Déjà-vu
„Sea-Eye“-Schiff mit 64 Flüchtlingen sucht sicheren Hafen
Es ist ein Déjà-vu: Ein privates Rettungsschiff mit Dutzenden Flüchtlingen an Bord sucht einen Hafen. Der italienische Innenminister weist die Verantwortung Deutschland zu: "Deutsches Schiff? Deutscher Hafen". Die Initiative "Seebrücke Hamburg" fordert Politik zum Handeln auf.
Freitag, 05.04.2019, 5:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 10.04.2019, 17:50 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Nach der Rettung von 64 Menschen aus dem Mittelmeer vor Libyen ist das deutsche Rettungsschiff „Alan Kurdi“ weiter auf der Suche nach einem sicheren Hafen. Italien und Malta seien um Angabe eines Hafens gebeten worden, sagte eine Sprecherin der Regensburger Rettungsorganisation „Sea-Eye“ am Donnerstag dem „Evangelischen Pressedienst“. Die Rettungsleitstelle in Rom habe lediglich mitgeteilt, dass sich „Sea-Eye“ an Deutschland wenden solle. Deutschland ist laut dem Bundesinnenministerium zur Aufnahme eines Teils der Flüchtlinge bereit.
Der italienische Innenminister Matteo Salvini twitterte derweil „Deutsches Schiff? Deutscher Hafen“ und rief die Crew auf, nach Hamburg zu fahren, wo der Kapitän herkomme. Die Initiative „Seebrücke“ bezeichnete die Äußerungen Salvinis als „absurd“.
„Rassistische Stimmungsmache“
Die „rassistische Stimmungsmache“ sei „menschenverachtend und abstoßend“, sagte Christoph Kleine von der „Seebrücke Hamburg“. Eine wochenlange Seereise nach Hamburg sei für die Geretteten wie für die Crew gleichermaßen unzumutbar. Die „Alan Kurdi“ werde zudem für die nächsten Rettungseinsätze benötigt. „Das Seerecht verlangt die Aufnahme im nächsten sicheren Hafen“, sagte Kleine. Ein solcher liege entweder in Italien oder auf Malta. Von dort sollten die 64 Geretteten umgehend in ein Land ihrer Wahl weiterreisen können, forderte er.
Ein Sprecher des Innenministeriums sagte dem Evangelischen Pressedienst, wie auch in anderen Fällen der Seenotrettung unterstütze Deutschland eine schnelle, humanitäre und solidarische Lösung zur Aufnahme der geretteten Personen. Deutschland sei daher grundsätzlich bereit, die Zuständigkeit für einen Teil dieser Personen im Rahmen einer europäischen Lösung zu übernehmen. Das heiße, dass die Aufnahme von möglichst vielen Mitgliedsstaaten gemeinsam ermöglicht werde. Darüber hinaus müsse für die Zukunft jedoch ein Mechanismus zur Verteilung von Geretteten gefunden werden, mit dem sicherzustellen sei, dass rasch ein sichere Anlaufhafen für Rettungsschiffe gefunden werden könne.
Organisationen fordern Notfallplan
Menschenrechtler kritisieren seit langem, dass die Verteilung von Flüchtlingen, die aus Seenot gerettet werden, zu lange dauert. Oftmals müssen die Rettungsschiffe Wochen im Mittelmeer ausharren, bis klar ist, wo die Migranten Zuflucht finden. Die EU hat sich trotz zahlreicher Verhandlungen auf keine Lösung einigen können. Bereits am Mittwoch hatten über 260 zivilgesellschaftliche Organisationen in einem offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) einen Notfallplan für die Seenotrettung, die Schaffung und Stärkung von Sicheren Häfen und eine Ende der Rückschiebungen nach Libyen gefordert.
Derzeit befindet sich das deutsche Rettungsschiff vor der Küste Lampedusas. Auch Malta hatte Rettungsschiffen in den vergangenen Monaten immer wieder das Anlegen verwehrt. Die Suche nach einem weiteren vermissten Boot mit 50 Flüchtlingen sei unterdessen aufgeben worden, hieß es aus der Regensburger „Sea-Eye“-Zentrale. „Wir können mit so vielen Menschen an Bord nicht mehr weiter suchen“, sagte „Sea-Eye“-Sprecherin Carlotta Weibl. Das Schlauchboot mit 50 Flüchtlingen an Bord, darunter drei Kinder, wird seit Montagnacht vermisst. Die „Alan Kurdi“ ist derzeit das einzig verbliebene private Rettungsschiff im Mittelmeer. (epd/mig) Aktuell Politik
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