Geld zurückbekämen, und was aus den zum Teil hohen Anwalts- und Gerichtskosten werde, erklärten die beiden Sprecher. Heil habe sich zudem auf Verpflichtungserklärungen „vor dem Jahr 2016“ bezogen. Doch habe es gerade in jenem Jahr noch viele Bürgschaften gegeben, betonte Osterhaus. „Gilt die Lösung wirklich für alle oder fallen doch etliche Betroffene durch das Netz?“, fragte der Bonner Flüchtlingsbürge.
2.500 Rückforderungen
Allein 2013 und 2014 haben Schätzungen zufolge rund 7.000 Menschen in Deutschland Verpflichtungserklärungen abgegeben, durch die Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien auf sicherem Weg einreisen konnten. Die Bürgen waren davon ausgegangen, dass sie nur so lange für den Lebensunterhalt der Flüchtlinge aufkommen müssten, bis die Asylverfahren positiv beschieden seien. Diese Position wurde damals unter anderem von den Ländern Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Hessen vertreten, vom Bund aber nicht. Erst das Integrationsgesetz bestimmte im August 2016 eine Fünf-Jahres-Frist, die für Altfälle auf drei Jahre reduziert wurde.
Angaben der Bundesregierung zufolge haben die Jobcenter rund 2.500 Bescheide mit zum Teil hohen Rückforderungen an Personen oder Initiativen verschickt, die sich zwischen 2013 und 2015 verpflichtet hatten, für den Lebensunterhalt syrischer Flüchtlinge aufzukommen. Die Jobcenter und Sozialämter schicken Rechnungen an Einzelpersonen, Initiativen und Kirchengemeinden, die Verpflichtungserklärungen für syrische Flüchtlinge unterschrieben hatten. Nach Ansicht der Behörden sollen die Bürgen weiterhin für den Lebensunterhalt der Flüchtlinge aufkommen, solange diese Sozialleistungen beziehen. Zahlreiche Betroffene sind gegen die Kostenbescheide der Behörden, von denen manche einen fünfstelligen Euro-Betrag erreichen, vor Gericht gezogen. (epd/mig) Aktuell Politik
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