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Sami Omar © privat, bearb. MiG

Der Morbus Scholl-Latour

Über Günter Nooke, Afrikabeauftragter der Bundeskanzlerin

Günter Nooke ist Afrikabeauftragter der Bundeskanzlerin. Er benimmt sich wie ein frustrierter Vormund und zählt zu den „alten weißen Männern“, die die Umstände beklagen, die sie selbst begründet haben. Von Sami Omar

Donnerstag, 21.02.2019, 5:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 25.02.2019, 15:53 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Ich habe den Morbus Scholl-Latour erfunden – beim Zähneputzen. Er ist nach dem Journalisten und Publizisten Peter Scholl-Latour benannt und bezeichnet die Hybris, in der Begegnung mit anderen Kulturen Antworten zu formulieren, statt Fragen. Natürlich ist das keine richtige Krankheit, sondern eine Art charakterliche Schwäche deren Schuldhaftigkeit darin liegt, sich seines Hochmutes nicht bewusst werden zu wollen.

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Womit wir bei Günter Nooke (CDU) wären, dem Afrikabeauftragten der Bundesregierung. Dieser sah sich in der letzten Zeit großer Kritik ausgesetzt. Er formulierte in einem Interview vom 07.10.2018 Vorstellungen von Afrika, die geeignet sind, rassistische Stereotypien von der Bevölkerung des Kontinents und seinen 55 Staaten zu fördern. Daraufhin setzte eine Reaktion aus Zivilgesellschaft, Verbänden und Politik ein, die diese Aussagen verurteilten und die Hoffnung nähren, dass Deutschland sich in Teilen immer bewusster und offener mit seiner kolonialgeschichtlichen Verantwortung auseinandersetzt.

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In einer Regierungsbefragung vom 10. Oktober 2018 wollte der Abgeordnete Ottmar von Holtz (B‘90/Die Grünen) denn auch wissen, wie die Regierung zu der Aussage des Afrikabeauftragten stehe, in Afrika sei ja vielleicht „der ein oder andere Regierungschef bereit, gegen eine Pacht ein Stück territoriale Hoheit abzugeben und dort für 50 Jahre eine freie Entwicklung zuzulassen. Dort könnten in Wirtschaftssonderzonen Migranten angesiedelt werden, unterstützt von der Weltbank oder der EU oder einzelnen Staaten.“

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Erklärung von Durban

Von Holtz fühle sich an Adolf Lüderitz erinnert, sagte er. Der parlamentarische Staatssekretär Norbert Barthle (CDU) ging auf die Aussagen Nookes in der „Berliner Zeitung“ ein und erklärte, die Bundesregierung stehe „voll zu der Erklärung von Durban“, ein Papier einer der Weltkonferenzen gegen Rassismus der Vereinten Nationen. Norbert Barthle ist nebenher auch Präsident im Internationalen Verband der Schneesportinstruktoren, man könnte fragen, wie oft er People of Color überhaupt begegnet– aber sei´s drum.

Günter Nooke ist kein überaus prominenter Mann. Eines seiner meistgesehenen Interviews auf YouTube ist sieben Jahre alt und wurde 967 Mal angeklickt. Gibt man statt seines Namens „Alte weiße Männer“ in die Suchmaske ein, erscheint ein Song, der 9.500 Mal angeklickt wurde und mit den Worten beginnt: „Wer hat das Sagen in aller Herren Länder von den Zentren der Macht, bis an ihre Ränder (…) alte weiße Männer“. Viel Spaß!

Nookes Selbstverständnis

Nookes Selbstverständnis ist das eines Mannes, der „die afrikanischen Länder“ dazu bewegen will, sich selbst zu helfen und alles hinter sich zu lassen, was sie an wirtschaftlicher Entwicklung und demokratischer Stabilität hindert. Dass er zu den „alten weißen Männern“ zählt, die die Umstände beklagen, die sie selbst begründet haben, kehrt er oft unter den Teppich.

Im Interview mit der „Berliner Zeitung“ antwortet er mit Bezug auf Afrika auf die Frage, ob „diese Missstände eine Folge der Kolonialzeit“ seien: „Es gibt schon Nachwirkungen. Schlimm waren die Sklaventransporte nach Nordamerika. Auf der anderen Seite hat die Kolonialzeit dazu beigetragen, den Kontinent aus archaischen Strukturen zu lösen. Experten, auch Afrikaner, sagen: Der Kalte Krieg hat Afrika mehr geschadet als die Kolonialzeit.“ Diese Argumentation folgt dem Roberto-Blanco-Prinzip, nach dem sich immer ein Mitglied einer marginalisierten Gruppe findet, dass die Argumentation der dominierenden Mehrheit stützt – nur gewinnt die Argumentation dadurch nicht an Richtigkeit.

Frustrierter Vormund

Kürzlich nun lud Nooke seine Kritiker aus Wissenschaft und Verbänden zu einer Aussprache. Die Berliner Zeitung berichtete hetzerisch mit dem Titel: „Rassismus-Prüfer verhören den Afrika-Beauftragten Günter Nooke“. Bei dem Treffen erklärte er, dass ihm „jede Form von Rassismus fremd ist“. Dass Rassismus etwas ist, dessen man sich nur durch das Eingeständnis erwehren kann, nicht von ihm frei zu sein, scheint ihm nicht ein zu fallen. Dabei sprechen wir Männer uns doch immer wieder in ähnlicher Weise selbst von Sexismus frei, als seien wir diejenigen, die das besser beurteilen können, als unsere Opfer – und werden dafür zurecht kritisiert.

Nooke benimmt sich wie ein frustrierter Vormund. Er will doch nur das Beste für Afrika und wenn er anhand von Fakten erklärt, was getan werden muss, wird er dort hintergangen und hier des Rassismus beschuldigt. Ihn stört, dass wir Europäer noch etwas an kolonialer Geschichte aufzuarbeiten haben. Der Blick in die Vergangenheit ist ihm ein Hindernis bei der Lösung aktueller Probleme in der Zusammenarbeit zwischen Europa und Afrika. Das ist es, was ihn für sein Amt so ungeeignet macht! Aktuell Meinung

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  1. Jean-Pierre sagt:

    Vielen Dank für den Hinweis! Haben wir korrigiert. Die Redaktion.

    Nur eine kleine Anmerkung (inhaltlich bin ich völlig einverstanden):
    Die Schlagzeile von den „Rassismus-Prüfern“ erschien nicht in der ‚Berliner Zeitung‘, sondern in der BZ – das sind zwei unterschiedliche Blätter. Die BZ ist (wie unschwer zu erkennen ist) ein Boulevardblatt, die Berliner Zeitung nicht.

  2. Ute Plass sagt:

    Wer erfindet so was wie „Afrikabeauftragter“ bzw.wer braucht diesen?

  3. Ute Plass sagt:

    „Der Afrikabeauftragte Günter Nooke lädt deutsche Afrikanisten zum Gespräch, damit sie aufhören, ihn zu kritisieren. Das geht nach hinten los.“

    http://www.taz.de/!5570147/